Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
1900

• JUGEND *

Nr. 12

Nt) ob es: „Go on, Mylords! Goddain, ooran!

So! wacker, „Bob!" Streckt nur die VoUblutleiber'
Greift aus! 's ist Börsenzeit!"

Lecil, äer Herr cles Krieges

ZUM lyrischen Saison-Beginn „Der Eisenzahn" in Berlin

Der holde Lenz ist nicht mehr fern,

Und dell bedichten Viele gern,

Denn ans dem Winterschlaf erwacht,
Sobald sich regt die Frühlingspracht,

So wie der Frosch auch der Poet,

Der dann gestärkt an's Dichten geht.

Gewiß erscheint das Dichten viel
humaner als das Fußballspiel,
wobei der Feind mit raschem Schritt
Nicht selten auf beit Bauch uns tritt. —
Doch wenn Du fröhnst der Poesie,

Mein Freund, so übereil' Dich nie.

Vorher gereimt — nachher bedacht,

Hat Manchem schon Malheur gebracht!

Beim' niemals auf deir ebleit Lord:
Gemeinheit, Raub und Massenmord,

Sonst kommt John Bull voll wuth heran
was nützt uns dann — der Flotten plan?
Nie reime „Roß und Reisige"

Auf irgendwelche „steile Höh" —

Denn wenn's ihm auch Fein Mensch verbot
Singt so was nie der Patriot! —
Auf Deinen Nächsten, der ein Tschech,
Reim' nie das Adjectivum „frech",

Sonst kann es sehr leicht möglich sein,

Daß er Dir schlägt dell Schädel ein 1 —
Reim keine volle Mädchenbrust,

Mein lieber Freund, auf Frühlingslust,
Auch reime keinen Marmorleib
Auf süßen Minnezeitvertreib;

Nimm gleich dem Künstler Dich in Acht
Dor'm Heinze, der Gesetze macht! —

Auf einen groben Kavalier
Reim' durchaus niemals: Trampelthier,
Denn sollst erscheint mit kalter Hand
Am llächstell Tag der Sekundant,

Und häufig starb schon auf der Stell'

Der oder Jener int Duell! —

Und auf dell Herrn von Mandel blüh
Reim nie und nimmer: Parvenü.

Viel schöner klingt's auf Englisch. Nenn
Daher ihn lieber: Selfmademan,

Dann wirst im Glanze seiner Gunst
Du nobel speisen und um füllst. —

Kurzum: bevor man's druckt, beschau
Eiil jedes Wort Dir ganz genau,

Und präg' Dir diese Regeln eiil;

Sie werden Dir sehr llützlich fein,
wenn Du aus ihnen ziehst Gewilln
Beim lyrischen Saison-Beginn!

Loki

Am Tage nach der ersten Aufführung von
Josef Lauff's Drama „Der Eisenzahn" in
Berlin soll in der General-Intendanz der
Königlichen Schauspiele zwischen dem Grafen
Hochberg und dem Intendantur-Direktor Pier-
son das folgende Gespräch stattgefunden haben:

„Nun, mem lieber Pierson, wie denken Sie
über die Repertoirchancen vom Eisenzahn?"

„Ach, Ercellenz, ich fürchte, daß es mit dem
Eisenzahn gehen wird, wie mit allen kranken
Zähnen..."

„Wieso?"

„Ohne künstliche Füllung wird er
nicht zu halten sein." Abu seid

Aus dem lyrischen

TageöuS des Leutnant von Zechmß

Standesbewußtsein

Reizend, so Leipziger Straße lang
Schönen Wetter fianiren:

Eignes Iefühl das, Menschendrang
Aufsehen zu verspüren!

Uniform immer doch Rieseneffekt
Frauen — (wenn Männer wüßten!) —
Schönster Triumph aber doch, Respekt
Einflößt auch Zivilisten!

Strauben sich oft — in Presse zumal —
Vorzug uns zuzujestehen!

Aber auf Straße noch immer loyal,
Beinah devot jesehen!

Imponirt ihnen Stand denn doch!

Oft schon auf Stadtbahn jefahren:
Anjeredet mich Keiner noch —

Mich auch entschieden verwahren!

Muß so sein! Rächt sich allemal schwer,
wenn mit Livil sich verbrüdert!

Sehen das am französischen Heer —
Mich immer anjcwidert!

Nimmt mit (tivil leicht Manches an:
Allerhand weibische Sachen. . .

Tadle Verkehr nich — dann und wann!
Aber — nich Regel draus machen.

Fraglos nützlich Livil für Land:
Beispielsweis Friedenszeiten!

Aber denn doch wir erster Stand —
Wohl kein Vernünftiger streiten!

Ls ist erreicht!

Die Evangelischen in Darmstadt
sind außer Rand und Band, weil dort
in der Lharwoche eine Katzenaus-
stellung abgehalten werden soll.

Die Römlinge im bayrischen
Landtag wollen den Betrag von
15000 Mark zur Erhöhung der Feuer-
sicherheit im Münchener Hoftheater
nicht bewilligen — weil dort die Legende
„Buddha" gegeben wurde. —

L. Hohlwein

„Diese Kohlenarbeiter! Jetzt woll'n die Kerle schon
blos acht Stunden arbeiten! Wenn das so weiter geht,
wer'n sie bald unsereinen markiren wollen, — die
Tagediebe!"

In Berlin wurde in einer Kunsthand-
lung ein Sandro Botticelli „sitt-
lich" beanstandet. —

Im Ucbrigen leben wir, wenn auch
noch nicht im zwanzigsten, so doch im
lS. Iahrhunder tj

2:7
Index
Ludwig Hohlwein: Zeichnung ohne Titel
Monogrammist Frosch: Cecil, der Herr des Krieges
Loki: Zum lyrischen Saison-Beginn
Abu Seid: "Der Eisenzahn" in Berlin
Leutnant v. Versewitz: Aus dem lyrischen Tagebuch des Leutnant von Versewitz
[nicht signierter Beitrag]: Es ist erreicht!
 
Annotationen