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Nr. 47

JUGEND

1902

3m 3[cirthcil

Serbftfeuerbunte Buchcnhänge,
von Abendgluth noch überloht,

Bis nieder in des Thales Lnge
Lin Meer von Wipfeln, Gold und Roth!
Und rauschend in der Tiefe gleitet
Der Bergstrom, schimmernd wie Dpal —
D wie Dein Bild die Seele weitet
Und stille macht, mein Zsarthal!

Leicht weh'n verlorne Geigentöne
von jenes Steilhangs hohem Kranz:

Dort wirbelt nun die derbe Schöne
Der Bursch im letzten Kirchweihtanz! —
Dort Hab' auch ich gejauchzt, gesungen
Und Hab' in Zugenöübermuth
Lin blondes Kind im Dan; geschwungen,
Das war mir heimlich treu und gut!

(Db ich den grauen Stamm noch finde,
Wo sich's so traulich plauscht und fitzt
Und wo ich in die glatte Rinde
Zwei Rainen und ein Herz geschnitzt?

Db noch durch grüner Wilvniß Mitten
Das Weglein führt im Buchendom,

Das wir dereinst im Mai geschritten,
Heiß-eng umschlungen, hart am Strom?

Und hier des Thurmes weiße Mauer,

Der sich aus braunen Wipfeln hebt,
Grünwald, um das der Vorwelt Schauer
Geheimnißdunkle Märchen webt!

Horch: ob da nicht im stillen parke
Roßtritt und Waffenklirren hallt?

Db Herzog Lhristoph wohl, der Starke,

Um schwere Blutthat spukt im Wald?

Lin Rascheln ist — ein Aestekrachen —
Mir ist, als hört' ich, hart und grimm,

Den schwertgewandten Herzog lachen:
„Run, Abensberger, geht's Dir schlimm!

Ach nein kein SpukI Aus meinen Träumen
Hat schnöde Mitwelt mich geschreckt:

„Mein Schatz, das darfst Du nicht versäumen:
Sieh nur den köstlichen Effekt!" —

Lin Malweib ift's mit ihrem Trauten,

Die treten aus dem Wald an's Licht,
Worauf in Sachsens weichen Lauten
Der fanftgelockte Jüngling spricht:

„Li ja, Louise! Zm Dktober
Zst's doch am Scheensten hier herum:

Der pure Krapplack mit Zinnober
Und Mennigroth mit Gadmium!"

F. v. O.

Max Hagen (München)

fßoltke und Bismarck

von Heinrich von pozchinger *)

^Aismarck befintrte die Politik als die Kunst des
e'ia Möglichen, und Moltke die Strategie als die
Anwendung des gesunden Menschenverstandes aus die
Kriegführung, Aus solchem vernünftigen Geiste her-
aus haben sie gewagt und gehandelt und von ihren
Kriegszügen der harrenden Nation des Reiches Herr-
lichkeit heimgebracht. Bis zur Vorbereitung des
Krieges von 1866 >var das beiderseitige Verhältnis;
ein vorzügliches. Moltke sah in Bismarck den Mann,
der aus einem tüchtigen Geueralstabsofficier einen
großen Feldherrn machen konnte, und Bismarck hin
wiederum hatte bei den zahlreichen Besprechungen,
welche er seit der Uebernahme des Ministeriums
mit Moltke über die Frage der Leistungsfähigkeit
der Armee gehabt, die Ucberzeugung gewonnen,
daß dieser kaltblütige und berechnende Kopf bei dem
Waffengang mit Oesterreich die preußischen Fahnen
zum Siege führen würde. Der Eine also brauchte

*) Der Beitrag lag uns bereits für unsere Moltkc-
Nummcr, also lange vor Erscheinen des neuen Werkes
von Ottokar Lorenz vor, konnte aber damals ans tech-
nischen Gründen leider nicht gebracht werden. Da die Aus-
führungen H, v, Poschingcr's die Kapitel, welche Ottokar
Lorenz dem Verhältnis, beider großer Männer widmet, nach
verschiedenen Seiten hin ergänzen, dürften sie auch heute
noch von unseren Lesern willkommen geheißen werden.

782
Register
Heinrich v. Poschinger: Moltke und Bismarck
F. v. O.: Im Isarthal
Max Hagen: Zeichnung zum Gedicht "Im Isarthal"
 
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