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Nr. 22

J U GEN D

1900

Wer in der Tram-Car schüttelreimt,
Vor Wuth oh dem Gerüttel schäumt.

Noch immer thun die Burenflinten
John Bull an Mafekings Fluren binden.

Abwesenheit der Röcker stören

Bei griech’schen Statuen Stöcker-Roeren.

Der Landmann fährt sein’ Mist im Wagen,
Und war’ ihm noch so wüst im Magen.

Was Durchlaucht selber minder kann,
Das thut für ihn der Kindermann.

Ein Nymphlein, ein recht sommerfrisches,
Passt nicht für Maler frommer Sujets.

Der Moralist im Tugendjoch

Freut heimlich sich der „Jugend“ doch.

Das Wiener Mrbenverbot

j[m wunderschönen Monat Mai,

Als alle Knospen sprangen,

Hat die Studenten-Keiierei
Von Neuem angefangen.

Sobald die schwarzen Brüder nah'n,

Da wird zur Schlacht der Bummel,
Man rempelt sie entrüstet an,
Bedrohlich wird der Rummel;

Za, den Louleurs der Llerisei
Ist es recht schlimm ergangen
Im wunderschönen Monat Mai,

Als alle Knospen sprangen.

Der Herr Rector Magniftcus
Sprach: „Gordisch ist der Knoten,
Iedoch ich bin ein pftsftcus
Und helf mir mit Verboten!"

Und so verbot das hohe Amt
Das Stoßen und das Hauen
Sowie die Farben insgesammt,

Die rothen, grünen, blauen.

Was weiter kommt, war nicht bekannt,
Als ich dies Lied geschrieben,

Doch grüß' ich froh zum Donaustrand:
Es lebe, was wir lieben!

Studentenlust im Zrühlingslicht
Soll hundertfarbig strahlen,

Doch nur in einer Farbe nicht:

Im Schwarz der Glericalen.

Bist Du ein Römling, gut, dann laß
Von Mönchen, braunen, weißen
Und schwarzen mit dem weihrauchfaß
Dich schnell willkommen heißen!

Willo

Gin glücklicher Mersseb

Ein preußischer Regierungsrath Namens
v. Unruh hat eine Schrift verfaßt über „Das
Glück und wie man dazu gelangt."
Darin kommen außer anderen, gleich schönen
Sätzen auch diese vor:

„Ebenso wird die weitverbreitete Ansicht,
daß die Neichen, die sogenannten beati pos-
sidentes, es leichter hätten, glücklich zu sein,
als die Armen, als irrig bezeichnet werden
müssen."

„Hierzu kommt, daß der Reiche stets der
Gefahr ausgesetzt ist, sein Vermögen ganz
oder theilweise zu verlieren."

„Auch wird der Reiche in den seltensten
Fällen in der Lage sein, mehreren Kindern
eine ebenso günstige Lebenslage zu verschaffen,
wie er selbst hat, während der mittellose Ar-
beiter seine Kinder schon in derselben Lage
weiß, in der er sich selbst befindet, wenn die-
selben nur ihre Arbeitskraft haben. Die
Schließung einer Ehe und damit der Genuß
des Familienglücks ist daher für den Armen
leichter möglich als für den Neichen."

„Wenn somit dw Chancen des Armen,
glücklich zu werden, jedenfalls größer sind,
als die des Reichen, könnte man sich fragen,
ob nicht die Kommunisten Recht haben, wenn
sie die Aufhebung des Privateigenthums ver-
langen." (Ja?)

„Diese Frage ist aber entschieden zu ver-
neinen."

Es iü nicht recht zu verstehen, daß Herr
v. Unruh sich eine große Anzahl gewichtiger
Gründe hat entgehen lassen, z. B. den, daß
dem Neichen unter Umständen ein Fasanen-
knöchelchen im Halse stecken bleibt, während

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diese Gefahr bei dem Armen nahezu ausge-
schlossen ist. Auch auf jenen kleinen Beamten
hätte Herr v. Unruh verweisen können, der von
sich sagen durfte: „Ich habe zwar auch nichts;
aber das habe ich doch sicher!"

Merkwürdigerweise tritt trotz dieses Buches
das Gerücht auf, die preußische Regierung fürchte
Unruh'n.

Der neue MuiarZ

Ein Schulfreund des Rultusministers
€anbmann pflegt aus ihrer gemeinsamen
Jugendzeit eine Episode zu erzählen, welche
dieser im Drang der Geschäfte wohl längst
vergessen hat:

Sic zogen an den entgegengesetzten Enden
einer Gummischnur, und der kleine Land-
mann rief ermunternd:

„Je dehnbarer, desto besser!"

Da schnellte sie ihm in's Auge, daß ihm
ganz schwarz davor wurde.

Seit der Zeit drückt er, wenn er etwas
Elastisches sieht, unwillkürlich beide
Augen zu.

Als Friedrich Schiller das Licht der
Welt erblickt hatte, kam am nächsten Tage
der kunstsinnige Landesvatcr von Württem-
berg nach Marbach, um sich den künftigen
Dichter der „Räuber" anzusehen.

Der beglückte Vater Schiller empfing
den hohen Herrn mit einer tiefen Verbeug-
ung und sagte, als der Herzog den Wunsch
aussprach, den Neugeborenen zu sehen:
„Da müsset Hoheit noch e Stündle Geduld
habe. Im Augeblick ischt grad e Herr aus
Berlin beim Büblc drin und macht Schpc-
z i a l a u fn a h m e für die ,w 0 ch ec."

Ein braver Deutscher wurde von seinem
Herrn als Bedienter eines Engländers ab-
kommandirt.

Im wirthsbause ließ sich letzerer eine
Schüssel B lutwü rste vorsetzen, während
der Diener nur eine Wassersuppe erhielt.

Nach dem Essen lehnte sich jener behag-
lichprotzig in die Ecke und schnauzte den
Lakaien an: „Goddam, Rerl, Du hast noch
nicht genug?"

Dieser aber seufzte: „Der thut sich leicht!
Blut ist freilich dicker als Wasser!"

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Index
Monogrammist Frosch: Illustrationen zum Text "Schüttel-Reime"
[nicht signierter Beitrag]: Schüttel-Reime
Willo: Das Wiener Farbenverbot
[nicht signierter Beitrag]: Ein glücklicher Mensch
Arpad Schmidhammer: Illustrationen zum Text "Der neue Plutarch"
Plutarch [Pseud.]: Der neue Plutarch
 
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