1900
JUGEND
Nr. 28
Irländer, machte, wurde durch Jimmy's Frack <
eine urkomische Geschichte erinnert, deren He
ebenfalls ein Manu mit einem lächerlichen Fr>
bildete. Er erzählte sie mit leiser Stimme. Üll
als er sich zum Schluß triumphirend in der Run
umsah, erklärte Smith mit eisiger Ruhe, d
Callahan's Geschichte von ihm sei. Es entsta
eine heftige Debatte zwischen denBeiden, die Tn»
der Karikatnren-Zeichner, dazu benutzte, um d
geschwollenen Jimmy in seinem lächerlichen Fr
zu skizzircn. Er zeigte das Bild geschästSmüs
der dicken Frau Krause, dem Onkel und l
Tante, weil er das Urtheil der Laien über All
schätzte, und als Frau Krause einen puterroth
Kops bekam und sich das Taschentuch vor ü
Mund preßte, um nicht laut loszulachen, war
befriedigt. Was den Onkel und die Tante an!
traf, schwankten sic offenbar zwischen Verlege
heit und' Entrüstung. Sie wußten nicht, >vas
aus Leuten machen sollten, die selbst bei eil
solchen Gelegenheit scherzten, aber immer >
dem ernsthastesten Gesicht von der Welt. Zr
^Knck wurde ihre Aufmerksamkeit durch ein
rothbäckigen kleinen Jungen abgelenkt, der ein
ebenso riesigen, >vie gediegenen Kranz Here
brachte mit der Widmung: „Unserm lieben K
legen", in goldenen Lettern ans weiße Seide >
druckt. „Das wird was Schönes kosten!" weit
Jq a rmonie n
Smith erschrocken. Doch Callahan, der den Kranz
besorgt hatte, tröstete ihn: „Ich habe mit dein
Gärtner abgemacht, daß er ihn wieder zurück-
bekommt. Er meint, er brauchte nur eine Schleife
mit der Inschrift: „Unserm lieben Vorgesetzten"
dranzuthnn und könnte ihn dann morgen srnh
wieder vertuenden. Das kostet nur die Hälfte."
Alle athineten erleichtert auf.
Grade zog Jimmy seine Uhr, um zu be-
merken, daß es Zeit sei anzufangen, als von
dem Nebenzimmer her heftiger Lärm erscholl
Der Karikatnren-Zeichner ging hin, um nach-
zuschen, ivas es gäbe. Er kehrte mit der Mel-
dung zurück, daß Sanderson »nd Kern, die beiden
andern Humoristen, noch einige gute Witze vom
Verstorl'eueu gefunden hätten und sich bei der
Theilnug in die Haare geratheu wären. Sie
kämen übrigens sofort. Der Onkel und die Taute
sahen sich abermals fragend an und runzelten
die Stirn. Gleich darauf betraten die beiden
Missethäter das Zimmer uitd nahmen Platz.
Jimmy stellte sich neben den Sarg. Die Andern
einschließlich der dicken Frau Krause, die immer
noch verstohlen hinter dem Taschentuch über
Jimmy's Frack lachte, saßen im Halbkreis zn
Füßen des Verstorbenen.
„Liebe Freunde," begann Jimmy und holte
noch einmal tief Athcm, um den riesigen Frack
Hans Tiioma (Karlsruhe)
zu füllen, „wenn ich heute die traurige Pflicht
übernommen habe, am Katafalk unseres wie ich
glaube cndgiltig verstorbenen armen Freundes
eine Rede zn halten, so thue ich das in der Vor-
aussetzung, daß Sie von mir keine glänzende
oratorische Leistung erwarten. Es sollen nur
einige schlichte Worte sein, ernst, wie der Ernst des
Augenblicks sie erfordert, denn ach! auch für den
berufsmäßigen Humoristen gibt es ernste Augen-
blicke, von denen der Augenblick, wo er erfährt,
daß seinen neuesten Witz schon ein Anderer ge-
macht hat, keineswegs, wie wir meinen, der
ernsteste ist. Was unser armer Freund, der nun
glücklich seinen letzten Witz ausgehaucht hat, uns
gewesen ist, brauche ich kaum ausdrücklich zn
betonen. Er war der Talentvollsten einer und
daß er jetzt, wie wir hoffen - wie wir glauben,
für immer verstummt ist, das ist zweifelsohne
der einzige schlechte Witz seines Lebens gewesen.
