Nr. 34
JUGEND
1900
M, £&£ Vt (^Sie auf! Core (St Pettrsburg)
Zukunftsmusik aus China
(Ein Herenkessel im himmlischen Reich,
Der brodelte heiß und gewaltig,
Schaumblasen warf er gar mächtig auf,
Fernalisch und vielgestaltig.
Aus ihm erklang des Borers Wort:
„Fort mit der fremden Bande,
Sie drängt sich hinzu, sie raubt uns Brod,
D Buddha, welche Schande!"
Aufflammten Kirchen ohne Zahl,
Paläste wurden gebrochen,
Die Bahnen zerstört, der Mord ging um.
So hat sich China gerochen.
Da fuhren des Fremdlings Truppen d'rein
Und schwangen die blutige Sichel,
Am tapfersten aber von Allen war
Der biedre deutsche Michel.
Lr holte die Kastanien gar
Dem Briten aus dem Feuer,
Denn edel war der Michel stets,
Darum dem Briten theuer.
Und als erst China aufgetheilt.
Da gab es viel Geschreie,
Der wollte dies, der Andre das,
John Bull, der schrie für dreie.
Lr sprach; „Der biedre Michel ist
Das Beste aller Geschöpfe,
Rur ihm gebürt der Löwentheil:
Alt-Chinas längste Zöpfe."
K. P.
Wie man jetzt erfährt, mußte die Hochzeit
in Belgrad um8Tage verschoben werden, weil
der dazu unbedingt nöthige serbische Thron
— sich in Paris befindet. Sollte Papa Milan
dort auf dem Mont de pidtd eine kleine Se-
paratausstellung der serbischen Kroninsignien ver-
anstaltet haben?
Entwurf
eines internationalen Vertrags zum
Schutze der Anarchisten
8 1. Der politische Meuch elmord, in-
soweit er nicht von rein persönlichen Motiven (Hab-
sucht, Rachsucht, Eifersucht re.) begleitet ist, wird
nicht als gemeines Verbrechen bestraft.
Der politische Mörder wird als Geistes-
kranker auf Lebenszeit einem zu diesem Zwecke
mit besonderen Schutzmaßregeln versehenen Nar-
reng efängniß überwiesen.
Personen, welche in Druckschriften, in Briefe»
oder öffentlichen Kundgebungen den politischen
Mord bezw. politische Mörder verherrlichen oder
sich zu anarchistischen Lehren bekennen, werden zu
weiterer Ausbildung an die Vorstandschaft der
chinesischen Boxer abgegeben und dürfen in
ihren resp. Heimatstaat erst dailn zurückkehren,
wenn sie eine fünfundzwanzigjährige Dienstzeit bei
den Boxern summa cum laude bestanden haben.
§ 2. Die polizeilichen Recherchen und gericht-
lichen Verhandlungen über politische Mörder und
anarchistische Komplotte finden unter strengstem
Ausschluß der Oeffentlichkeit statt. Die An-
geklagten und die an das Narrenhaus Abgegebenen
tragen eine Maske. Ihre Namen dürfen nicht
bekannt gemacht, ihre Bilder nicht ver-
öffentlicht, ebenso dürfen über das Schicksal
und Befinden sowie das Ableben der Mörder und
ihrer Gehilfen keinerlei Nachrichten gebracht werden.
Zuwiderhandlungen durch die Presse,
durch Buchhändler, Colporteure und Bilderver-
käufer werden mit schwerem Kerker bis zu
fünf Jahren bestraft.
Probatum estl
Lin Manöveridyll
Der Serr Leutnant ist in ein recht „windiges"
(Pnartier gekommen. Das Bett ist nicht allzu
sauber und Alles, was Comfort heißen könnte,
so abwesend als möglich. Trotzdem streckt sich
der müde Arieger behaglich in seinen Federn. Cs
ist Ruhetag — er kann ausfchlafen. Da kloxft's
— der Bursche.
„was gibt's?"
;8,
„Die Bäurin läßt dem kferrn Leutnant sagen
der tferr Leutnant sollen sich bald waschen."
„Ist sie verrückt?"
„Nein, lherr Leutnant. Aber sie sagt, sie
braucht die Waschschüssel!"
„Schon gut, es wird nicht so pressieren."
Der Leutnant schaut sich die Waschschüssel an —
sie sieht einem „Milchweidling" beträchtlich ähnlich.
„Wahrscheinlich muß dies Reinlichkeitsinstru-
ment noch für einen Zweiten dienen, vielleicht
für den Einjährigen, der auch mit einquartirt ist."
Der lhorr Leutnant duselt wieder ein — nicht
für lange! Es klopft. Wieder der Bursche.
„Was gibts denn schon wieder, in Dreiteufels
Namen?"
