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Nr. 4

JUGEND

1900


O

Der Aolonialbesitz der europäischen Staaten in Afrika

Politisch-geographisch-satirisch-symbolistisch-metaphorisch-allegorische Schattenbilder

Unten am Kap ist was los.
G e r m ania, immer bereit,
nmrtct einstweilen noch ab.
Bk i ch e l und T y r ci s der
Reichshund sehen aber der
Sache aufmerksam und nicht
ohne Vergnügen zu.

Der Queen und ihrem
Ehamberlain ist, Gottsei-
dank, recht übel. Unten stürzt
Einer in's Wasser, und Kit-
chener kann ihm nicht helfen,
denn der Zug Kairo- Kap geht
noch nicht.

Der g allisch eHahn guckt
bös darein, lveil ihm einer
das Korn Fasch oha weggepickt
und er seinen tapfern Mar-
ch and hat fallen lassen müssen.
Dort in der Ecke steckt noch
sein Stiefel im Schmutz.

In Erpthräa sieht der
Leser das Haupt der stolzen
Roma. Jedenfalls hat sie sich
dort ein schönes Stück Land
gesichert — oder meinst 'Du
nicht, geneigter Leser?

Was den Portugiesen
dort unten gehört, stellt gar
nichts vor für Einen, der
kein Geld nicht hat. Demnächst
werden also einige abgelegte
Colonien an den Meistbieten-
den verkauft.

Vom Mim und vom Phorisükk

Den wälschen Machbar sah ich voll der Bosheit
Und höhnend rief er: „Ttim, Herr Pharisäer:

Steigst Du hernieder jetzt von Deiner Großzeit
Und fühlst Du Dich mir wieder menschlich näher?

weißt Du es noch, wie damals bei Faschoda
Uns ungestraft die freche Krämerraffe
3um Tod gekränkt hat — und wie schadenfroh da
ghr auf uns niedersah't im alten Haffe?

weißt Du es noch, wie toU vom Tropenkoller
Uns damals Voulet und Lhanoine im Sudan
Die Ehre der Kation beschmutzt und voller
Entrüstung uns den Tert gelesen Du dann?

Auch Dein Faschoda — scheint mir jetzt gekommen,

Das gleiche Volk hat Dir mit keckem Griffe
Zn Käuberübermuth Dein Recht genommen,

Dein gutes Recht und Deine guten Schiffe!

Die Voulet lrieben's arg — doch zehnmal ärger
Und zehnmal feiger als die Bösewichter,

Lin deutscher Prinz, der wack're Arenbergcr! —
was meinst Du nun, Du stolzer Splitterrichter?

Dankst Du noch immer prahlend Deinem Gotte,

Daß Du nicht bist wie ich, in Wohlbehagen?" —

So hört ich reden wohl in bittrem Spotte —

Doch keine Antwort hatt' ich drauf zu sagen!

Hermann

L

klassische Zeugnisse

Zur Obstruktion der „Münchner
Rathhaus - Ultrainontanen"

Haec obstructio non diuturna erat.

((Sic. Sert. 9)

Diese Obstruktion dauerte nicht lang.

Zunr Burenkrieg

Bedenkt, mit wem Ihr Euch zu messen habt l
Ein Schwarm Landläufcr, Schelme, Vaga-
bunden,

Die ausgcspie'n ihr übersättigt Land
Zu tollem wagniß, sichcrm Untergang,
peischr dies Gesindel übers Meer zurück!
(ShaKesp. Richard HI, 5, 3)

Die Tugend in Vkdenöurg

Das „Berliner Tagbl." berichtet: „Die
Oldenburger Schulbehörde hat in einem Kin-
dergedichte von Dein Hardt ,Das Bad' den Aus-
druck ,weiße Glieder' beanstandet. Die,meisten'
Glieder köunten ,unlautere Gedauken' erregen/'

O wie herrlich deutsche Tugend
Doch in Oldenburg gedeiht!

Von den Frommen ward der Jugend
Jetzt ein Lesebuch geweht. -
Und daß auch der strengsten Muhme
Nur kein Aergerniß erwächst,
ward der Heuchelei zum Ruhme
Frisch gereinigt jeder Text.

wo ein Vers zu menschlich-ehrlich,
wo ein Wort zu frisch-beherzt,
ward es als gemeingefährlich
Ucbcrtuscht und ausgemerzt.

Selbst der „Rnaben weißen Gliedern,"
Die so keusch der Strom umfängt,
wurde in den Rinderliedern
Noch ein Mantel umgehängt . . .

O Ihr überzarten Herzen
In dem Oldenburg'schen Land!
welchen Stoff zu bitt'ren Scherzen
Gibt der fromme Unverstand!

Treibt Ihr weiter Euer Wesen,

Trifft Euch bald des Spottes Fluch:
„wenn ein Luch nicht mehr zum lesen,
Heißt's gewiß — ein Lesebuch!"

Abu Seid

Derouleöe in Spanien

Don Quichote: „Sei gegrüßt! Komm an
mein Bruderherz!" (Petit Bleu)

Neues österreichisches ABC

In Anekdoten thöricht Zwar —

Im Ausgleich schlau ist der Magyar.

Herr Daerenreither ist versöhnlich —

Der Dischof Dry n ich hetzt gewöhnlich.

*

Die Konfusion wächst täglich schier.

Graf Olary, der könnt' nichts dafür.

O Deutscher, wie der Diamant,

So hart sei Du im widerstand!

*

Graf palffy ist ein Q—delmann,

Der zwar nur Deutsch und Ungrisch kann,
Doch trägt als Rührer er die Dahne
Der Tschechen und — ißt gern Dasane.

Der gute Orcgr ist ein Oreis,

Der, was er faselt, selbst nicht weiß.

Herr Herold brüllt gleich einem Leu
Und macht dabei sich Geld wie Hai.

*

Die „fugend" hat manch spitze Feder,

In Oestrcich liest sie fast ein Zeder,

Doch Mancher ist ihr gar nicht grün
In Löniggrätz und in Lolin.

Vom Liechtenstein schweigt meine Deier.

Ei, hol ihn doch der Dämmergeierl

ü:

Minister sein in Wien ist schwer,

Und dennoch wünscht sich's Mancher sehr.

*

Der Ncut im Lationalkostüm,

Der ruft: Nip daitsch — Lerozumim!

-r-

Sind nur die Ohren lang genug,

Dann kommt der Ordensstern im Flug.

In Drag ward Wolf beinah' verbrannt,
weil Böhmen er Drovinz genannt.
Index
[nicht signierter Beitrag]: Klassische Zeugnisse
Abu Seid: Die Tugend in Oldenburg
[nicht signierter Beitrag]: Aus "Petit Bleu": Dérouöède in Spanien
Hermann, Herrmann [Ostini]: Vom Zöllner und Pharisäer
Monogrammist Frosch: Zeichnung zum Text "Der Kolonialbesitz der europäischen Staaten in Afrika"
X. Y. Z.: Neues österreichisches ABC
[nicht signierter Beitrag]: Der Kolonialbesitz der europäischen Staaten in Afrika
 
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