Er war im sonnigen Süden ausgewachsen und
begann seine Laufbahn in Tallnlah, Louisiana,
wo er eines Tages für eine Negerin, die nicht
schreiben konnte, einen Brief an deren Schwager
in Kalamazvo schrieb, worin er diesen möglichst
schonend benachrichtigen sollte, daß sein Bruder
Daniel gelyncht worden sei. Der Brief lautete
kurz und bündig: .„Lieber Schwager, ich habe
Dir eine traurige Nachricht zu melden. Mehrere
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Irländer, machte, wurde durch Jimmy's Frack <
eine urkomische Geschichte erinnert, deren He
ebenfalls ein Manu mit einem lächerlichen Fr>
bildete. Er erzählte sie mit leiser Stimme. Üll
als er sich zum Schluß triumphirend in der Run
umsah, erklärte Smith mit eisiger Ruhe, d
Callahan's Geschichte von ihm sei. Es entsta
eine heftige Debatte zwischen denBeiden, die Tn»
der Karikatnren-Zeichner, dazu benutzte, um d
geschwollenen Jimmy in seinem lächerlichen Fr
zu skizzircn. Er zeigte das Bild geschästSmüs
der dicken Frau Krause, dem Onkel und l
Tante, weil er das Urtheil der Laien über All
schätzte, und als Frau Krause einen puterroth
Kops bekam und sich das Taschentuch vor ü
Mund preßte, um nicht laut loszulachen, war
befriedigt. Was den Onkel und die Tante an!
traf, schwankten sic offenbar zwischen Verlege
heit und' Entrüstung. Sie wußten nicht, >vas
aus Leuten machen sollten, die selbst bei eil
solchen Gelegenheit scherzten, aber immer >
dem ernsthastesten Gesicht von der Welt. Zr
^Knck wurde ihre Aufmerksamkeit durch ein
rothbäckigen kleinen Jungen abgelenkt, der ein
ebenso riesigen, >vie gediegenen Kranz Here
brachte mit der Widmung: „Unserm lieben K
legen", in goldenen Lettern ans weiße Seide >
druckt. „Das wird was Schönes kosten!" weit
Jq a rmonie n
Smith erschrocken. Doch Callahan, der den Kranz
besorgt hatte, tröstete ihn: „Ich habe mit dein
Gärtner abgemacht, daß er ihn wieder zurück-
bekommt. Er meint, er brauchte nur eine Schleife
mit der Inschrift: „Unserm lieben Vorgesetzten"
dranzuthnn und könnte ihn dann morgen srnh
wieder vertuenden. Das kostet nur die Hälfte."
Alle athineten erleichtert auf.
Grade zog Jimmy seine Uhr, um zu be-
merken, daß es Zeit sei anzufangen, als von
dem Nebenzimmer her heftiger Lärm erscholl
Der Karikatnren-Zeichner ging hin, um nach-
zuschen, ivas es gäbe. Er kehrte mit der Mel-
dung zurück, daß Sanderson »nd Kern, die beiden
andern Humoristen, noch einige gute Witze vom
Verstorl'eueu gefunden hätten und sich bei der
Theilnug in die Haare geratheu wären. Sie
kämen übrigens sofort. Der Onkel und die Taute
sahen sich abermals fragend an und runzelten
die Stirn. Gleich darauf betraten die beiden
Missethäter das Zimmer uitd nahmen Platz.
Jimmy stellte sich neben den Sarg. Die Andern
einschließlich der dicken Frau Krause, die immer
noch verstohlen hinter dem Taschentuch über
Jimmy's Frack lachte, saßen im Halbkreis zn
Füßen des Verstorbenen.
„Liebe Freunde," begann Jimmy und holte
noch einmal tief Athcm, um den riesigen Frack
Hans Tiioma (Karlsruhe)
zu füllen, „wenn ich heute die traurige Pflicht
übernommen habe, am Katafalk unseres wie ich
glaube cndgiltig verstorbenen armen Freundes
eine Rede zn halten, so thue ich das in der Vor-
aussetzung, daß Sie von mir keine glänzende
oratorische Leistung erwarten. Es sollen nur
einige schlichte Worte sein, ernst, wie der Ernst des
Augenblicks sie erfordert, denn ach! auch für den
berufsmäßigen Humoristen gibt es ernste Augen-
blicke, von denen der Augenblick, wo er erfährt,
daß seinen neuesten Witz schon ein Anderer ge-
macht hat, keineswegs, wie wir meinen, der
ernsteste ist. Was unser armer Freund, der nun
glücklich seinen letzten Witz ausgehaucht hat, uns
gewesen ist, brauche ich kaum ausdrücklich zn
betonen. Er war der Talentvollsten einer und
daß er jetzt, wie wir hoffen - wie wir glauben,
für immer verstummt ist, das ist zweifelsohne
der einzige schlechte Witz seines Lebens gewesen.
Er war im sonnigen Süden ausgewachsen und
begann seine Laufbahn in Tallnlah, Louisiana,
wo er eines Tages für eine Negerin, die nicht
schreiben konnte, einen Brief an deren Schwager
in Kalamazvo schrieb, worin er diesen möglichst
schonend benachrichtigen sollte, daß sein Bruder
Daniel gelyncht worden sei. Der Brief lautete
kurz und bündig: .„Lieber Schwager, ich habe
Dir eine traurige Nachricht zu melden. Mehrere
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