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Nr. 13 (Redaktionsschluss: 14. März 1900)

. JUGEND

1900

LV tllliontntßn i rt 3351 it rt rlj e rt!

Münchener!

Deinzefrohe Bewohner dieser Kunst-
Metropole !

Heil wird Euch widerfahren: Am 26. März
wird aus der herrlichen H e i n z e st a d t B e r l i n
der berühmte Vater bez. Pathe der 1^6 x Heinz e

Herr Reichstagsabgeordneter Roeren

lüer ankommen, um uns über die göttlichen
Eigenschaften seines Säuglings die Augen zu
öffnen. Tie Pflicht der tiefsten Dankbarkeit
für dieses Göttergeschenk müßte uns zu einer
außerordentlichen Ehrung dieses hervorragenden
Mannes antreiben, aber es bedarf solcher Be-
gründung Gottlob nicht: alle Herzen schla-
gen Ih m, dem Napoleon unter den Nudi-
tätenjägern, so leidenschaftlich entgegen, daß
das bloße Wort „Roeren" hinreicht, um ganz
München auf den Kopf zu stellen, die Isar vor
Freude austreten und die gesummte akademische
Jugend Salamander reiben zu lassen.

Die durch ihre Roerenfreundlichkeit sattsam
bekannte Unterzeichnete hält es daher für eine
Ehrensache, hiermit zur Bildung eines Fest-
komites einzuladen. Als Programm wird
einstweilen folgender Entwurf der Diskussion
unterstellt:

1. Beflaggung der ganzen Residenz und
der Vorstädte Feldmoching, Garching und
Trudering mit Feigenblättern.

2. Bekleidung aller nackten Wände mit
Feigenblättern. Die Feigenblätter
der Glyptothek werden für diesen Tag
frei, da sämmtliche Statuen, ebenso wie
das Brunnenbuberl zu Ehren des Herrn
Roeren vollständige Anzüge erhalten.

3. Empfang des Herrn Roeren am Bahn-
hof durch 200,000 weiß angestrichene
Jungfrauen älterer Jahrgänge in Glace-
handschuhen und Nasenfutteralen.

4. Einzug in die reichbeflaggte Stadt unter
Böllerschüssen und unter Absingung des
Nuditätenmarsches „Ter Roeren kommt,
der Roeren kommt, der Roeren ist
schon dal"

5. Sämmtliche Kunst- und Buchhandlungen
erscheinen in Trauerflor; in den
Cafehäusern darf nur Feigencafe
verabreicht werden; auf dem Platzl fin-
den den ganzen Tag über Verbrenn-
ungen von nackten Thatsachen, nackten
Wahrheiten rc. statt. Die verehr!. Herrn
Wirthe werden darauf auftnerksam ge-
macht, daß an diesem Tage nackte
Würsteln aller Art strenge verboten

sind und zum besten des hl. Roeren-
fonds (Bekleidung nackter Maikäfer) kon-
fiszirt werden!

6. Großes Preis-Wett-Nuditäten-
schnüffeln auf der Oktoberfestwiese.
Schnüffelziel: ein nackter Frosch, der um
Mitternacht von einem vereideten Comitö
vergraben wird. (Der Pelz der Bavaria
wird vervollständigt.)

7. Redeschlacht. Themata u. a.: „Keine
Flotte ohne Verdummung;" — „lieber
den Zusammenhang zwischen Fleisch-
abtödtung und Ketzerverbrennung;" —
..Wenn ein kleiner Buchhändler wegen
der Vorderansicht einer Venus 6 Mo-
nate bekommen kann, wieviel verdient
dann ein Pfarrer Moosauer?" — „Wa-
rum sind unter allen Völkern des Erd-
balls allein die Deutschen für das
Roerensystem geeignet?" U. s. w.

Dies nur so das Allernothwendigste. Zur
Bildung eines Ehren-Roeren-Eomites wird
noch eine besondere Versammlung in einem
der größten Säle Münchens ausgeschrieben
werden. Für die Sitze der verehr!. Denun-
zianten wird besondere Vorsorge getroffen
werden. Die Unterzeichnete veranstaltet eine
besondere Feigenblatt-Nummer.

Die Redaktion der „Jugend."

Herausgeber Dr GEORG HIRTH; verantwortlicher Redakteur: F. von OSTINI; G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwort ch für den Inseratenteil: G. EICH.VlANN, sätnm lica m München

Druck von KNORR & HIRTH, Ges. m beschr. Haftung in München.

ALLE RECHTE VORBEHALTEN.
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Monogrammist Frosch: Willkommen in München!
Redaktioneller Beitrag: Münchner! Heinzefrohe Bewohner dieser Kunstmetropole!
 
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