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Nr. 21

JUGEND -

1900

Deu-Lrnte

Qfur Zeichnung von A. QU. Sichker)

Das ist Sie heisse Sommergluth,

U)ir Mäher stehn im Teld.

Du Sonne, strahlengoldnes Gut,

Soll ich Dir lüften meinen Rut?
Rurrah, vielschöne Hielt!

Das ist der Sense scharfer Schnitt
Und klingt wie Musik fein.

Hlie tanzend schwingt derJuss im Tritt.
Du Mädel, komm’ im Takte mit,

Soll lust’ge Arbeit sein!

Dein Auge spricht - die Hielt ist schön
Und Kraft und Schweiss sind gut —

Als Mäher heut im seid wir stehn,

Hlas morgen auch für Hlinde wehn.
Die Treud’ jauchzt uns im Blut.

Das Glück der Lieb', das Glück der Kraft
Rurrah, das hält uns jung!

Im freien, ohne Zwang und Raft
Der Mäher stramm sein Tagwerk schafft.
Grüss Gott! Hilf sind im Schwung!

Und ist vorbei der heisse Tag,

Komm, liebstes IDägdulein!

Die Nachtigall im grünen Rag,

Uns schluchzt sie nicht von Müh und Plag
Soll Glückeszeugin sein!

QUichaok Georg Gonrad

Koch eine Geschichte ans dem Himmel

Von frit$ von Ostini

H einem der sonnigsten Winkel in der ewigen Seligkeit steht eine Taube
. von Passionsblumen und Jelängerjelieber. Da haben Dreie von den
Besten im ganzen Pimmel ihren Stammplatz und sie sitzen dort jeden Tag zu-
sammen bei einer Ranne Liebfrauenmilch von dein Dreiundneunziger, der so
himmlisch schmeckt. Da tauscheil sie ihre Gedailken aus über die Neuigkeiten
von der Erde im Allgemeinen und dem lieben Deutschland im Besonderen. Der
Eine ist der Doktor Martinus uild der Andere heißt Wolfgang und der Dritte Otto.

Der Letztere uild der Martinus machien heute ein böses Gesicht. Ueber des
perrn Wolfgang Antlitz aber ging ein Schimmer voll Vergnügtheit, er ließ
feinen Römer im pimmelslicht karfunkeln und sah in das blitzende Gold des
Weines. Dailil brach er das Schweigen:

„warum so grimmig, Otto?"

„Soll ich nicht?" brach der Alte los! „Du kannst freilich lachen, mein
Lieber! Deinen Namen halten sie hoch, Dein Erbe Hallen sie werth und gerade
die Besten! Aber was machen sie aus dem, was ich ihnen hinterließ, wie sieht's
aus im Reich jetzt, dreißig Jahre nachdem ich's gezimmert habe! was ist das
für ein Feilschen und für eine Verdrossenheit und für ein Ducken und für eine
Aengstlichkeit, wenn irgend ein Mächtiger im Ausland ein schiefes Gesicht zieht!
wie oft ist meine Rechte seit Jahr und Tag zornig an die Stelle gefahren, wo
ich früher den Pallasch trug! wagt nicht zu mucken der Michel, wenn das Groß-
maul über'm Ranal zu knurren anfängt! Läßt sich Ruckuckseier in's eigne
Nest legen, ausländische Fürsten auf deutsche Throne setzen, läßt sich bestehlen
und beschimpfen und das Alles, weil er sich keinen ordentlichen parnisch kaufen
will! And die Mucker und Pfaffen regieren drein, daß es eine Art hat, und die
am Ruder, die lasten sich lächerlich machen vor der ganzen Welt, blos damit die
Schwarzen nicht böse werden, die Schwarzen, von denen sie pilfe erwarten gegen
deren beste Freunde, die Rothen! Deutsche Politiker schämen sich nicht, sich ihre
Weisungen über das, was Deutschland noth thut, in: Vatikan zu holen, wo mau
uns haßt, wie den Teufel. And deutscher Adel schachert mit der Regierung um
jeden Pfifferling, als wäre die wiege aller Edelsten der Nation zusammen in
Tarnopol gestanden oder in Rrotoschin und ihre Ahnen hätten mit pasenfelleu
gehandelt seit den Rreuzzügen! And von oben herab kleine Mittel und kleine
Schritte und kleine Geschenke! Man möchte sich die paare ausreißen —"

Als er dies gesagt hatte, mußte der alte perr doch wieder lachen, denn er
hatte keine. Der Doktor Martinus aber blieb ernst und sprach:

„Mein Leid ist im Grunde nur ein Stück vom Deinigen. Ich seh's auch immer
schwärzer werden unten im Reich. Schaut, da hat mich einst das Volk erbarmt,
wei!'s gar so sehr im Dunkeln lag. Da Hab' ich ihnen Fenster gebrochen in
die Mauern —"

„Patten vielleicht ein Bissel größer sein sollen!" meinte Perr Wolfgang
Aber der Martinus:

R. M. Eichlcr
Index
Fritz Frh. v. Ostini: Noch eine Geschichte aus dem Himmel
Michael Georg Conrad: Heu-Ernte
Reinhold Max Eichler: Zeichnung zum Gedicht "Heu-Ernte"
 
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