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1003

JUGEND

Nr. 19

IJrühlingimCDoos E- L- Hoess (Immenstadt)

sehen; und es kam nur vor, als würde alles in
mir und um mich Licht — ein Licht, das uns
beide umfloh in dem dunklen Gange.

Ich feierte jetzt die fröhliche Auferstehung als
verlorener Sohn und Mitglied einer sehr angesehenen
Kopenhagener Bürgerfamilie. Erstaunte Verwandte
fanden sich im schwägerlichen Hause an den „Seeen"
ein; und meine Frau Schwester lächelte süffisant
befriedigt, während ihr Stubenmädchen herumservirte.
Ich selbst war vollständig gebändigter Freibeuter,
lahmgelegt, wiedergewonnen, reif zum Heirathen
einer Cousine. Dasselbe müssen auch mein Be-
nehmen, meine Mienen und meine Conversation
bezeugt haben, denn nach dem Diner lächelte die
ganze liebe Familie schlan-schmunzclnd mit über
den Bäuchen gefalteten Händen.

Selbst sah ich still und verdutzt da, unruhig und
glücklich. Ich lauschte nur Schritten, die gingen
und kamen: ich wartete aus die paar Worte, die
eine Stimme zu sagen hatte, die melodisch und
traurig, einschmeichelnd und eindringlich in mich
drang. Wenn ich aufblickte, sah ich zuweilen in ein
Gesicht und muhte mit meinen Augen mitlachen;
denn war die Haltung dieses jungen Körpers wie

ein Bogenstrich auf dem Cello uno das Gesichts-
profil wie ein Volkslied in Noll, so war das en
i'ace wie ein munteres und trotziges Lachen mitten
am hellen Tage. Ich hatte früher nicht bemerkt,
dah meine angesehene Familie solch dehnbare Nasen
hatte, die nach Belieben in die Länge gezogen wer-
den konnten. Ich wollte so gerne in die klaren
Kastanienaugen — hellbraun und milchweih —
sehen: aber sie glitten immer eigensinnig zur Seite.
Und so hatte ich mich nur an die eine Wange zu
halten, wo ein paar Sommersprossen an die weihe
Haut getupft waren und wo der ganze Gesichts-
ausdruck lag, — ernst und schelmisch, gut und fest,
lachend und wissend. Deine realistischen Dichter
würden es als ein Muskelspicl erklären; ich nenne
es die Seele. Und ich wühle, wenn ich ihr diese
kleine Stelle kühte, wäre das Traurige schon ge-
schehen, wie die Pietisten sagen. Denn oft genug,
wie sie hin- und hcrging, stand es wie ein Licht-
schein um sie herum; und dann sah ich mit meinen
eigenen Augen ein kleines Mädel an ihrer Seite
gehen mit erstaunten Kastanienaugen und dem lächer-
lich runden und kühlen Kindermund und seiner
Mutter Zügen, und die meinen eingesprengl.Mein

i*7

Freund knipste an seiner Cigarre, zupfte ungeduldig
an seinem Hut, brach ab und schwieg. Wir waren
aus Vestcrbro angclangt.

„Und die Geschichte?" fragte ich.

„Ach so, die Geschichte," lachte er auf. „Du hast
ja schon ein ganzes Capitel. Sehen wir uns nun
zuerst an, wie unsere gesetzten und besseren Mit-
menschen sich solide amüsiren! Dicke Beine, volle
Busen, und das schweinerne Lirumlarum ..."

Ein groher Saal empfing uns, — mit Licht und
vielen Menschen und einem Orchester unter der
Bühne, wo eine Dame nach Noten schrie und trillerte.

Ola I)ansson

Gpigramm.

So manchem affigen Modeherrn
Schrieb' ich in; Stammbuch gar ;u gern:
„0 dass sie ewig grünen bliebe,

Die schöne Zeit der jungen — Hiebe!"
Register
F. S. [Salzer]: Epigramm
Eugen Ludwig Hoess (Höß, Hoeß): Frühling im Moos
 
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