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1900

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1900

Der Erzbischof: Nicht aus Sympathie. Dich,
mein Sohn, besuche ich aus Sympathie. Den
Fürsten will ich gewinnen.

Der Graf: Opponirt er?

Der Erzbischof: Anläßlich unserer Gesetzes-
vorlage über den obligatorischen Religions-
unterricht. Du weißt, worum es sich handelt?

Der Graf: Ein wenig. Und der Fürst ist
dagegen ?

Der Erzbischof: Nicht gerade. Er macht
Geschichten.

Der Graf: Unglaublich!

Der Erzbischof: And lächerlich! wegen
solch einer Kleinigkeit. Es handelt sich um vier
Semester. Ist es der Mühe werth, darüber
überhaupt nur eine Abstimmung zu beantragen?

Der Graf (artig): Allerdings.

Der Erzbischof: Und zudem: wir sagen
vier Semester und würden uns mit zweien
begnügen, was bei vier Semestern vielleicht noch
eine Eoncession wäre, bei zweien wird es eine
reine Gefälligkeit! Zwei Semester! Euch kostet
es nichts und uns inacht es eine Freude.

Der Graf (leichthin): Aber natürlich . . .
Ich begreife wirklich nicht, daß es Leute geben
kann, die darin ein Haar finden können . . .
Gibt es denn wirklich solche Leute, Herr Erz-
bischof?

Der Erzbischof (wohlwollend lächelnd):
Kind! . . . Aber wie sagt der Herr? Lasset
die Rindlein zu mir kommen .... Deiner
wenigstens scheinen wir sicher zu sein.

Der Graf: wenn es sich wirklich nur um
zwei Semester handelt . . .

Der Erzbischof (sein): Um zwei Semester
und um ein Portefeuille... Du wirst unfern
Antrag unterstützen. Dein Eavalierswort?

Der Graf: Herr Erzbischof, wenn ich den
Antrag unterstütze, so thue ich es aus Ueber-
zeugung.

Der Erzbischof: Ich verstehe: Du bist ein
Charakter. Scholl Dein Vater war ein Charakter,
ich habe ihn sehr geschätzt. Man fühlt sich
wohl bei Dir. weißt Du was? . . . Ich fahre
nicht zum Kaltenbach, ich laß' ihll fallen. wenn
ich Dich habe, brauch' ich ihn nicht.

Der Graf (verneigt sich tief geschmeichelt).

Der Erzbischof: wenn Du ein Stückchen
Fisch und ein Glas wein für mich hast, so
bleibe ich Dein Gast.

Der Graf (ergriffen): £)err Erzbischof!...
(Er will ihm die Hand küssen.)

Der Erzbischof (abwehrend): Laß' nur!...
Nach Ostern . . . Im nächsten Jahrhundert.
Hu! (Ein Schauer überlänft ihn.) CEtit wenig
kühl iftrs hier . . .

Der Graf Ich werde das Feuer aufschüren
lasten, Herr Erzbischof. (Er schellt.)

Der Erzbischof (aln Fenster, schaut in die
Winternacht): Das Jahrhundert liegt im
Sterbeil. Es wird kalt in der Welt. Das ist
die Kälte der Agonie. Alles in Allem, es ist
nicht schade um dieses Jahrhundert, das jetzt
stirbt. Es war ein böses Jahrhundert für uns
beide, Graf, für Adel mld Kirche. Quiescat in
pace. Eine neue Zeit bricht an.

Der Graf: Ein neuer Tag der Weltge-
schichte . . . Leg' nach, Johann . . .

Der Erzbischof: wellll wir Zusammen-
halten, so wird es uns wieder bester ergehen.

Der Graf: wir werden Zusammenhalten,
b^err Erzbischof. (Zum Diener:) Brennt's nicht?
Da . . . nimm diese Zeitung! (Er reicht ihm

. JUGEND .

den „Vorwärts.") Jetzt wird es gleich brew
nen. (Der Diener nimmt den „Vorwärts,"
den er zusammenballt und auf die Glut wirft.
Der Erzbischof ist an den Kamin getreten,
all dem er fröstellld seine weißen Hände
wärmt. Der Gras ist ihm gefolgt. Beide
sehen zu, wie der „Vorwärts" langsam Feuer
fällgt und dann mit einem leichten Sausen
plötzlich ill Flammen aufgeht. Eill rother
Feuerschein fliegt über das gelbe Gesicht des
Priesters, über das weiße Gesicht des
Grafen. Erschrocken schaueil sie sich einen
Augenblick in die Augell.)

Max Feldbauer (München)

Aus dem lyrischen Tagebuch des Leutnants von verfewitz

190«

wünschen von mir, daß auß're mich
Ueber neues Jahrhundert?

Wunsch ja berechtigt, sicherlich,

Zeitpunkt nur mich verwundert.

weiß nich, weshalb schon dieses Jahr-
Kopf mit Betrachtung zerquälen?

1900 doch offenbar

Alten Jahrhundert zu zahlen?

Fände konträre Behauptung stark!
XXic dieser Ansicht mich fügen!
paßt mir nun mal nich, für IM Mark
SS zu kriegen!

Ilaube auch nich, daß Publikum
Ansicht sehr einjenommcn:
wünscht eben nur um Jahrhundert 'rum
Schnellstens in's neue zu kommen!

Hofft davon alles mögliche Heil,

Jänzliche Wandlung auf Erden!

Nich meine Meinung. Jejentheil!

Jar nich viel anders werden!

Echter Fortschritt marschirt nich schnelll
Alles Hasten ihm peinlich:

Daß nächstens Mäntel wieder hell -
Finde sehr unwahrscheilrlich!

Ilaube auch nich, daß Krieg Ln Sicht.

Halte das — leider! — für Märchen:
Jallier Buckel zu voll jekricht —

Reicht noch für etzliche Jährchen!

Möglich, „soziale Frage" bald
Brenzlich mal werden könnte!

Kerle dann einfach niederjeknallt —
Handumdrchn Chose zu Ende.

Iudenfrage — stark komplizirt —

Lieber auf 2leuß'rung verzichten-

Unsereins kaum dabei intressirt,

Höchstens in wechscljeschichten.

Wissenschaft, Künste — spreche nich lern
Möchte Civil überlassen.

Aergert uns auch, wenn sich die Herrn
Unfern Affairen befassen.

Alles in Allem — nich hoffnungslos
Zukunft entjejenschauen.

Festhalten an Parole blos:

Jugend. 2trmee un — Frauen!
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Richard Schaupp: Zeichnung zum Text "Willkomm 1900"
 
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