Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 44

1903

koewe's „Italienische stelse"

Der alte Goethe lenkte feine Blicke
Hoch vom Olyinpe jüngst nach Rom hinab,
Daß ihn das wunderreiche Land erquicke,

Das er dereinst durchquert am wan^crstab.

Er spricht: „Die schöne Zeit ist nun vorüber,
wo ich umherzog jung und heiter hier.

Doch hat mein Denkmal jetzt

das Reisefieber

Und sucht bescheiden sich ein Standquartier.

Erft wollte es sich friedlich niederlassen
Am Monte Pincio, den man zugesagt,

Jedoch es schien den Römern nicht zu

passen

Und schmählich wurde es hinweggejagt.

Das gute Denkmal ward darob nicht böse,
Es sucht' in stiller Demuth nach Ersatz.

Und schließlich in der Villa der Borghese
Fand sich versteckt ein kleiner Gnadenplatz."

Da fliegt ein Lächeln über Gocthe's Züge
Und leise schmunzelnd fährt er also fort:

„In Gottes Namen, Römer! Ich begnüge
Mich gern mir diesem stillverborgnen Ort

Mein'twegen tausch' im Lande der Zitrone
Ich meinen Standplatz noch ein Dutzendmal.
wenn ich im Herzen freier Deutschen

wohne,

Ist mir das wälsche Denkmal

ganz egal."
Helios

UJenn Einer nicht Italienisch Hann

Janardeli: „Aber, Majestät, warum denn

zurück? ,Avanti* heißt ja ,v o rw är ts<!"

Verschiedene drtheile

„Ich freue Mich, daß die Enthüllung des Wagner!-
Denkmals in so feierlicher und würdiger weise vor
sich gegangen ist. Möge es für spätere Zeiten einen
Denkstein der Entwickelung deutscher Mu-
sik bedeuten."

Kailer Wilhelm II. an Prinz Friedrich ßeinrich.

Lin Denkstein der Entwicklung der Musik

Soll dieses Richard Wagner-Denkmal sein?

D nein! Der Lnkel sagt beim ersten Blick:

„Zürwahr! Lin echter Lberlein!"

Cri-Cri

^ortTdmtt

„Die Menschheit hat sich neben dem Herrn
den Himmel ausgeschmückt mit vielen herrlichen
Gestalten und frommen Christen, die Heilige ge-
nannt werden und an die sie sich Hilfe suchend
wendet; aber das ist alles Rebensache
und eitel."

Wilhelm II. bei der Conkirmation seiner Sohne.

Ich Hab' es nicht gesagt, doch bin ich einverstanden.

Es gilt das Lutherwort noch heut, wiewohl

es alt.

Doch schrieb' man's heute wo als Thes'

in deutschen Landen,

So kam' im Namen Roms gewiß

der Staatsanwalt!

Tarub

Der Uleltfriede ist gesichert \

Man schreibt uns: „Der epochemachende Ab-
schluß des englisch-französischen Schieds-
gerichtsvertrages hat ein so glänzendes Bei-
spiel gegeben ,daß nun auch alle übrigen europäischen
und exotischen Großmächte, Andorra, San Marino,
Montenegro, das Kaiserreich der Sahara einge-
schlossen, durch ihre Vertreter in Berlin einen Ver-
trag Unterzeichneten, der den Weltfrieden von
nun ab dauernd verbürgt. Er lautet, wie wir hören:

Die Unterzeichneten Staaten sind bereit,
künftig sich in allen etwa vorkommenden
Streitigkeiten der Entscheidung des Haager
Schiedsgerichtes bedingungslos zu unter-
werfen, vorausgesetzt

1. daß sie es überhaupt für gut finden, das
Schiedsgericht anzurufen,

2. daß dessen Entscheidung so aussällt, wie sie
wünschen."

■ Ob die Meldung auf Richtigkeit beruht, muß sich
erst erweisen. Kindischer, als der eben in die Welt
gesetzte französisch-englische Vertrag, wäre der oben
mitgetheilte Weltfriedens-Vertrag jedenfalls auch
nicht!

Meltcbronlk der „Zugend"

HDAanches weiß ich zu berichten
Heut von Reden und

Geschichten:

Bayerns dunkelschwarzer

Landtag

Hatte wieder einen Schandtag:

Line Generaldebatte
Zu des Landes Lage hatte
Man zum 20. Oktober
Angesagt und unser grober
Schädler schrie denn auch

horrend 'rum

Und verhimmelte das Lentrum!
Jammerte, die Kirche sei
Ganz und gar bei uns nicht frei,
Und es wäre nichts als diese
Freiheit ihre Kampfdevise
Und sie stritten im Gefechte
Einzig nur für ihre Rechte;

Rückte in den hellsten Glanz
Daun des Zentrums Toleranz,
Den Jesuiter Berlichingen
wusch er weiß von schwarzen

Dingen;

Denuncierte; dementierte
wieder das, was ihn genierte,
Renommierte mit der Mehrheit,
welche für das Eentrum war' heut,
Unbesiegbar, riesengroß —
wenn auch diese Mehrheit blos
Dem mißbrauchten Priesteramte,
wie ein Jeder weiß, entstammte;
Drohte grimmig den Ministern,
welche sich nicht ganz verdüstern,
Mit dem Takte, der ihm eigen,

Sie gehörig heimzugeigen;

Hatte eine Riesengosche,

Blies sich auf gleich jenem Frosche,

Kurz, er war halt ganz und gar
Schädler, wie er immer war!

