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1901

Nr. 8

Glückvvunlck

Königin Mihelmina hat bekanntlich ihren Bräu-
tigam zum „Schorn - bij - nacht“ (sprich S - chaut
bei Nacht — Kontre-Admirah ihrer Jlottc und zum
Generalmajor ihres Heeres ernannt.

Steure glücklich Deine sckrnucke ölackt
Nun, Prinz Heinrich, in cler 6ke Haken
Dncl bewähre Dick als einen braven
Allzeit wackern Sckout-bij-nackt!

Line lex Stockmann

deren oberster Grundsatz lautet: .,Nur das,
was sich ziemt, soll auf dem Theater
eine Stätte haben!" dürfte einen ziemlich
weitgehenden Einfluß auf das Repertoire unsrer
Bühnen haben.

„Faust" wird verboten, denn in dem Stück
kommt ein absolut unziemliches^ verhältniß zwi-
schen einem Herrn, der sogar Theologie studiert
hat und einem Mädchen vor, das sogar ein kleines
Rind bekommt.

„Egmont" — verboten! Aehnliches unsau-
beres verhältniß, wenn auch ohtie Rind und Theo-
logie. Dazu Selbstmord und Lächerlichmachung
eines kgl. Beamten, Namens vansen! Lauter

Unziemlichkeiten.

„Iphigenie" — verboten! Andeutung eines
Verhältnisses der Heldin mit Pylades, das nie zu
einer legitimen The führen kann, weil Lhristen-
thum damals noch nicht vorhanden. Man sieht
so recht an dem Stück, wie Goethe der „christ-
liche Ernst" fehlt.

„Tlavigo" — verboten! Schon wieder ein
unziemliches verhältniß!

„Torquato Taffo" — verboten! wegen der
über alle Begriffe unsittlichen Scene, wo Taffo
der Prinzessin seine Liebe erklärt, wozu soll das
führen? Soll die hohe Dame etwa einen ganz
gewöhnlichen Dichter hcirathc» ? Ziemt es sich
überhaupt, daß Unterthanen prinzessinen umarmen,
ohne dazu ausdrücklich befohlen worden zu sein?

„Gocy von Berlichingen" - verboten! Ist
überhaupt der Typus des Unziemlichen.

„Rabale und Liebe" - verboten! A. Lieb-
schuft. B. Ungehorsam gegen den Vater. L-. Läe.
leidigung einer allerhöchsten lNartreste. -Miß-
handlung eines ^ofmarschalls. -^ord und
Selbstmord durch Limonade. F. Verletzung des
Amtsgeheimnisses durch Mittheilung an die Re-
sidenz,' wie man Präsident wird lauter Un-
ziemlichkeiten erster (Ordnung.

„Die Räuber" — verboten! Einfach eine
Sammlung von Unziemlichkeiten, Raub, Mord,
Plünderung, Verhöhnung der Geistlichkeit um»
eine Ausdrucksweise!

„Fieses" —weg damit! Verschwörung, Mord,
weiß Gott was, nur nichts, was sich ziemt.

„Maria Stuarr" — verboten! Mortimer
und Maria — siehe Taffo und Prinzessin!

„Jungfrau von Orleans" — verboten! Agnes
Sorel skandalöses verhältniß mit dem Rönig.

„Don (Carlos" — apage Satanas! Verhöhnung
der heil. Inquisition, Liebe eines Sohnes zur Stief-
mama — pfui!

„Teil" — verboten! Meuchelmord und Re-
volution.

„wallcnstein" — verboten wegen ähnlicher
Reute. Ebenfalls Verhöhnung eines Elerikers.

U. f. w., u. f. f.l

Aus der Sache kann übrigens bittere Wahr-
heit werden, denn Herr Stockmann hat im Reichs-
tag geistige Dualitäten an den Tag gelegt, die
ihn zum Beirath Dumraths ganz hervorragend
qualifiziren. ' Raus

. JUGEND .

Der neue Mttarch

Als Kitchener neulich von Roberts Ab-
schied nahm, drückte er dem scheidenden Rollcgcn
nochmals kräftig die Hand und sagte trostvoll:
„Die Unterwerfung der Bure» ist ja nur noch
eine Frage der Zeit!"

„Die wir nicht mehr erleben werden!"
fügte der Feldmarschall hinzu und schiffte schnell
sich ei».

