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Von links nach rechts lieht man auf diefem schönen Bilde hier: Julius Diez

Den Daller, Feilitjfch, Podewils und Riedel mit dem Bier.

Weltchromk der „Jugend"

wenn bisher schon Bayerns

Landtag

Gänzlich in der Schwarzen Rand lag,
Für die Zukunft liegt wohl der
Drinnen noch viel gänzlicher.

Der Ministerpräsident

Findet dieses eminent

Und er sprudelte von „Witz ",

Als er vom Ministersitz,

Daß das Centrum wiehernd lachte,
So famose Scherze machte
Ob der Liberalen wuth,

Die ihm jetzo nichts mehr thut.
Neckisch auch erzählte er,
wie er mit dem Ort er er
Zwar gegangen sei spazieren,

Doch nicht zum Politisiren —

Nein, blos eine Danacee
Hat er gegen Magen weh
Diesem Rückschrittsdiplomaten
Menschenfreundlich angerathen!

Ach! Auch uns liegt viel im Magen,
welches schmerzlich zu ertragen,
Doch mit seiner Heilmethode will's,
Leidergottes Herrn v. podewils,
Uns von diesem Magendrücken
Zu befreien, gar nicht glücken! —

Der Berliner Herr von XOcxncxf
Der berühmt ist, insofern er,

Zwar als Maler dritter Güte,
Aber streitbar von Gemüthe,
wo es ging, die Secesfionen
Niederschimpfte ohne Schonen —
Dieser hat durch eine Schrift
Jetzt die ganze Welt verblüfft:
Denn er schrieb da — welch'

ein Hohn! —

„Anno Dreinundneunzig schon

wollt' die Münchner Secession
wählen nrich zu ihrenr

Präses!"

Alles schrie gleich „O Herrjeses!"
Als man dieses las im Drucke:
„war die Secession meschugge?"

Es ergab sich auch sofort,

Daß daran kein wahres Wort.
Aber, wie — o Werner, sprich! —
Kenia der Einfall über Dich? -
Leidest heute an Hallu-
cinationen etwa Du?

Oder warst Du, frag' ich schüchtern,
Damals nimmer so ganz nüchtern?
Und es zog beim Festdiner
An dem grünen Strand der Spree
Dir ein Schalk beim Schaumweinglase
Frech die Würmer aus der Nase?
Sicher ist nur eins: Blamoren
Bist Du über beide Ohren!

Künftig lass' die Schreiberei'n,
Anton — steck' die Feder ein! —

Line nationale Bühne

wollen kunstentflammte kühne
Leute jetzt in weinrars Auen
Für das deutsche Schauspiel bauen!
Daß der schöne Plan gelingt,
Glaub' ich noch nicht unbedingt,
Aber daß man ihn versucht,

Sei schon als Gewinn gebucht!
Alles, wenn es irgend nur
Unsre deutsche Volkskultur
Unabhängig macht und frei
Von der Urberlinerei,
von dem superklugen Kreis,
wo man Alles besser weiß,
von dem schnoddrigen Snobismus
Und dem Geisterdespotismus,

Den der kleinste Tintenbengel
Und der größte Ladenschwengel

Dorten übt voll Gift und wuth —,
All' das i st an sich schon gut.
Darum: frisch nach Weimar hin —
Los vom Wasserkopf Berlin! —

Neulich wollte man beweisen —

ach! —

Dr. Lewson, der in Lisenach

Bürgermeister ist, er sei
Allzu connivent und frei
Mit gewissen Sünderinnen,
welche zum Erwerbszweck minnen,
Umgegangen. Das Gericht
Theilte solche Meinung nicht
Und hat in den letzten Wochen
Den Beklagten freigesprochen —
Aber Eines — wunderbar! —
ward in der Verhandlung klar:
Daß von i\ der Kartendamen,

Die dort zur Kontrolle kamen
In dem schönen Städtchen Eisenach,
Zwei schon zählten zu den

Greisen — ach! —
Noch mit sechzig und mit siebzig
Jahren machten die beliebt sich
Bei der dort'gen „Lebewelt",
was man kaum für möglich hält!
Jedenfalls geht ziemlich weit
Solche Anspruchslosigkeit!

Göhre, der auf sein Mandat,
wie man weiß, verzichtet hat,
weil man allzu schlecht behandelt,
Abgewandelt und verschandelt
Ihn beim Dresdener:

Skandaltag,
Steht jetzt neu vor einem Wahltag,
weil jetzt wieder die Genossen
Aufzustellen ihn beschlossen,

Als Ersatz für Rosenow —

O! O! O! O! O! O! Ot

Gestern noch gar sehr verdächtig,

Heute wieder groß und prächtig,
Morgen in das Parlament —

So was heißt man consequent! —

vor dem Haager Schiedsgerichte
war nun endlich die Geschichte
Mit dem Venezueler Streit
Beigelegt nach langer Zeit.
Deutschland, wie wir froh vernommen,
Deutschland hat sein Recht

bekommen!

Da ihm das nicht oft passiert,

Sei es freudig gleich notiert!

England und Italien freilicht,
waren ebenfalls betheiligt —

Und ob Deutschland die Affaire,
wenn's allein gewesen wäre,

Auch so glatt gewonnen hätte —
Darauf wagt' ich keine wette!

Herodot

GrafMurawjew hielt nach Verlesuiag
des Urtheilsspruches in der venezolan-
ischen Angelegenheit eine Rede, in welcher
er betonte, daß die Arbeiten des Schieds-
gerichts, im Frieden begonnen, unter
Kriegslärm beendigt wurden, und daß
nach Beendigung des Krieges zwischen
dem europäischen und dem asiatischen
Volke das Licht von neuem leuchten werde.

Es fragt sich nun, hat Graf M. das
Licht des Friedens gemeint oder das Licht,
das die Kriegsfackel inzwischen in Europa
verbreiten könnte, oder das Licht der Weis-
heit, das vorn Schiedsgericht wieder aus-
strahlen wird, oder aber das Licht, das
Frau Bertha inzwischen betreffs des ewigen
Friedens aufgegangen sein wird?

'99
Register
Julius Diez: Die Eingetunkten
Herodot [Pseudonym]: Weltchronik der "Jugend"
[nicht signierter Beitrag]: Graf Murawjew hielt nach...
 
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