Nr. 6
JUGEND
(Redaktionsschluss: 23: Januar 1901.)
Der Hagel jum Sarg
Ultranwntane Lamentation aus
Oesterreich
l)err, ha»' auf die Köpf' von den Bauern;
Denn sie haben Schädel als wie die Mauern.
Trotzdem wir ihnen schilderten alle Höllenqualen,
Sind unsere Kandidaten jämmerlich durchgefallen.
O Misericordia I
Da haben wir geschimpft und gedonnert von der
Kanzel.
lind haben nns dennoch heransgekegelt kein Kranzel.
Alles ist verdorben durch die radikalen politischen
Werbhnnd',
Gott vergelte es ihnen in ihrer Sterbstnnd'l
O Misericordia l
Und wir haben doch ein so kräftiges Gebiß besessen,
Daß wir unsre Gegner konnten gleich am Kraut
anffrcssen.
Jetzt sind die halben Zähn wacklig und die halben
fauli,
Und ganz ansgebrochen der Ebenhoch nnd der Dipan li.
O Misericordia l
lvir wollten gern jahraus, jahrein nur Abbruch
und Bnaß thean,
Beten und Almosen geben und dazu barfuaß geahn,
Wollten kein Fleisch mehr anrühren
hei einer Todsünd',
Wcnn's unser ehrbarer Stand dadurch
wieder zu an Ansehen bringt!
O Misericordia!
lserr, laß die Liberalen in d' ewige
. Verdammnis; hatschen,
Und gib Jedem, der ihre Zeitungen liest,
a damische Watschen"
Der .fuchs und der Kathrein sind grad'
noch dnrch die Wahl dnrdff g'rntscht,
lsat wenig g'fehlt, wären die Zwei
auch g'wesen futsch!
O Misericordia I
Ihr himmlischen Mächte, thut euch zu uns nieder
neigen
Und laßt uns bald wieder spielen die erste Geigen!
Erbarmt euch unser nnd unserer ehrwürdigen
Glatzen,
Sonst müssen wir ja Alle vor W»th zerplatzen!
O Misericordia! I.aiirin
Das „Wiesbadener Tagblatt" berichtet: „Hohe
Ehre wurde vergangenen Donnerstag dem Gcsang-
verein „Wiesbadener Männer-Klub" zu theil.
Derselbe wurde von seinem hochverehrten
Ehrenmitglied« Baron Freiherrn von
Knoop gelegentlich eines Herrenabends zum Vor-
trage einiger Chöre eingeladen. Die vorgetragenen
Chöre fanden bei der h ohen H errschaft, sowie
den hochverehrlichen Gästen, die sich aus den
h ö ch st e n Kreisen rekrutirten, ungetheilten Bei-
fall. Herr Baron Freiherr v. Knoop be-
dankte sich im Namen seiner Gäste persönlich
für die tadellosen Leistungen des Vereins und
ließ sodann die Sänger in seiner wevthen Be-
hausung reichlich bewirthen."
Da wundert nns nur, daß nicht auch vom
Aller wert heften die !)iede ist!
Paraphrase
Lehr sehlau und taktlseh in der Tinte,
Sitzt er doch faktisch in der Tinte.
THe Atanüarinenritterschaft,
Die invaliden Köpfe,
Gewinnen wieder Zugendkraft
Und schütteln ihre Zöpfe.
Heinrich Heine: „Der Kaiser von Lhina"
Genehmigt jeder Paragraph,
Den Zremdenfeinden Tod und Straf'
Demüthig nicket ihr „Zawotl!"
Zum ganzen ZriedensprotokoU
Die TKandarinenritterfchaft.
Sobald es an das Köpfen geht,
Die Sache nicht so glänzend steht —
von einem Tuan keine Spur;
(Man liefert als Ersatz uns nur
Die invaliden Köpfe.
wenn im Loncert der (Macht' erhebt
Sich Zank — wie da vor Zreude bebt
Lin jeder Mandarin von Rang —
Selbst Kranke wie der Li Hung Tschang
Gewinnen wieder Zugendkraft.
So sich Chinesen heimlich sehn
Und fragen sich, ob soll' geschehn,
was im vertrag steht, einstens auch —
Sie halten lachend sich den Bauch
Und schütteln ihre Zöpfe.
Ioief Lauffs „Adlerflug"
Wie paßte doch zum preuß'schen
K r ö n n n g s s c st c
So trefflich das Poem voll
Josef Laufs!
Er setzte zum Entzücken aller Gäste
DemPhraseuthum- dieKrvueaus.
Hbu Seid
Wenn wir den Kneissl-Hiesel fangen
Thun wir ihm das an’s Füssel hangen.
Das Zuchthaus steht grad heute leer, Fritz Scholl
Sonst nahm er dort die Leute her.
Herausgeber: Dr. GEORG HIRTH; verantwortlicher Redakteur: F. von OSTINI; G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwortlich für den Inseratentheil: G. EICHMANN, sämmtlich in München
Druck von KNORR & HIRTH, Ges. m. beschr. Haftung in München.
ALLE RECHTE VORBEHALTEN.
