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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 5.1900, Band 2 (Nr. 27-52)

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Nr. 40 (01. Oktober 1900)
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Nr. 40

19,00

Die Schutzengel Maldcrsec's

In der Begleitung des FeldmarschaKs befinden sich die beiden Vicewachtmeister Müller und Nasser
von der Leibgcndarmerie des Kaisers und der Kaiserin. Beide sind für das Lebe» des Grafen persönlich
haftbarund in ihrer Instruktion befindet sich der Passus, daß sic den Marschall stets nnd ständig
zu begleiten haben, nnd z>var mit scharsgeladenem Revolver. Sobald ihrem Herrn
nur die geringste Gefahr droht, haben sie die Waffe zu ziehen und gegebenen Falles
sofort auf etwaige Angreifer scharf zu schießen.

Wir sind in der angenehmen Lage, unseren Lesern im Nachfolgenden mehrere Bilder unseres Spezial
zcichuers vorführen zu können, welche die verantwortungsvolle Thätigkeit der beiden Vicewachtmeister in
gefährlichen Augenblicken des China-Feldzuges veranschaulichen.

Das Mittagsschläfchen

JUGEND .

Eine neue Napuzinerpredigt

des Paters Malavcntura

Kruzitürken! Das Herz thut mir weh,

Wenn ich die Noth und den Jammer seh,

D'rin in Deutschland die Katholiken
lvie in höllischem Dampf ersticken!

Unter den: Nero, dem Lhristenfresser,

Hatten's die Frommen beträchtlich besser,

Bei Tra-, Dioclet- und Damit iau
Waren sie viel gemiithlicher d'ran,

Als heutzutage im deutschen Reich,

Das Gott verderbe und zwar sogleich!

Wo ist der Respekt vor dein päpstlichen Stuhle?
Stiehlt man ihm nicht das Recht auf die Schule?
Wo ist der Respekt vor dem Doktor Lieber,
Diesen: Staatsmann von: größten Kaliber?

Selbst in Bayern, den: schwärzlich regirten,

Kam es schon vor, daß sie uns nicht parirten,
Und erst neulich zum Beispiel fand man
Störrisch wider das Lentrum Herrn Lcmdmann.
Lehrer leben ■— o dreimal Wehe! —

Dort in gemischter, sündiger Ehe!

Leuten init protestantischen Frauen
Thut man die Kinder dort anvertrauen —

Nicht mal in Sodon:, dem Schwefelnest,

Ist man so gottverlassen gewest!

Unser großer Drterer, ist er
Etwa- Geheimrath? Lultusminister?

Wieviel Stellen und wieviel Gehälter,

Tage-, Reise- und Wohnungsgelder
Sind noch im Land, die der heilige Ulann
Nun einmal einfach nicht kriegen kann!

Nacht man von großen Gelehrten Geschrei —

Ist da je Einer von uns dabei?!

Ton:ponisten, Maler und Dichter —

Juden- und Protestanten Gelichter!

Und sind's Katholiken, so sind's keine Frommen —
Kinder, wohin soll Deutschland noch kommen!
Ungehangen nnd nngebraten

Die Schlacht Heimkehr vom SiegeSfcst

Sieht inan in sämmtlichen Bundesstaaten
Ketzer fidel durch die Gassen laufen —

Nirgends brenzclt ein Scheiterhaufen,

Nie wird das kleinste Hexlein gebrannt —

Ach, und das war' ja so hochpikant!

Aber die lieben patres Jesuiten,

Die werde:: nicht in: Land gelitten.

Und sie thäten uns doch so Noth,

Wie dem Magen das liebe Brot!

Statt daß die Ketzer die Seelen vergiften,

Würden sie Frieden und Liebe stiften,

Wie in: Garten die himmlischen Lilien
Düfte verbreiten in allen Familien,

Sorgen, daß sich bei Frauen und Töchtern
Ja nicht etwa die Sitten verschlechtern,

Gattinnen wirksame Mittel lehren,

Ungläubige Männer zu bekehren

Zum Heil ihrer Seelen — gut und kurz:

Sic steckten bald hinter jeden: Schurz!

Wurden noch auf den Tydtenbetten
viele von: höllischen Feuer erretten
Und die Erben zugleich vom bösen,

Lästigen, sündigen Mammon erlösen!

Aber -- eireu! Das soll nicht sein —

Solchen Segen läßt inan nicht herein!

Dafür fühlt die glaubenslose Presse
Sich gar mollig in ihren: esse,

Schirnpft uns Pfaffen und schimpft uns Zeloten,
Hctzkapläne und gar Jdicjten;

Sagt den: Volke mit jeden: Tag
Wahrheiten, die's nicht verdauen mag;

Unsere schönsten Zeichen und Wunder
Nennen sie Lüge, Schwindel und Plunder,

Gucken uns hinter die Loulifscn —

Braucht denn das Volk das alles zu wissen?

