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1900

- JUGEND

5 Nr.

Hok üßcr!

pTtit Zeichnung von Walther Georg,)

Die grauen Pappeln stehn in langer Reih,
Die weißen Trebel steigen sacht;

Run sinkt die Tracht —

Mein Tagewerk ist schon vorbei.

Die Müh war schwer, auch bin ich müd

vom Weg,

Zum andern Ufer muß ich noch hinüber;
Hier legt die Zähre an, dies ist der Steg.
Hol über!

Weit über dunkle Wasser führt der Steg

hinaus/

Zch bin allein —

Richt Mensch ringsher, nicht Licht noch Haus.
Und Todtenstille hüllt mich ein.

Tstur aus den Tiefen dumpfes Gurgeln bricht,
Ls saust das Schilf — drin mag der

Trachtwind kauern,

Die Luft ist voll verwehtem Mondenlicht,
voll von der Stunde sonderbaren Schauern
Siehst Du die Stadt am Ufer jenseits liegen?
Wie steht sie geisterhaft in blassen Lüft.n,
Als fei sie aus der Wasser blanken Grüften
Zu dieser Stunde jählings aufgestiegen.

Wie sich der Mond weiß um den Kirchthurm

webt,

Wie sich des Lichtes silberne Rehe spinnen
Um halbverborgner Häuser schlafende

Zinnen —

Wie alles träumt und traumhaft seltsam lebt.
Horch — Glockenklang!

Der Kirche schmale Zenster werden helle;
Die Drgel dröhnt — Gesang, Gesang!

Der Beter Lhor naht sich geweihter Schwelle;
Sie ziehen still, sie ziehen Hand in Hand,

Und weiß und feierlich ist ihr Gewand.
Seltsame Stadt, mir ist, dich kenn ich

lang-

Zn Stunden, da die dunklen Schatten fallen,
Und welche purpurn sind von tiefem Sehnen
Und müd und heiß von unterdrückten

Thränen

Und schwer von wehen Worten, die verhallen,
Zn solchen Stunden meiner bittern Dual
steigst du empor, Stadt meines heiligen

Gral —

Lin Bild der Ruh —

Und so auch jetzt — Richt aus der Wasser

Schlünden,

Du tauchtest auf aus meiner Seele Gründen,
D Todtenstadt — Stadt meiner Todten du!
Stadt meiner Sehnsucht, drinnen Hand

in Hand

Sie alle wandeln, die ich einst gekannt,
Geliebt, verloren —

Stadt meiner Sehnsucht, drin vor allen

Thoren

^it Angesichtern, seltsam blassen,

Die vielen stehn, die ich geliebt, verlassen,
Drin weiße Rosen sich mit blühnden Zweigen
Auf so viel theure Gräber schattend neigen —
D Zricdensstadt, wann rufst Du heim dein

Kind,

Das fröstelnd durch die kalte Fremde geht? —
Das Zlußschstf saust und weht,
verlorne Vrgelklänge trägt der Wind

Wie stille Grüße traurig mir herüber-

JUe>n Her; erbebt in namenloser Pein:

-iui bin so sterbensallein-

'öol über! „

Paul Bornstein
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