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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 5.1900, Band 2 (Nr. 27-52)

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Nr. 44 (29. Oktober 1900)
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Nr. 44

JUGEND

1900

„Möge Juxiter plumus uns gnädig fein!" sagte Herr von
Hülsen am Morgen der Grundstcinlegungsfcicr des Limesmuscums,
indem er zu dem trüben Himmel cmporblicktc.

„Beim Zeus!" brummte Jupiter, der mit seiner heidnische»
Sippschaft neugierig heruntcrlugte. „Sonst hört man von nix als
vom Lhristenrhum, aber zum Laiserwettermachen, gelt, da is unser-
eins wieder guat gnual"

„Vcnuscrl, druck di net so füril" rief Mars, „es kunnt leicht so a

Lexheinzler dcrbei sein-ja, was i glei' sagen wollt: Schad,

daß der Mommsen net dcrbei isl wenn der die römischen Rriegcr
da sehn thati"

„Ja", erwiderte Jupiter, „da hätt' er doch auch amal a Freud
an am Militari!"

„Jesses", rief Merkur, „schau nur die zwoa da an, wie die auf
einmal 's rennen anfangcn — aha, die Ham die weihrauchpfandin
anz'zünden vergessen!"

„No", lachte Apollo, „auf die ganz G'schicht »auf werden sich
die halt denkt Ham, es thät so schon langen!"

Man zwang sie fast zum Christenthum, F- Scholl
Das nahmen die Buddhisten krumm.

Der Doktor Lieber, fest zum Papst-Rom steht er —
O wär’ er doch in China Stabstrompeter!

Ich mein’, man sollt’ den Zeppelin
Mal ordentlich am Läppel ziehn.

„Wann,“ seufzt die gute Kat hi, „wann,
Komm’ ich mal in den Vatikan?“

Wenn Deutschlands Flotte auch zur Rache segelt,

Wer weiss, ob Russland nicht die Sache regelt.

A, Schmidhammer

Lied

Lin freies Leben führen wir
Zn Deutschland allerwegen,

Wir trinken Wein, wir saufen Bier,

Hat keiner was dagegen;

Und essen darf der deutsche wann
Soviel, als er bezahlen kann.

von hoher Dbrigkeit bewacht,

Frei von Regierungssorgen,
verschlafen wir die ganze Rächt
Bis an den lieben Morgen;

Und unbeschränkt kann jeder still
Sich träumen lassen, was er will.

Und denken darf am hellen Tag,
Auf offnem Markt — zum Henker! —
Lin jeder, was er denken mag
Bei uns im Land der Denker;

des deutschen Melt-Vürgers von

Zu sagen braucht er es ja nicht —

Lin Rarr, wer seine Meinung spricht.

Im Glauben gibt es keinen Zwang:
Man darf bei allen Wettern
Zur Messe geh'n mit Glockenklang,

Darf in der Bibel blättern,

Darf ungeniert der frömmste Christ,

Za Mucker sein und Pietist.

Die Kunst ist wie der Vogel srei,

Sie dienet nur dem Schönen.

Ls läßt sogar die Polizei
Mit Feigenlaub sie krönen,

Und der Philister, der ste kränkt,

Wird ohne weitres aufgehenkt.

Richts ist der Poesie versagt,

Richts fesselt ihr die Schwingen,

2*1. mo

Das Höchste darf sie unverzagt
Verherrlichend besingen;

Zn Deutschland hält den Dichter-Lauf
Kein Kaiser und kein König auf.

Wer trotzdem gerne reisen thät.

Braucht nicht daheim zu hocken;

Lr fragt, wo es nach Lhina geht,

Und macht sich aus die Socken.

Man fährt ihn um die halbe Welt,

Der Staat bezahlt das Reisegeld.

Hurrahl Lin Leben führen wir,

Lin Leben — hols der Deirell —

Voll Freiheit, Wonne und plaistr,

Vom Rheine bis zur Weichsel,

Von Straßburg bis nach plöhenfee —
Und wer's nicht glaubt, geh' hin und seh'l

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Register
A. Mo.: Lied des deutschen Welt-Bürgers
Monogrammist Frosch: Titelvignette und Illustration zum Text "Göttergespräche an der Saalburg"
Fritz Scholl: Illustrationen zu Schütelreimen
Walter Caspari: Illustrationen zu Schütelreimen
Arpad Schmidhammer: Illustrationen zu Schütelreimen
[nicht signierter Beitrag]: Göttergespräche an der Saalburg
 
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