JUGEND
(Redaktionsschluss: 23: Januar 1901.)
Der Hagel jum Sarg
Ultranwntane Lamentation aus
Oesterreich
l)err, ha»' auf die Köpf' von den Bauern;
Denn sie haben Schädel als wie die Mauern.
Trotzdem wir ihnen schilderten alle Höllenqualen,
Sind unsere Kandidaten jämmerlich durchgefallen.
O Misericordia I
Da haben wir geschimpft und gedonnert von der
Kanzel.
lind haben nns dennoch heransgekegelt kein Kranzel.
Alles ist verdorben durch die radikalen politischen
Werbhnnd',
Gott vergelte es ihnen in ihrer Sterbstnnd'l
O Misericordia l
Und wir haben doch ein so kräftiges Gebiß besessen,
Daß wir unsre Gegner konnten gleich am Kraut
anffrcssen.
Jetzt sind die halben Zähn wacklig und die halben
fauli,
Und ganz ansgebrochen der Ebenhoch nnd der Dipan li.
O Misericordia l
lvir wollten gern jahraus, jahrein nur Abbruch
und Bnaß thean,
Beten und Almosen geben und dazu barfuaß geahn,
Wollten kein Fleisch mehr anrühren
hei einer Todsünd',
Wcnn's unser ehrbarer Stand dadurch
wieder zu an Ansehen bringt!
O Misericordia!
lserr, laß die Liberalen in d' ewige
. Verdammnis; hatschen,
Und gib Jedem, der ihre Zeitungen liest,
a damische Watschen"
Der .fuchs und der Kathrein sind grad'
noch dnrch die Wahl dnrdff g'rntscht,
lsat wenig g'fehlt, wären die Zwei
auch g'wesen futsch!
O Misericordia I
Ihr himmlischen Mächte, thut euch zu uns nieder
neigen
Und laßt uns bald wieder spielen die erste Geigen!
Erbarmt euch unser nnd unserer ehrwürdigen
Glatzen,
Sonst müssen wir ja Alle vor W»th zerplatzen!
O Misericordia! I.aiirin
Das „Wiesbadener Tagblatt" berichtet: „Hohe
Ehre wurde vergangenen Donnerstag dem Gcsang-
verein „Wiesbadener Männer-Klub" zu theil.
Derselbe wurde von seinem hochverehrten
Ehrenmitglied« Baron Freiherrn von
Knoop gelegentlich eines Herrenabends zum Vor-
trage einiger Chöre eingeladen. Die vorgetragenen
Chöre fanden bei der h ohen H errschaft, sowie
den hochverehrlichen Gästen, die sich aus den
h ö ch st e n Kreisen rekrutirten, ungetheilten Bei-
fall. Herr Baron Freiherr v. Knoop be-
dankte sich im Namen seiner Gäste persönlich
für die tadellosen Leistungen des Vereins und
ließ sodann die Sänger in seiner wevthen Be-
hausung reichlich bewirthen."
Da wundert nns nur, daß nicht auch vom
Aller wert heften die !)iede ist!
Paraphrase
Lehr sehlau und taktlseh in der Tinte,
Sitzt er doch faktisch in der Tinte.
THe Atanüarinenritterschaft,
Die invaliden Köpfe,
Gewinnen wieder Zugendkraft
Und schütteln ihre Zöpfe.
Heinrich Heine: „Der Kaiser von Lhina"
Genehmigt jeder Paragraph,
Den Zremdenfeinden Tod und Straf'
Demüthig nicket ihr „Zawotl!"
Zum ganzen ZriedensprotokoU
Die TKandarinenritterfchaft.
Sobald es an das Köpfen geht,
Die Sache nicht so glänzend steht —
von einem Tuan keine Spur;
(Man liefert als Ersatz uns nur
Die invaliden Köpfe.
wenn im Loncert der (Macht' erhebt
Sich Zank — wie da vor Zreude bebt
Lin jeder Mandarin von Rang —
Selbst Kranke wie der Li Hung Tschang
Gewinnen wieder Zugendkraft.
So sich Chinesen heimlich sehn
Und fragen sich, ob soll' geschehn,
was im vertrag steht, einstens auch —
Sie halten lachend sich den Bauch
Und schütteln ihre Zöpfe.
Ioief Lauffs „Adlerflug"
Wie paßte doch zum preuß'schen
K r ö n n n g s s c st c
So trefflich das Poem voll
Josef Laufs!
Er setzte zum Entzücken aller Gäste
DemPhraseuthum- dieKrvueaus.
Hbu Seid
Wenn wir den Kneissl-Hiesel fangen
Thun wir ihm das an’s Füssel hangen.
Das Zuchthaus steht grad heute leer, Fritz Scholl
Sonst nahm er dort die Leute her.
Herausgeber: Dr. GEORG HIRTH; verantwortlicher Redakteur: F. von OSTINI; G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwortlich für den Inseratentheil: G. EICHMANN, sämmtlich in München
Druck von KNORR & HIRTH, Ges. m. beschr. Haftung in München.
ALLE RECHTE VORBEHALTEN.