„Die Bäurin läßt dem kferrn Leutnant sagen,
der Ejerr Leutnant möcht' sich gleich waschen, die
Bäurin braucht die Schüssel nothwendig!"
„Ja warum denn?"
„Weil die Soldaten, die hier im tpuartier
liegen — jetzt ihren Kaffee kriegen!"
er—r
Warum nicht??
(Hoffnungen eines Reo-Romantikers)
lch konstatiere jauchzend, es wird Mode:
Man pfeift auf Ebenburt schon ganz und gar,
find was diametral und Antipode
Einlt schien, geht nun gemeinsam zum Altar!
„Es war einmal..." — so heihtes sonst im Märchen;
„Es ilt noch heut..!" — io lehrt die Wirklichkeit!
Hoch werden Prinz und 0änfemagd ein Pärchen,
Und bald wird auch ins gegentheil gefreit...
Verrats,' ich meines Husens tiefstes Wallen?
Begreift Ihr meines Herzens Expansion?
Auch mir — wie leicht! — kann solch ein
5chicksal fallen,
Hatz mich die Eicbc hebt auf einen Thron!
Ich bin nur ein Poet, der ungesammelt
sind unverlegt an seinen Riedern schreibt;
Poch wenn mein Hochzeitsglöckchen bimmelbammelt,
Wer weih, ob Ihr nicht staunend stehen bleibt,
llnd starrt auf meinen goldverbrämten Mantel; —
Pie Herricherkrone — schiesgedrllckt auf's Ohr . ..
0 Träume tanzt! — Euch stach ja die Tarantel
Per Phantasie — nur immer kühn empor!
Üui vivra verra, — wohl, wer lebt, wird sehen,
vah ich kein chancenloker Lchwärmer bin!
„Es soll der Länger mit dem König gehen!" —
Warum nicht mal mit einer Königin??
Im Fuchseisen
Das Mundwerk ist gut, aber das Schuh-
werk müsste besser sein, damit John Biill den
Oberbefehl in China übernehmen könnte.
JUGEND
1900
M, £&£ Vt (^Sie auf! Core (St Pettrsburg)
Zukunftsmusik aus China
(Ein Herenkessel im himmlischen Reich,
Der brodelte heiß und gewaltig,
Schaumblasen warf er gar mächtig auf,
Fernalisch und vielgestaltig.
Aus ihm erklang des Borers Wort:
„Fort mit der fremden Bande,
Sie drängt sich hinzu, sie raubt uns Brod,
D Buddha, welche Schande!"
Aufflammten Kirchen ohne Zahl,
Paläste wurden gebrochen,
Die Bahnen zerstört, der Mord ging um.
So hat sich China gerochen.
Da fuhren des Fremdlings Truppen d'rein
Und schwangen die blutige Sichel,
Am tapfersten aber von Allen war
Der biedre deutsche Michel.
Lr holte die Kastanien gar
Dem Briten aus dem Feuer,
Denn edel war der Michel stets,
Darum dem Briten theuer.
Und als erst China aufgetheilt.
Da gab es viel Geschreie,
Der wollte dies, der Andre das,
John Bull, der schrie für dreie.
Lr sprach; „Der biedre Michel ist
Das Beste aller Geschöpfe,
Rur ihm gebürt der Löwentheil:
Alt-Chinas längste Zöpfe."
K. P.
Wie man jetzt erfährt, mußte die Hochzeit
in Belgrad um8Tage verschoben werden, weil
der dazu unbedingt nöthige serbische Thron
— sich in Paris befindet. Sollte Papa Milan
dort auf dem Mont de pidtd eine kleine Se-
paratausstellung der serbischen Kroninsignien ver-
anstaltet haben?
Entwurf
eines internationalen Vertrags zum
Schutze der Anarchisten
8 1. Der politische Meuch elmord, in-
soweit er nicht von rein persönlichen Motiven (Hab-
sucht, Rachsucht, Eifersucht re.) begleitet ist, wird
nicht als gemeines Verbrechen bestraft.
Der politische Mörder wird als Geistes-
kranker auf Lebenszeit einem zu diesem Zwecke
mit besonderen Schutzmaßregeln versehenen Nar-
reng efängniß überwiesen.
Personen, welche in Druckschriften, in Briefe»
oder öffentlichen Kundgebungen den politischen
Mord bezw. politische Mörder verherrlichen oder
sich zu anarchistischen Lehren bekennen, werden zu
weiterer Ausbildung an die Vorstandschaft der
chinesischen Boxer abgegeben und dürfen in
ihren resp. Heimatstaat erst dailn zurückkehren,
wenn sie eine fünfundzwanzigjährige Dienstzeit bei
den Boxern summa cum laude bestanden haben.