Seine ruppig-bäuerischen
Witze warf der Heim dazwischen,
Beifall wieherten die Schwarzen,
Unter Schmalzlerdosenknarzen
Klang's voll Selbstzufriedenheit:
„Herrgott Sakra. Mir san

Leut!" —

Daß auf all' die Flunkerei
Einzuge'hn hier nützlich sei,

Glaub' ich nicht — wer denken kann,
weiß, wie stets bei diesem Mann
„Sprüche" nur so niederhageln —
Aber eins ist festzunageln:
was er sprach mit kühnem Schwung
Don der Kunstentsittlichung,
Don gemeinen Ansichtskarten
Und von andern Zotenarten,

Die man überall erblicke,

Doch nicht wirksam unterdrücke.
Und die Linke, meint' er, trifft
Jetzt die Schuld an all' dem Gift,
weil sie doch die edle lex,

Die das deutsche Tentrum zwecks
Sittenhebung ausgedacht,

Seiner Zeit zu Fall gebracht!

Mit Derlaub: Die Schuld dabei
Hat des Tentrums Heuchelei!
Wider die infame Bande,

Die der Lüsternheit im Lande
Mit gedruckten Schweinereien,
Solcher weise Vorschub leihen,
wollten wir, da links herüben,
Scharf Gericht mit Freuden üben —
Aber macht man dann Gesetze,
wendet in verruchter Hetze

Sie die Rückschrittskompagnie
Wider Kunst und Poesie,

Weil sie Andern das nicht gönnen,
was sie selbst nicht leisten können,
weil sie rein und unbefangen
Nie zu dem Genuß gelangen
Einer Kunst, die nnverhüllt
Zeigt der Gottheit Ebenbild,
Sondern hinter allem Nackten
Späh'n nach demPervers-Dertrakten!
Darum hat man ihr Gesetz
Angeseh'n als leer Geschwätz,
Darum ist das Eentrum Schuld,
Daß man stets mit Lammsgeduld
Dulden, statt es derb zu strafen,
Muß das Pack der Pornographen. —

Als Minister großen Stils
Gab sich Herr von podewils
Und, was kühn sich zu behaupten,
weil wir ihm's ja doch nicht glaubten,
Selbst der Schädler nicht erdreistet,
Hat er lächelnd sich geleistet,

Als er sprach: „Es scheint uns ein
Lratholiken-Pretzverein
Doch politisch nicht zu sein,
Sondern kirchlich religiös!"
Exzellenz, das Wort war bös!
wenn sich j etz t n o ch unsre Schwarzen
Wider Ihre Werbung barzen
Und für Sie noch nicht erwärmen
Und Sie zärtlich nicht umarmen —
Dann sind diese Stur in ge sei len
Nie zufrieden mehr zu stellen
Und vergeb'ne Liebesmüh*
wenden Excellenz an die! —

Garstiges erfährt man — ha!
Don dem Fürsten Nikita,

8-12

Montenegro's Landesvater:
In Empfang genomnien hat er
Gelder aus der Russen Hand,
Brot zu kaufen für sein Land;
Gleich im Daraus auf zehn

Jährchen

Hat der Schwarzen Berge Zär'chen
Jene Gelder eingenommen
Und sie waren hochwillkommen;
Doch heraus gibt er sie ungern
Und sein Land, das läßt er hungern,
Große Unzufriedenheit
Herrscht darum dort weit und breit,
Don der Revolution
Krächzen Unglücksraben schon.

Ach, sie hängen in Lettinje
Ihn vielleicht an eine Pinie!

Doch dem Fürsten und Poeten
Hieße das zu nahe treten,

Denn er hat Familiensorgen
Und es will ihm Niemand borgen
Und da nimmt er halt das Geld,
wo er's findet auf der Welt!

Herodot

flßünchner Gespräch

Kremplhuber: „No, wia wars
denn bei der Eröffnung von diM
neu'n Restaurant?"

Grandler: „I sag Dir, so a
Gemeinheit is inir no net vorkemma.
Ei'g'schenkt Hamms unter all'm Hund
und ma hat se net beschwer'n kinna,
weil's Bier nix kost' hat."
Register
Cri-Cri: Verschiedene Urtheile
Ernst Stern: Wenn einer nicht italienisch kann
Helios: Goethe's "Italienische Reise"
Herodot [Pseudonym]: Weltchronik der "Jugend"
[nicht signierter Beitrag]: Münchner Gespräch
Tarub: Fortschritt
[nicht signierter Beitrag]: Der Weltfriede ist gesichert!
 
Annotationen