Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 5.1900, Band 1 (Nr. 1-26)

DOI Heft:
Nr. 10 (5. März)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.3886#0182

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1C0Q

. JUGEND

Nr. 10

— Sie wurden wohl auf dem gestrigen
Maskenball so zugerichtet?

— Ja! Ich war als englischer General

hingegangen. (?erii Bleu)

O. Zauxtmrmli und der ZDillerpreis

Mit seinem neuen Gpus „Schluck und Jan"
Hat sich Herr Hauptmanu Ruhm geholt mit

Nichten,

Es geht nicht an, sich lax und schlapp und flau
Mal zur Erholung blos was vorzudichten!

Doch ward ihm bald die Scharte ausgewetzt:
Sie hätten ihm, so wie man just vernommen,
Aus Bosheit bald den Schill erpreis versetzt—
Doch — Gott sei Dank! — er hat ihn nicht

bekommen!

Man wies ihn ab! Sein Genius hat gesiegt!
Jetzt ist er fein heraus, jetzt kann er lachen:
Der Schillerpreis, wenn Einer ihn nicht kriegt,
Gehört jetzt zu den ehrenvollsten Sachen!

Hans

Burenblut und Britenblut

Ein gewaltiger Unterschied. Das Buren-
blut ist sonnig hell, flammender Begeisterung
voll, unbezahlbar, weil freiwillig dar-
gebracht von einem für die ureigene Freiheit,
für die heimathliche Scholle und die Haus-
götter kämpfenden Volke. Wäre es Sitte,
einen Tropfen alleredelsten Menschenblutes in
Bergkrystall gefaßt als Talisman zu tragen, —
alle Völkerschaften der Erde, mit'Ausnahme
der Briten, würden sich damit schmücken; für
Deutsche und Russen, für Franzmänner und
Amerikaner wäre dieser Tropfen Bur.nblut
das Wahrzeichen männlichen Erglühens.

Und englisch Blut? Es ist Söldnerblul.
Mit Ekel sehen wir, wie unter den zivilisirten
Nationen nur eben dieses England sich wehrt
gegen den Kriegsdienst aller Freien, wie es
sich unter einem Schwall hochmüthiger All-
spräche erweist als ein Volk von Blendern.
Wenn irgend etwas den wahren Grund der
englischen Kriegslust offenbart, so ist es der
auch jetzt wieder in schwerster Stunde sieghafte
Geist des Krämerthums, der sich zwar die
Weltherrschaft anmaßt, aber beileibe nicht den
Muth besitzt, für den gleißenden Mammon die
Söhne der Freien ausnahmslos in's
Feld zu stellen. An dieser Lüge messen
wir den Werthunterschied zwischen Buren- und
Britenblut in dem afrikanischen Raubkrieg:
ja wenn es sich uur das geheiligte Jnselreich
selbst handelte, dann wäre auch die Gentry
bereit, das Joch der Blutsteuer auf sich zu
nehmen; aber so sind es ja nur Herrschafts-
gelüste, Mammon und Prestige, urn deren
willen man Käuflinge und Dummköpfe nach
dem Kap der guten Hoffnung schickt, in der

miserablen Hoffnung, ein braves, tugend-
Haftes Volk von arbeitsamen Kolonisten aus-
zusäckeln. Europa, die ganze Welt durchschaut
den gemeinen Handel wie das eigene Hemd —
worüber sollen wir uns nun mehr wundern,
über die englische Räuberei, oder über die
heuchlerische Verwunderung des Hausknecht-
Ministeriums , daß der „gerechten Sache" in
der nichtenglischen Welt so wenig Verständniß
entgegengebracht werde?

Ein sehr vernünftiger Engländer aus der
besseren alten Schule sagte mir schon vor ein-
igen Jahren: „Es ist schmerzlich aber wahr —
der englische Charakter hat sich verschlechtert."
Ich begriff das damals nicht vollkommen; heute
zweifelt kein nichtenglischer Mensch mehr daran.
Der imperialistische Schnapsrausch hat die ganze
Nation ergriffen, die Nüchternen müssen wenig-
stens so thun, als ob sie gleichfalls besoffen
wären, — daher diese blutrünstige Heuchelei
würdevoller Entschlossenheit, dieses lächerliche
Pochen auf eine Ehre, die hier gar nicht engagirt
ist. Denn mit irgend etwas wie „Ehre" haben
Raubzüge nichts zu thun; gelingen sie, so siegt
einfach das Unrecht, mißlingen sie, so müssen
sich die Räuber Strafe und Spott gefallen
lassen. Ehrenvoll wäre es für England
allein, seinen Jrrthum zu bekennen,zu
gestehen, daß es sich in den Buren gründlich

getäuscht, zu geloben, daß es von abenteuer-
lichen Raubzügen kiinstig abstehen und sich auf
die Vertheidigung seines ohnehin nicht durch-
weg sauberen Besitzstandes beschränken wolle.
Zur Bekräftigung dessen möge es wie andere
anständige Nationen die allgemeine Wehr-
pflicht, den besten Selbstschutz vor gewagten
Abenteuern, proklamiren. Ob sie den Muth,
die sittliche Kraft dazu haben? Es ist sehr-
zweifelhaft. Denn der Alkoholismus verdirbt
nicht blos das Blut, er macht auch das Ge-
hirn schwabbelig uub — wie Jesus gesagt hat
(Matth. 16, 26; Marc. 8, 36):

„Was hälfe es dem Menschen, so er
die ganze Welt gewänne u n d nähme
doch Schaden an seiner Seele?"

Schön aber wäre es und ein Gewinn der
ganzen Welt, wenn für das stolze England
bald der Tag käme, an bent es sich nicht mehr
zu schämen brauchte. Dann würden wir in
ihm wieder die alte Hochburg der Freiheit ver-
ehren, und den schlimmen Streich an der Wende
des Jahrhunderts wollten wir ihm gerne ver-
gessen. Einstweilen tragen wir als Amulett
den Tropfen Burcublut, in Bergkrystall gefaßt.

Georg Hirlh

Bilder vom TTage

„Sag' ma’ Gustav, ick mechte jcrne 'n Bild von mir haben for
meine Braut, — wie Frief ich dett nu an cenfachsten?"

„An cenfachsten? — Spaß! Iehste un spuckst een'n Ienral uff
de Stiebe! — un morsten biste in -Die wochest"
Register
Hanns (Hans): Hauptmann und der Schiller-Preis
Georg Hirth: Burenblut und Britenblut
[nicht signierter Beitrag]: Aus "Petit Bleu": Maskenball
Erich Wilke: Bilder vom Tage
 
Annotationen