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Nr. 45

schief, der Schlnmperl. Erst hat er als sanfte
Mahnung bei der Fnttcrstrcuerci — table d'höte,
— wo er ncbtt uns sitzt, mitn Kompott seine
Visitenkarte!,i anstheilt' und anfn Papa seine
awart! Die is aber nicht kommen. Macht nix!
Nacher hat er einen Schlager etabliert wie ein
peld aus'» Snndcrmannschen Winterquartier. „Ich
bin nicht von, Iserr Graf, muß ich bitten, ich bin
Schlumpermann schlechtweg; aber der einzig echte
Bopfenschhnnpcrmann aus 2?. Sic gestatten die
Richtigstellung." —

„Das macht nix, Herr von Tschunkclmann,"
hat der Papa ''n beruhigt. (Gr merkt sich nie ein
Ram', der Papa, auf den er nicht traditioneniveisc
dressiert ist), „auf der Reis' und erst im Karlsbad
is alles ahupft wie gsprungn." Der Papa is
immer mit die Leut' sehr freundlich. <Er sagt nie
so was Starkes wie die Mama. Gr is ganz ab-
normal. Gr laßt jedn scins und planscht mit
jedn, den er dann wieder nie mehr kennt. Gr is
so a bissel ddcadence, der Papa, er nuanciert nicht.
Dein Schlumper! is aber leichter gwesn nach der
Karte,icxposition. Bei der Suppn hat er anbandclt
mit uns, beim lhendl war er schon in voller Gxi-
stenzbclcuchtung mit Eigenlob. Gr hat Moneten,
er is kein Iud nicht, wann er auch schimpft über
die Iudn. Gr is ein grosses, selbstgemachtes Vieh
nach hinunter, lieber sich selber thut er nie ein
unhcimlichs Gehcimniß machen, er sagt alles.
Ivenn „u, nicht fragt, antwort er. Gr zahlt
zwanzig Kronen Pension. Der Papa zahlt sieben.
Gr hat ein Vierspannel mit. Ivir habn nur die
Füss mit. Gr kann seine Banknoten nicht dcr-
zählen, wir hätten für unsere nicht bis zehn zählen
lernen brauchen. Gr hat überall was, wo er hin-
tritt, wir treten immer nur den Boden ab, auf
dem ma nix mehr finden. Gr is nix, aber er hat
was. Mir wären was, aber ma Ham nix. Ivo
is da der Ausgleich? —

IDir haben ihm aber riesig g'falln. dem
SchlumperI. Riesig! die Mama englisch angzogn,
staubgrau, reserviert mitn Gschau, was nicht
sicht, und die Bhrn, was nicht hörn, furchtbar
feudal, wie ein Extrakt aus Gomtesseln und Stifts-
damcn gstampfl. Sic hat zerst so was Eisiges
ghabt mit ihm, dass der nutzcldickc Krawnzl mit
ein G'scheppcr auf seinen Ilebcrziehcr gschaut hat.
Dann hat er sich a Flasch! extra Nussbcrger bc-
stellt zum Gouragi trinken. Mitn Papa also Hab
ich schon gsagt, wic's war. Der Papa is immer
aufgregt in Grtcn, wo es viel kosten könnt, auch
wenn er's nicht zahlen muss. Gr isst alles hin-
ein, auch was er nicht schmecken kann, damit sich
die Table d'höte rentiert, und er liest in einem
fort nix als alte Preiscourante von alle Botels.
Dann ärgert er sich gelb drüber und schimpft wie
ein Tschcch im Reichsrath. Das is seine Kur.
Gr kann nicht anders: Gcldausgcben macht ihn
nervös. Gr kriegt 's fluchen. Beim Mehlspeisessen
hat mich der Schlumper! wohlwollend angeschaut.
Ich Hab' gfrcffn wie ein Mastviecherl. „Retter
Jung", hat er gsagt. Drauf bin ich aufgstanden
und Hab mich vorgstcllt, so gwiss mit'n schnarrcn-
den R—rr: „Graf so und so, auf von und zu."
So was! Das könnt ma passen, so ein Inkognito
als „netter Junge". Ich, der 's Majorat kriegt.
Der protzcrl is erst konsternirt gwesn, dann hat
er gebrütet, nache hat er a zweites Gi glegt —
eine zweite Karten. Die war für mich. Ich Hab
ihm gsagt, dass ich nicht für Ansichtskarten bin,
weil mir das Geographielernen drauf von solche
Nester, von die ka Mensch was weiß, ekelhaft is.
Gr hat sich in mich vasticrt, er hat mit mir nix
mehr grcdt, bis bei die Krachmandeln. Da hat
er mich zum Ausfahren eingladen.

