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£$ ist erreicht — Bier steht er, neugebacken,
der Rerr Prof. Dr. der Slowaken

Qm öfterr. Reichsrath apostrophirte Abg. vr.
Pommer (deutsche Volkspartei) die Slovenen
mit folgenden Morten:

„Errichten Sie erst Bürgerschulen, bringen Sie Ihr
elendes Volksschulwesen auf eine höhere Stufe und dann
denken Sie an die Errichtung von Universitäten! Ihr
heutiges Vorgehen erinnert an eine Lultur-
eigenthümlichkeit der Reger, welche die Be-
kleidung ihres Leibes nicht mit Hosen und
Stiefletten beginnen, sondern damit, daß sie
auf den nackten Körper einen Lylinder setzen.")

Aus dem üorlesungs-üerzeicbniss

der proiektlrten slowenischen Uniwersität

(Dem gegenwärtigen Stand von 66% Analphabeten
entsprechend).

„Ucbec das kleine A-B-C, nebst einigen wicht-
igen Lauten des großen." vierstündiges
Collegium. Dozent: Professor Ferjancie.
„Studium und Erläuterung ausgewählter
Stücke aus der Rinderfibel." Si eben-
st ündig. von Professor vr. Schusterschitz.
„Die Ausdehnung der Rörper durch die Wärme"
mit Demonstrationen im physikalischen Insti-
tute. Nur für vorgeschrittene. Linstündig.
Dozent: der Institutsleiter vr. Lupul ufw.

. JUGEND .

Uom Splitter und vom Balken

Ais im Reichstag Bebel die Aeußerung eines
vaterlosen Waisenkindes verlas, es möchte gerne in
den Himmel, da hätte es keinen Hunger mehr, rief
Graf Arnim dazwischen: „Der Vater hat wahr-
scheinlich Alles versoffen!"

O weh, Herr Graf! Das nenn' ich arg entgleise»,
Das war ein böses Wort zu böser Zeit!
Ihr wollt es auf kuriose Art belveisen,

Daß Ihr die Edelsten in, Volke seid!

Die Ihr, Eluh nach Belieben satt zu speisen,
Nach andrer Leute sauren Groschen schreit,
Ihr hört des Hungers bange Klage tönen
lind habt als Antwort Schimpfen blvs

und Höhnen!

Ihr hättet auf den Mann nicht schelten sollen
Und hätt' er wirklich Alles durchgebracht:
Wie Viele doch von Euch, den Salbungsvollen,
Wie Viele haben's g'rade so gemacht!

Wie Viele sah'n ihr Geld beim Spiel entrollen,
Wie Viele tauschten für Genuß und Pracht,
Für volle Tafeln und für schöne Pferde,

Für Wein und Weiber ihrer Väter Erde!

Wenn dieses Schauspiel nicht so oft sich neute,
Thät's Manchem jetzt nicht Noth, so laut

zu schrei'n —

Das sollte füglich für gelvisse Leute
Ein guter Grund zu mildrer Denkart sein!
Drum habt genug an dieses Kampfes Beute
llnd heimset still die goldne Ernte ein —
Ihr braucht wahrhaftig nicht durch

Euer Schmähen
Noch mehr des Hasses in die Welt zu säen!

,,.I iigeiid“

Der Prinzgemahl

ITleTodie: „Einlf Ipielf Ick mit Szepfer.

Cinft war Ich ein Prinz nur, doch spielt'

ich den sterrni

Oie sterren am stoke, lie hatten mich gern.

Oie Oamen nicht minder, so will’s die Dalur,

Sie tanzten und kniften und machten die (2our.
sich konnte sie lieben, auch ohne zu krei'n —

0 selig, o selig, ein Prinz noch zu sein!

Zetzt bin id) kein Prinz mehr, doch welcher

Skandal!

Oie 3rau trägt die Krone, ich bin nur 6emahl!
Und mach' ich ein steu'chen, so meldet

man's schnell!

Und Hab' ich ein Schwipschen, so gibt's ein Duell!
Und gibt's keinen Erben, — wie alle da schrei'n:
Oer Schuldige kann nur der Prinzgemahl fein!

