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Nr. 13 (Redaktionsschluss: 13. März 1901)




*5?

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A Scfimidhammer

Die Celepbondame

. JUGEND .

Die Telepbondame

Krettl-Lied vor, Paul von Schönikan

Helenchen kam durch Protektion
Zn's Fernsprechamt, zum Telephon
JRit fünfzig Kronen Monatslohn.

Halloh I

Von drallem Wuchs und kerngesund,
Wie rothes Sieg'Iack war ihr TNund,

Die vollen Formen apfelrund.

Hallohl

Und eine Stimme hatte sie,
wer die gehört, vergaß ihn nie,

Den Sphärenklang der Poesie.

Halloh!

Helenchen war auch ziemlich schlau,
Durch's Telephon kannt' sie genau
Den Unterschied von wann und Frau. —
Halloh!

Sprach sie per Draht mit einem wann,
Wie himmlisch klang ihr Stimmchen dann!
Schad', daß man es nicht schildern kannt
Halloh!

Beim strengsten Dienst, zu jeder Zeit
War sie zur Neckerei bereit,

Und schelmisch klang's voll wunterkeit
Halloh! . . .

Ganz hingerissen war daran
Der Associs der Firma Kohn:

„Sr.iort in Leinen und Lr ton."
l! Halloh^

Lr gab Helenchen keine Nuh,

Lr bat sie um cin Rendezvous
Und stehe da: sie sagte zu.

Hallohl

Zur späten Stund' am Donau-Duai,
Traf Lenchen ihren Associs,

Ls war sonst Niemand in d:r Näh!
Hallohl

Lr sprach von Leinen und Lreto i
Und fand nicht gleich den recht.n Ton.
Am dritten Tag ging's besser schon.
Halloh!

Am vierten Tag charmirten sie,

Am fünften schon soupirten sie,

Warum nicht, was riskirten sie?

Halloh!

Lr hielt das holde Lenchen aus,

Und nannte sie nur „Süße Waus",
Helene lebt' in Saus und Braus!

Hallohl

Sie ging einher in Seid' und Lammt,
Wer dachte, daß dem Fernsprechamt,

Die stolze Schöne war entstammt!

Halloh!

Bekam nun selbst ein Telephon
Als Schatz des Associs von Äohn
Und braucht' mehr keinen wonatslohn.
Hallohl

Doch wännertreue harrt nicht aus,

Gar bald zerstoß der Traum der „Waus"
Und Lenchen flog zuletzt hinaus.

Hallohl

Nun sucht sie wieder Protektion,

Sei's ein Baron, sei's ein Herr von —
Vielleicht auch nur ein neuer Kohni
Halloh!

1S01

Der weiberhaffer

0» Strindbergs dritter Vermählung)

Das Weib ist eine Teufeln,;
wir Männer gleichen Engeln,
wir lassen uns am Schürzenband
Langsam zu Tode gängeln.

Ich wollte von dem grausen Fluch
Die Menschheit längst erlösen.

Drum schrieb ich fiebernd Luch um Buch;
Doch ist's umsonst gewesen.

Nun aber fand ich bessern Rath:
was nutzen alle Worte?

Erschließt doch nur die rasche Thar
Des Himmelreiches Pforte.

Drum frisch gewagt! Heiraten wir,

So oft und viel wir können,

Damit wir unser Elend hier
Tagtäglich neu beflennen!

Ein Thor, den in der Praxis je
Die Theorie genierre!

Ich bin bereits bei Nummer drei,

Es lebe hoch die Vierte!

Denn eh' ich nicht das letzte Weib
Auf dieser Welt geheuert,

Ist auch von Weiberfurcht und haß
Mein Her; nicht reingescheuert. Ta>-„i>

Der DamenTcbneider

„Hermann Bahr erlernt zwecks ZNilieuftudien in DS-
croiles Rlodesalon die Damenschneiderei." (3t. Fr. Pr.)

Er machte seit je die Mode mir
Vom Schlips bis auf die Socke.

Er frifirre sich stets nach neuestem Schnitt
Die schmachtende Dichterlocke.

Er kannte Paris wie sein Portemonnaie
lind schwärmte für jede Nouveauts
In Rleidern, Run ft und Leben.

Er geruhte, zum Aerger von ganz Berlin
weil ihm ein Dichter zu wenig schien,
2llljährlich seinem geliebten Wien
Zwei neue Genies zu geben.

Er spann sein eigenes Dichterwerg
Zu flatternden Spinnefäden
Und entdeckte den Peter Altenberg
Und machte von ihm reden.

Er beschrieb verzückt, wie den Heiligen Gral,
In seinem kritischen Modejournal
Das Räuspern der neuen Geister.

Er sprach im intimsten Gesellenjargon
Mit vielen Bücklingen und manchem Pardon
Von Stoffen und Farbe, von Schnitt und Faxon,
Als wär' er ein Schneidermeister.

Heil ihm! Er ist's! Ernst wurde der Spaß.
Schon schwingt er Scheere und Nadel,

Schon nimmt er zitternd das Taillenmaß
Den Damen vom hohen Adel.

Schon dichtet er in Dscrolles Salon
Ein Leibchen aus Sammr und ein seiden Iupon.
Schon pflegt er beim Anprobiren,
wie Goethe einst, der Geheime Rath,

Bei seiner geliebten Vulpius that,

Auf der schönen Llientin Schulterblatt
Die Hexameter zu skandiren.

Nun jauchze, mein Wien, und gürte Dich'
Paris liegt stöhnend am Boden.

Hermann, der Befreier, kürre Dich
Zur Rönigin der Moden.

Nun wechseln wir alle, ob wiener, ob fremd
Tagtäglich die Rleider, wie früher das Hemd
Nun wird's erst Frühling auf Erden.
Allftündlich wandelt sich Blau in Grün,
Allfekündl ich sieht man die Rosen verblüh',,
Heil, Hermann Bahr! Heil, glückliches Wien
Ws die Dichter zu Schneidern werden!

Wespe

Herausgeber: Dr GEORG HIRTH; verantwortlicher Redakteur: F. vom OSTINI; G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwortlich für den lnaeratentheil: G. EICtiMANN, säramtlich m .vlüncueu

Druck von KNORR & HIRTH, Ge», m. beschr. Haftung in München.

ALLE RECHTE VORBEHALTEN.
Register
Arpad Schmidhammer: Die Telephondame
Tarub: Der Weiberhasser
Paul Schönthan von Pernwaldt: Die Telephondame
Wespe: Der Damenschneider
 
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