Und wenn ein freundlicher Seelenhirt,

Sagen wir mal: in der Thür' sich irrt
Und in christlicher Zärtlichkeit
Etwa geht einen Schritt zu weit,

Uv: dann durch liberale Jntriguen
Einige Jährlein Zuchthaus zu kriegen —

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Hängen sie es mit lautem Frohlocken
Allsogleich an die große Glocken,

Daß es ja nicht verborgen bliebe
Unter dem Mantel der Nächstenliebe,

Den doch wir auch zu allen Zeiten
Ueber die Blößen des Gegners breiten!

Doch das katholische pnblikuu:

Kümmert sich einfach nicht darum,

Schlingt tagtäglich begierig und munter
Dieses Teufelsfressen hinunter,

Und verdirbt sich, sozusagen,

Ganz unheilbar den Seelenmagen,

Abonnirt und inserirt,

Bis es dem Satan ins Netz spaziert!

Aber an lieblichen Tentrumsblättern,

Die man druckt mit geweihten Lettern,

Findet das laue Leferpack
Selbstverständlich keinen Geschmack.

Dbwohl erleuchtet von himurlischer Gnade
Sind sie Euch doch zu dumm und zu fade,
Gbwohl gewaschen init jedem Wasser,

Betituliren die Glaubenshasser

Unsere Zeitungen doch als Schmutzblätter,

Weil sie der Sitte nnd Tugend Schntzblätter!
Jnseriren bei uns? — Ja, Schnecken!

Dinge, die sich so gut bezahlen,

Kriegen ja nur die Liberalen. —

So fehlt's an allen Enden und Ecken
Und die Regierung insonderheit,

Thut sie vielleicht ihre Schuldigkeit?

Baut sie genug der Kirchen und Klöster
Für der elenden Menschheit Tröster?

Blos Kasernen werden gemauert,

Ivissenschaftlicho Institute,

Drinnen der Teufel Bitru lauert,

Baut man :nit frevelndem Ueberinuthe —

Aber zehn Häuser weit kann man gehen,

Vhne eine Kirche zu sehen!

Wollen wir mal mit neuen Gesetzen
Nur ein wenig die Freigeister Hetzen
Und ihre schamlosen Künste zerstören —

Wie erst neulich der gute Herr Rörcn —

Gleich wird gezetert und mit der lex
Ist es Essig, Amen und ex!

Und doch weiß der Racker von Staat,

Mas er an uns für Rückhalt hat,

Mas für tapfere, treue Soldaten
Gegen die rotheu Demokraten,

Die den Altar und auch den Thron
Stets bedrohen u:it Revolution -
Darum geb' er uns Subvention,

Mär's auch nur etwa eine Million! - —

So! Doch bevor wir zum Schluffe eilen,

Hab' ich Euch noch etwas mitzutheilen:

Wenn wir nächstens den Reichstag wählen,

Wird sich ein Lompxomiß empfehlen!

Laugt's nicht für einen gläubigen Lhristen,
Kinder, dann wählt init den Socialisteu;

Diese in: gleichen Fall sodann
Wählen dafür einen Leutrumsmann.

Grdre parirt! Und kein Gekrittel,

Denn der Zweck, der heiligt die Mittel
Und der Zweck, der ist innner der:

Stets zu mehren des Lentrums Ehr!

Merkt es i Euch in drei Teufels Namen,

Ihr Lümmel! Pax vobiscum! Amen!

I Idyllische Zustände

Im n: chtamtI: chen Theil des „Reichs-
a»zeig ers" fanden wir kürzlich folgende reizvolle
Skizze, die das Leben unseres Reichskanz-
l e r s auf Werk! schildert:

„Auf dein herrlichen, wildreichen Landsitz ver-
bringt der greise Staatsmann, von der liebenden
Sorge seiner zahlreichen Verwandten umgeben,
jetzt seine Tage. Mit fester Hand lenkt er die Zügel
der Regierung, und auch die anscheinend wichtig-
sten Ereignisse vermögen ihn nicht aus seiner
seelischen Ruhe zu bringen. Sein Motto ist der
bekannte Wahlspruch des kaiserlich römischen Hof-
dichters Q. Horatius Flaccus: Aequam memento
Register
Büsch: Idyllische Zustände
Fritz Frh. v. Ostini: Eine neue Kapuzinerpredigt
Monogrammist Frosch: Die Schutzengel Waldersee's
 
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