Elkan

Unverbürgtes

Nach dem parlamentarischen Abend beim
Reichskanzler blieben für einige Herrn statt
ihrer neuen Hüte nur einige abgegriffene Ropf
bedeckungen übrig.

„Da sollte man," meinte Bülow kopfschüt-
relnd, indem er die schäbigen Deckel betrachtete,
„am Ende dock) Diäten gewähren!"

Ecclesia triumphans

(General voyron berichtete, daß der französische
Bischof und apostolische Legat Lavier die Plunder
ungen ln Peking veranlaßte.)

I6eu-Detde!berg

Alt-Heidelberg, Du feine.

Jetzt machen sie Dich neu,

Am Neckar und am Rheine
verschwand die alte Treu.

Stadt fröhlicher Gesellen,

Du kriegst ein neues Schloß:
Trüb spiegelt sich in den Wellen
Der Rokokokoloß.

Und kommt aus Süden heiter
Der Zrühling her in's Land.

So schneidern Dir die Schneider
Tin neues Brautgewand.

Ach! wärst Du alt geblieben,
Kein' and're käm' Dir gleich.
Lin Jeder würd' Dich lieben
Im großen deutschen Reich!

Jetzt aber, da von vornen
Und hinten Du lackirt,

Geb' ich dem Roß die Sporen,
Daß es mich schnell entführt!

Corset und Strafgesetz

Der französische Arzt und Frauenrechtler vr.
Philipp Maröchal fordert von den Frauen soeben
gebieterisch die Emancipation vom — Corsel.
Er meint:

„Hier müsse der Staat selbst eilig» eisen und ein Ge
sch erlassen, demzufolge die Fabrikation von Schnür-
leibern in ähnlicher Weise wie die von Waffen ein-
gesdiränkt wird. Unter diesem Gesetz soll es einer
Frau unter dreißig Jahren verboten sein, ein Corsct
oder irgend etwas diesen» Aehnliches zn tragen.
Dawiderhandelnde sind mit Gesängniß von drei
Monateii bis zu einem Jahre zn bestrafen. Im
Falte minorenne Mädchen mit dem schädlichen Cor-
sct betroffen werden, sind Eltern oder Vormünder
bis zu tausend Francs Geldstrafe in Anspruch zn
nehmen."

Es läßt sid», ohne Uebcranstrengung der Phan-
tasie, ei» Zukunftsbild entwerfen, welches sich in
der Gerichtssaal-Chronik widerspiegeln würde, wenn
der Staat dem vr. Maröchal den Gefallen thäte.
und der Arm des Gesetzes sid> nach dem Schnürleib
ausstreden würde; z. B.:

Aufsehen erregte die Verhaftung einer eleganten
Dame, die schon seit längerer Zeit von Criminal
schutzmännern und Detektivs beobachtet wurde, da
ihre enge Taille längst Verdacht erweckte. Erst gestern,
als sie die Unvorsichtigkeit beging, in einer Conditore,
ihren Mantel abznlegen, gelang es, sie de« Ver-
gehens des verbotenen Miedertragens zu überführe».
Ungeachtet ihres Lengnens, und obwohl sie „aut
Taille" schwor, nicht geschnürt zu sein, wurde sic
in Hast genommen.

q> *

Eine bekannte Beautö unserer Stadt, Fräulein
Melanie*, die bereits zweimal wegen unbefugten
Miedertragens, unter Zuerkennung mildernder Um-
stände, zu einer dreimonatlidien Freiheitsstrafe ver-
»rtheilt wurde, stand gestern als eine unverbefferlian
Rückfällige, abermals vor den Geschworenen. Der

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Register
Monogrammist Frosch: Zeichnung zum Text "Es ist erreicht"
[nicht signierter Beitrag]: Aus dem Vorlesungs-Verzeichniss der projektirten slowenischen Universität
P. v. S.: Corset und Strafgesetz
Monogrammist Frosch: Ecclesia triumphans
Redaktioneller Beitrag: Vom Splitter und vom Balken
Tarub: Neu-Heidelberg
[nicht signierter Beitrag]: Es ist erreicht - hier steht er, neugebacken, der Herr Prof. der Slovaken
 
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