»Aber, Herr Gchcimrath." sagte Abgeord-
neter Stockinann (der im Reichstag so weid
lich über den Gocthcbund geschimpft)zu Goethe,
„wie können Sie nur Höckels .welträthfel'
lesen!"

„Hab ich denn nicht selber," erwiderte die-
ser, Dichtung und Wahrheit' geschrieben?
Ucbvigcns empfehle ich Ihnen meine Werke
zur Lektüre I"

Hiebei drehte sich der Altmeister um
und holte seinen GLtz von der Stellage.

Im preußischen 2lbgrordncrcnhause hakte sich
Bülow für einen höheren Getrcidezoll erklärt.

„Bisher war Bülow in wivthschaftlich po-
litischer Beziehung ein unbeschriebenes Blattl"
sagte ein Abgeordneter.

„Und jetzt ist bereits ein Mordsklcp dar-
auf!" eiferte Richter.

„Ich weiß nicht," sondirre ein Reichs-
tagsabgcordnctcr einen Diplomaten
„diese Annäherung an England — ob das
gut ist — was halten Sie —"

„Das Maul 1" versicherte dieser.

Aus einem

Lbinesisch-Deutichen Wörterbuch

lrei-äi — die Heimkehr

kutseh — das Geld

pa-pa — die Familienanzeige

bei-tsung — die Lohlenthcucrung

ha-tsi — die Erkältung

tsi- bring — die letzte Hoffnung

lrun-ns — der Ssldatenbvief

pa-Ie-w — das Verseyobjekt

sbei-äung — der Wunsch der Gattin

H. T.

Tm )ubeljahr

(Zu der Zeichnung auf der letzten Seite)

7|eber den Sternen wandeln zwei,

^ Reden und ralhen mancherlei,

Blicken herab vom Himmel,

Blicken zum deutschen Norden hin —
„hei, was balgt sich dort in Berlin
5ur ein tolles Gewimmel?“

Spricht der Eine mit trübem Blick:
„Sreund, mir bangt es um das Geschick
meines Dockes da drunten —

3ft das der alte, knorrige Stamm,

Raub und ehrlich, derb und stramm,

Der einst die IDelt überwunden?

hörst Du das Kreischen und öreudengejohl?
Siehst Du sie um Gott rßammons Jdol
Tanzen, vom Rausche beflügelt?

Seil wird die Ehre wie Dirnen-Ruß,

Und die Parole heißt: Geld und Genuß!
Reine Begier wird gezügelt!" —

Spricht der Zweite, im Eifenwamms:
„Herr, die Geschicke des deutschen Stamms
Machen mich selber bangen!

Sd)au nur, es hält an ihrem Rleid
Jungfer Germania, die reine Maid,

Schon der Brite gefangen!

Macht er sie gar wohl zum Rrämerweib?
Könnt’ ich ihm nur an den seiften Leib,
Dem perfiden Gesellen!

Selber treibt er dem Ende zu —

[Dill er vorher noch um Glück und Ruh
Tückisch die Deutschen prellen?

Mächler da unten: Hab' Acht! Hab' Acht!
Daß er Euch ganz zu Narren macht,
Wächter, das darfst Du nicht leiden!"
Aber der treue Ruf verhallt —
Opferqualm in die höhe wallt,

Da entschwinden die Beiden.

Schreitet zum Herrgott das greife Paar:
„Laß uns da drunten die trunkene Schaar
Zhrem Verderben entrinnen!

Schicke den Thoren Gefahr und Noth,
Laß fie mit Thränen falzen ihr Brot,

Daß Ne fid) wieder besinnen!"

Hermann

3m österreichischen Parlament

Was suchst Du rechts, was suchst Du links,
was suchst Du in der Mitte?

Du armes Kind harrst eines Winks,

Daß man hier gern Dich litte.

Doch keiner hat im Kreise rings
Lin Dhr für Deine Bitte.

In diesem Haus ist schlechterdings
Kein Plätzchen für die Sitte. proteu«

!



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Register
Proteus: Im Österreichischen Parlament
Hanns (Hans): Eine Lex Stockmann
K. T.: Chinesisch-deutsches Wörterbuch
Plutarch [Pseud.]: Der neue Plutarch
Hermann, Herrmann [Ostini]: Im Jubeljahr
Arpad Schmidhammer: Illustrationen zum Text "Der neue Plutarch"
Da.: Glückwunsch
 
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