§ 2. Die polizeilichen Recherchen und gericht-
lichen Verhandlungen über politische Mörder und
anarchistische Komplotte finden unter strengstem
Ausschluß der Oeffentlichkeit statt. Die An-
geklagten und die an das Narrenhaus Abgegebenen
tragen eine Maske. Ihre Namen dürfen nicht
bekannt gemacht, ihre Bilder nicht ver-
öffentlicht, ebenso dürfen über das Schicksal
und Befinden sowie das Ableben der Mörder und
ihrer Gehilfen keinerlei Nachrichten gebracht werden.
Zuwiderhandlungen durch die Presse,
durch Buchhändler, Colporteure und Bilderver-
käufer werden mit schwerem Kerker bis zu
fünf Jahren bestraft.
Probatum estl
Lin Manöveridyll
Der Serr Leutnant ist in ein recht „windiges"
(Pnartier gekommen. Das Bett ist nicht allzu
sauber und Alles, was Comfort heißen könnte,
so abwesend als möglich. Trotzdem streckt sich
der müde Arieger behaglich in seinen Federn. Cs
ist Ruhetag — er kann ausfchlafen. Da kloxft's
— der Bursche.
„was gibt's?"
;8,
„Die Bäurin läßt dem kferrn Leutnant sagen
der tferr Leutnant sollen sich bald waschen."
„Ist sie verrückt?"
„Nein, lherr Leutnant. Aber sie sagt, sie
braucht die Waschschüssel!"
„Schon gut, es wird nicht so pressieren."
Der Leutnant schaut sich die Waschschüssel an —
sie sieht einem „Milchweidling" beträchtlich ähnlich.
„Wahrscheinlich muß dies Reinlichkeitsinstru-
ment noch für einen Zweiten dienen, vielleicht
für den Einjährigen, der auch mit einquartirt ist."
Der lhorr Leutnant duselt wieder ein — nicht
für lange! Es klopft. Wieder der Bursche.
„Was gibts denn schon wieder, in Dreiteufels
Namen?"
„Die Bäurin läßt dem kferrn Leutnant sagen,
der Ejerr Leutnant möcht' sich gleich waschen, die
Bäurin braucht die Schüssel nothwendig!"
„Ja warum denn?"
„Weil die Soldaten, die hier im tpuartier
liegen — jetzt ihren Kaffee kriegen!"
er—r
Warum nicht??
(Hoffnungen eines Reo-Romantikers)
lch konstatiere jauchzend, es wird Mode:
Man pfeift auf Ebenburt schon ganz und gar,
find was diametral und Antipode
Einlt schien, geht nun gemeinsam zum Altar!
„Es war einmal..." — so heihtes sonst im Märchen;
„Es ilt noch heut..!" — io lehrt die Wirklichkeit!
Hoch werden Prinz und 0änfemagd ein Pärchen,
Und bald wird auch ins gegentheil gefreit...
Verrats,' ich meines Husens tiefstes Wallen?
Begreift Ihr meines Herzens Expansion?
Auch mir — wie leicht! — kann solch ein
5chicksal fallen,
Hatz mich die Eicbc hebt auf einen Thron!
Ich bin nur ein Poet, der ungesammelt
sind unverlegt an seinen Riedern schreibt;
Poch wenn mein Hochzeitsglöckchen bimmelbammelt,
Wer weih, ob Ihr nicht staunend stehen bleibt,
llnd starrt auf meinen goldverbrämten Mantel; —
Pie Herricherkrone — schiesgedrllckt auf's Ohr . ..
0 Träume tanzt! — Euch stach ja die Tarantel
Per Phantasie — nur immer kühn empor!
Üui vivra verra, — wohl, wer lebt, wird sehen,
vah ich kein chancenloker Lchwärmer bin!
„Es soll der Länger mit dem König gehen!" —
Warum nicht mal mit einer Königin??
Im Fuchseisen
Das Mundwerk ist gut, aber das Schuh-
werk müsste besser sein, damit John Biill den
Oberbefehl in China übernehmen könnte.
Georg Hirth: Entwurf eines internationalen Vertrags zum Schutze der Anarchisten
K. P.: Zukunftsmusik aus China
Maxl: Warum nicht?
Coré: Heben Sie auf!
[nicht signierter Beitrag]: Wie man jetzt erfährt, mußte die Hochzeit...
[nicht signierter Beitrag]: Ein Manöveridyll
Signatur nicht identifiziert: Im Fuchseisen
K. P.: Zukunftsmusik aus China
Maxl: Warum nicht?
Coré: Heben Sie auf!
[nicht signierter Beitrag]: Wie man jetzt erfährt, mußte die Hochzeit...
[nicht signierter Beitrag]: Ein Manöveridyll
Signatur nicht identifiziert: Im Fuchseisen