Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben (5.1900, Band 2 (Nr. 27-52))

Schachspiel in Südafrika

Sechs englische Generäle verfolgten den
Burengeneral de Wet; aber er entwischte
ihnen.

Ein so brillanter Taktiker verdiente es wohl,
daß man ihn zum Unterschied von seinen sechs
Gegnern mit dem Titel „Anführer" belegte.

Der neue Mttarch

„Es nützt alles nichts...." meinte
Professor Rudolf Virchow, zu einem Jour-
nalisten, der ihn über feine Ansichten zur
Friedensbewegung interviewte.

„Nutzt'» nix, so schad't's nix," er-
widerte Frau Baronin Suttner schlagfertig,
als man ihr die Acußcrung des berühmten
Gelehrten hinterbrachtc.

„Biegen oder Brechen!" sagte der
englische Generalissimus in Südafrika, als er
das Völkerrecht mit Füßen trat und den Rricg
gegen Frauen und Rinder proklamirrc.

„Brechen, Mylord, Brechen! Ganz
Europa übergibt sich angesichts Ew.
Edrdichaft Hcldenthatcn!" .Tau

„Der Rrieg scheint kein Ende nehmen zu
wollen und sich noch länger in die Länge zu
Ziehen!" sagte Roberts/

„Dann werden wir am Ende noch den
Kürzeren ziehenI" erwiderte Ritchener.

Zwei englischeGcneralc wurden von
Dewet und Delarey hart bedrängt.

„Das ist das Einzige, was ich fürchte, diese
Zwei Dl" sagte der eine.

„Und ich das a. D.!" erwiderte der andere.

Beim Zeitungslesen

Die bayerische Lisenbahnverwaltuug hat dem
Fürsten Ferdinand von Bulgarien mit
rauher ksand das Vergnügen Hintertrieben, auf

bayerischen Bahnen den Lokomotivführer
zu machen. Und er möchte doch so gerne eine
führende Rolle spielen — wo soll er denn
das? In Bulgarien? Dahin kommt er ja nie!

In einem deutschen Bade hat das Badckom-
miffariat verordnet, daß seitens der Musikkapelle
keine Burenmärsche gespielt werden
dürfen, weil eine englische Prinzessin
dort weilt. Die Blätter spotten darüber — mit
Unrecht! Ls ist eine alte Geschichte, daß man
in der Familie eines Gehängterr nicht
vom Strick reden sollt

Die Zeldzugsmedaille für die britische Armee
in Südafrika ist bereits im Entwurf fertiggesteUt worden
und hat die Zustimmung der Königin gefunden. Diese
Dekoration wird sehr groß gemacht, weil sie auf jeder
Uniform einen häßlichen, großen fleck zu verdecken hat.

Unter den Matrosen der englischen Marine
nehmen, wie jetzt bekannt wird, die Lunr eukrauk-
heiten mit tödtlichem Ausgange auffallend zu,
weil die armen Burschen miserabel verpflegt
werden. Lins der vornehmsten Prinzipien des
englischen Kriegsamts ist also offenbar die gleich-
mäßige Behandlung vonFlotte und Land-
Heer!

Ls heißt, daß die Berliner Polizei jetzt
energisch gegen die Labinets parliculiers
Vorgehen will. Lrst die Kanalvorlage und jetzt
auch noch dies! Ja — will man denn die Stützen
von Thron und Altar mit Gewalt tit die Arme
der Partei treiben, welche der Regierung grund-
sätzlich Gppofition macht?

Eine Idee

Schlaume: Haste gelesen, der Daitsche Kaiser
wcrd zahlen müssen S Millionen Mark, weil de
Fremden noch gelebt Ham.

Schmule: Mecht ich nix sein meschugge und
mccht mich auf 3 Millionen ausgleichcn, weil se
doch eh nebbich halb t o d t gewesen sind ...!

Gelegentlich eines Ferienbesuchs russischer Schul-
buben in Wien inszenirten die dort ansässigen
C,zechen, Russen, Slovaken, Croaten, Serben n. s. w.
einen großen Verbrüderungsrummel, wobei ein
vr. Wergun über den slavischen Charakter
der Stadt Wien sprach, in der „mehr als
eine halbe Million Sluven" leben. Da
sind aber doch wohl die Russen mitgezählt, bereit
Todfeind — Zacherl heißt!

* Herr Roeren Lex Heinze'schen Angedenkens
hat voin Papste den Gregoroviusorden er-
halten, — so war in einem ultramontanen Blätt-
chen zu lesen. Als Herr Roeren die Schachtel mit
dem Orden geöffnet hatte, weinte er bitterlich, da
Gregvrovius das übliche Feigenblatt beizufügen
vergessen hatte. Zur Bedeckung seiner Blöße reichte
der Orden nicht aus. „Das hätte ich Ihnen gleich
sagen können", tröstete der zufällig anwesende Pro-
fessor Mommsen Herrn Roeren: „der Verfasser
der Geschichte Roms im Mittelalter hat sich der-
gleichen Vergeßlichkeiten des Oefteren zu Schulden
kommen lassen."

6zi