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Nr. 28

- JUGEND -

1901

3m Dacbtcafe

Arpad Schmidhammer

(Oberkellner: „Unö Sie, meine Herren, wollen Bildung haben?" — Studenten: „Nein, Kaffee!"

Neues von SerenMimus

Serenissimus geht mit Kindermann zu Höchst-
seiner Erholung im Parke spazieren und gewahrt
ein Schmetterlingspaar im Hochzeitsfluge.

„Aeh, Kindermann, sehn Sie mal, äh da,
Zwillinge .

Oer Moritz Hufricbtig

hat erst vor Kurzem eine „gute Partie" ge-
macht. Seine Frau ist zwar buckelig, hinkt
und schielt, auch gehört sie schon einem „älte-
ren Jahrgang" an, aber man erzählt, daß sie
über eine Million in die Ehe mitgcbracht hätte.
Eines Tages geht Herr Aufrichtig nun mit
seiner Frau am Ring spazieren, da begegnet
er zufällig seinem Freunde Teirclbaum aus
Pest. Dieser begrüßt ihn freudig, und als
er dann erfahren, daß die Dame an der
Seite seines Freundes dcjscn Frau sei, flüstert
er ihm ganz bestürzt ins «vhr:

„Aber wie haste denn die hcirathcn können?
So e Mißnickl Und bucklig is sie, und hat-
schen') thut se und schieckcl» 1*)"

Ruhig gibt 11)111 Aufrichtig zur Antwort:
„Rannst schon laut reden! Taub is sc auchI"

') hinken. 2) schielen.

Jur Saison

Wanderer, kommst Du nach Irgendwo und

Du findest

dorten ein Fremdenbuch, schleunigst dichte hinein.
Nimmer schreibe alltägliche Prosa, so Du
ein wahrhaft gebildeter Mensch.

Denn das Einzig-Nichtige ist Dichten.
Felder gibt cs ja Einige,
die können nicht dichten, — so schlimm
steht es noch heute um die Erziehung des

Säuglings.

Du aber weißt: Ein Gedicht flt,

wenn beiderseits aus dem Blatte ein Nand ist

und es reimet sich hinten.

Zuweilen findest Du freilich mit schnödem Witze
eine Bemerkung gefügt an Dein poetisch Gedicht.
Empörend ist Solches; doch laß Dich's nicht irren:
Nüchterne Krämer thnn dies, voll Dünkel
ob ihres „klaren Verstandes". — Du bleibe
gefühlvoll-romantisch und dichte,
ruhig dichte nur fort, so lang Dein Bleistift ist.
(Koh-I-Noor dichtet am besten, doch auch
Faber No. 2 dichtet sehr schön.)

ft. Rassmuilcr

Uebersetjungskunst

Ea urbs aestiva agentibus sedes est.

(Curtius)

Diese Sradr ist dicSommcrfrischesürAgcnteii.

gz6

Goethe — ein Böcklin Prophet?

Am (3. Dezember (826 sagte Goethe zu
Eckermann: „Ich habe nun der deutschen Malerei
über fünfzig Jahre zngesehen, ja nicht blos zu-
gesehen, sondern auch von meiner Seite einzu-
wirken gesucht, und kann jetzt so viel sagen, daß
so wie alles jetzt steht, wenig zu erwarten ist.
Ls muß ein großes Talent kommen,
welches sich alles Gute der Zeitsogleich
aneignet und dadurch alles übertrifft.
Die Mittel sind alle da, und die tvege gezeigt
und gebahnt. Pabcn wir doch jetzt sogar auch
die phidiasse vor Augen, woran in unserer Jugend
nicht zu denken war. Ls fehlt jetzt, wie ge-
sagt, weiter nichts als ein großes Ta-
lent, und dieses, hoffe ich, wird kommen;
es liegt vielleicht schon in der Mi ege
und Sie können seinen Glanz noch er-
leben." — Ls lag zwar noch nicht drin; aber
ziemlich genau zehn Monate später, am (6. Ok-
tober (827, kam es an — nämlich Arnold Böcklin.

W. Il H.

flu$ einem 5cdüleraulsaire:

„Wie unsere Klaffe photographirt wurde?"

Zuerst wurden wir hin ge richtet; dann
hielten wir unsere Münder und schauten recht
freundlich auf den großen Gipskopf des kjerrn
Photographen. • “
Index
[nicht signierter Beitrag]: Neues von Serenissimus
A. Hassmüller: Zur Saison
[nicht signierter Beitrag]: Übersetzungskunst
Arpad Schmidhammer: Im Nachtcafé
[nicht signierter Beitrag]: Aus einem Schüleraufsatze
W. R. H.: Goethe - ein Böcklin-Prophet?
[nicht signierter Beitrag]: Der Moritz Aufrichtig
 
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