Na also, id) Hab ihm die Ehr' gebn. Seine
Gaul' sind ich passabel. Kutschirn kann er nicht.
Ich Hab ihms zeigen wolln, mir habn uns mit-
einander in Graben gschmissn. Dann hat er mir
ein Souper gebn. Ich Hab' mich ordentlich an-
gfressn. Gr kann schon froh sein, daß er mit mir
gsehn wordn is, der Protzerj. Es hat ihm gleich
an Anstrich gebn. Jetzt fahr i halt mit seine

Nr. 45

Roß, sitz ick) halt hinter seine lvcin und gib mich
mit ihm ab. Id) bin zu a guter Kerl und von
der Goterie is grad keiner da, daß id) mich dis-
kreditiren thät, also mack) ick) dem Kerl die Freud
und zeig ihm, was a Gavalicr im Iverdeprozeß
is. Seit die Mama dem Schlnmperl seine Equi-
page gsehn hat, hält und sieht sie ihn hin und
wieder, oder fixirt ihm sogar durch's Lorgnettl.
Sie hat ihm auch Etliches für drei Vereine z'Baus
abg'nommcn und an den Tag, wo er das zahlt
hat, sogar über ihn- hinübcrgegrinst, so g'wiß
schemenhaft.

Der Papa thut mit'n Schlumper! politisir'n.
Sie sag'n sich die grössten Gemeinheiten, aber ganz
objektiv so gwiß unbewußt. Der Protzcrl hat
Ueberzcugungen wie die meisten Leut, die nicht
von famille sein, und Ueberzeugungen cxplodircn
alleweil flegelhaft. Alte <S'|\i)id)t das.

Id) denk' mir, der Schlnmperl hat' nie so g'lebt
wie jetzt, er muß sich enorm gehoben fühlen. Id)
druck ihm jedn Tag was ab; natürlich, mann id)
ihm schon poussir! Id) glaub, er is total verliebt
in mich, weil id) ja aud) ein lieber Kerl bin. Gr
vastiert sich oft ganz in mid), wenn mir so bei-
einand sitzn und ich ihm meine Ansid)1en explicir'.
Und er zahlt alles. Gr is eigentlid) ein blödes
Rindvieh, das id) dreimal z'sammleg und in Sack
steck.

Ictz is der Ivuppsl pinkcnstcin ankommcn,
mein Freund. Lr is sd)on neunzehn und sehr
d)ic. Gr hat sd)on wirklid)e Schulden. Jetzt
kann ich natürlid) mid) dem armen Teufel, dem
Schlumperl, nimmer so widmen Ich Hab ihm
aud) gsebnitten, wie id) mitn Ivuppsl ihm be-
gegnet bin. Gr kann mich ja z'erst grüßen.
Nicht? ? ?

Der Ivuppsl is ein guter Kerl, wirklid). Gr
hat njx gcgn den Protzcrl. Gr sitzt momentan
anfn (trockenen in Geldtaschl und meint, wir
könnten den Sd)lumpcrl mitsammen anpumpcn.
Gr is die gute Stund selber, der Bursch, also
vorwärts! —

Der Protzcrl is mit einer andern Protzenseele
(Mensch ä la Blutwurst) im Kursaal gsessn. Mir
habn uns von hinten an ihm angschlichn, er hat
uns nicht gsehn.

„Hören Sie mal, heute will ich Ihnen den
größten Lausejungen in ganz Karlsbad zeigen,
lieber Speckmeier", hat er grad gsagt. „So'n Pro-
totyp, was sic hier ausstellen. Id) Hab mir's was
kosten lassen, das Unthierchcn zu studiren." Ivie
der Protzerl das sagt, taud)en wir vor ihm auf.
Gr steht nicht auf, er kommt nicht aus der Lon-
tenance. „Da is dat Musterjüngelchen mit Ver-
vielfältigung", sagt er. „Guck'n Sic'n Mal an,
Speckmeierchcn, is et »ich zu doll? lind dat.
sd)ickcn sc auf die Ausstellung für die Fremden!
— Allons Ferscnjeld, Herr Iraf. Schlumpermann
is jetzt für Kuriositäten nicht mehr zu spred)en.
Gr hat wieder seine Goterie! ..."

So hat er mit mir grcdt, der undankbare
Mistkäfer. Grad so. Ich crzähl's nur, damit
jeder mit mir fühlt, der vielleicht Sympathie für's
Ausländische hat und unsereins nicht so schätzt wie
er soll. Id) und der Ivupps, mir schützen uns
und 's Ilnsrigc. Mir vastehn uns. . . . Schwamm
über den Mistkäfer!

(Weitere Betrachtungen folgen I)

Reinh. Max Eichler (München)

(Bufcr (Kafß

Du willst Kein fchkechteo Q0»d) in Deinem

KchranKc?

(Wie Du es anfängst, kommt mir ein

Gedanke:

(verleihe akke lKüeher auf gut Glück.

Die guten Kriegst Du bald, die

fchkechten nie zurück!

li. E.

M ITTAGSTU N DE
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