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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 5.1900, Band 2 (Nr. 27-52)

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Nr. 45 (05. November 1900)
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Nr. 45

JUGEND

1900

Walther Piittner (München)

Der flok

Sin ffiärchen aus Hrkadiert

Es war einmal ein kleiner Rönigs-
prinz; der war allerliebst und nett.
Einmal sprach er zu der Rönigin:
„Majcstätinamachcnl Ich habe einen
Floh,"

„Das ist sehr traurig!" erwiderte die
Rönigin. „2lber ich bitte, behalte ihn
nur für Dich!"

Betroffen rannte der Prinz in die
Spicgclgallcrie.

Dort trippelte seit zwei Stunden der
Hoferzmarschall hin und her.

„Epcellcnzgnadcn I" rief der Prinz ihm
zu. „Ich habe ciufn Floh!"

Der Hoferzmarschall machte einen allcr-
unrerthänigsten Bückling, etwas tiefer
noch als sonst, als wäre die Reverenz
für den allerhöchsten Floh gleich mir
dabei. Zu entgegnen aber vermochte er
nichts, sondern trippelte wiederum weiter
durch die Gallerie.

Da suchte der kleine Prinz den alten
Schloßkapla» auf; er wußte, daß der
Rönigsvarcr in sorgenvollen Augcnbli-
cken zu diesem zu eilen pflegte.

„Eminenzgnadcnl" sagte er, „ich habe
einen Floh!"

Die Eminenz verneigte sich auf das
Tiefste.

„Das ist wahrhaftig ein Ereigniß!"
cnrgcgnete er gcmcffcn und vertiefte sich,
nachdem er eine» merkliche» Ruck nach
seitwärts gerhan, wiederum in seine
Psalter.

Nun sprang der Prinz hinaus vor
die Stadtmauern.

Da kniete ein kleines Mädchen im
Rlee und kettelte Löwcnzahnstcngel.
„wer bist Du," fragte der Prinz.
„Ich bin das Filippinchenl"

„Und was thust Du da?"

„Ja, ich kettele Löwcnzahnstengel!
lind wer bist Du 7"

„Ich bin der Prinz Llublu!"

„Und was machst Du denn da?"
„Ich habe einen Floh!"

Das Mädchen lachte hell auf.

„Ja," sagte cs, dann mußt Du ihn
halt suchen l"

„wie macht man das?"

„Du mußt Dich nur auszichen — dann
wirst Du ihn wohl finden!"

Der Prinz zog sich »»verweilt aus.
wie er so klar und frisch in der
Sonne stand, da wurde das Mädchen
roth über und über. Es ließ das Lö-
wenzahngckringcl auf den Bode» fallen
und eilte nach der Stadt zu.

Der Prinz zog sich wiederum an und
lief stracks nach Hause.

„Majestätmamachen I" sagte er zu der
Rönigin. „warum werden die kleinen
Mädchen so rorh, wenn sic einen Floh
sehen?"

Die Rönigin erwiderte nichts.

Sie stand auf, legte die Rronc auf
den Tisch und setzte sich das neueste
pariser Lhapotbütchen auf.

„Es ist eben Zeit, in den Hofgartcn
zu fahren!" sagte sie und verschwand
in der Doppelthür.

Der kleine Prinz aber dachte sich: —
es scheint wirklich am besten zu sein,
ihn für sich zu behalten, wenn man
einen Floh hat! Floch

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Walter Püttner: Das Knusperhäuschen
Flock: Der Floh. Ein Märchen aus Arkadien
 
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