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<Hu0 ßt tzuöertus' (Reich Der grüne Ferdinand

III. Heimkehr

5m Hochwald oben war ich nachts gewesen,

2u tauschen, ob die Auerhähne bähten —

Froh stieg ich auswärts — einen hört' ich schon —
„Der Een? ist da!" ries jubelnd er, „der Een?!"

Ja, er hat Recht! Der Menschheit Eiebking ist
Doch endlich wieder auch bei uns erschienen
And drängt den Verg herauf aus alten Thäkern.

Hier ist noch Schnee, hier herrscht der Winter noch,
Dort unten aber keuchten schon die Halden,

Von Primeln übersät, die Dirken grünen,

Aus einem Meer von weiten Vtüthen ragt
Der spitze Lirchthurm in den blauen Himmel —
Hinab, hinab — dem Frühling in die Arme!

Hinunter gehts durch einen Buchenschlag
!it langen Schritten, eilig, unaufhaltsam —

Aus feuchtem Eaube lugen Anemonen,

Hellbraune Falter flattern liebefuchend
Die glatten, grauen..Stämme auf und nieder,

Lin warmes Lüftchen schmeichelt durchs Gezweig, Hamburger Fleischpasteten in unserem gan-

Iiieber Freund!

Ich gedenke, heute noch dieses wider-
sinnige Leben mit seinen chronischen Diät-
fehlern zu verlassen und in ein naturge-
mäßeres Jenseits überzusiedeln. Wenn Du
mir noch einmal die Hand drücken willst,
so spute Dich! Dein Ferdinand.

Natürlich wollte ich und griff sofort nach
Hut und Ueberrock. Aber was war das?
Ferdinand im Sterben,' der Hüne, den wir
vor einem halben Jahre noch um seine un-
bändige Gesundheit und Kraft beneidet hat-
ten? Und die eigentümliche. Form seins
Billets?

Aber da war ich schon und stürmte die
Treppe hinauf. Auf mein Klingeln öffnete
eine mürrische Frau mit einem grünen Koch-
löffel in der Hand.

„Katharina!"

„Jewesen!" sagte sie giftig. „Jetzt bin
auch ich nur ffr jriener Schatten, Herr Fritz!
'n jnä'chen Herrn werden se iebrigens bald
so weit haben!"

Die einst so stramme Beherrscherin von
Ferdinands Küche, deren Lendenbraten und

And Alkes strahlt im Glan? der Morgen sonne.

Kuckuck, Kuckuck! — ich lausche, stehe still
And blick empor — Kuckuck, Kuckuck, Kuckuck!

Dort oben sitzt er in der Vuchenkrone,

Von weiter Wanderung ?urückgekehrt,

And grüßt die liebe deutsche Heimath wieder.

Da kommt unwiderstehlich über mich
Der alte Dämon, den des. Hahnes Ruf
Aus langem Winterschlafs heut geweckt —■

Ich fahre auf — helldröhnend fällt der Schutz,
Stumm liegt vor mir der frohe kleine Sänger.

Roch stand ich tiefverstimmt — da hüllten Wolken
Die Sonne ein, verdüstert war die Gegend
Mit einem Schlag von schnellen, grauen Schatten,
5m kalten Winde fröstelnd stand der Wald —
Ls war, als hätt' den Frühling ich gemordet.

Hrtbur Scbubart

zen Bekanntenkreise einen Weltruf genossen,
sah jetzt arg vernachlässigt und vergrämt
aus. Sie öffnete mir die Thüre des Sa-
lons. Hier stand ein langer, frostiger Herr,
so mager, daß man ein Auge zukneifen
mußte, um ihn zu sehen. Für zweie war
er zu dünn.

„Doktor Kauz!" stellte er sich vor. Und
während er seinen schütteren, schmutzig-
grünen Vollbart strich, sagte er:

„Ihr Freund sieht seiner Auflösung ent-
gegen. Er wird als ein Triumph der na-
turgemäßen Lebensweise sterben, geheilt von
allen den Folgen unserer Cultursünden.
Uebrigens ist er der idealste Patient, der
mir je vorgekommen ist. Er ist nie um ein
Jota von meinen Verordnungen abge-
wichen. Treten Sie ein! Ich muß leider
zu'einem anderen Patienten!"

Ich stand endlich vor dem Lager des
Kranken, der mich bei meinem Vornamen
anredete und behauptete, er sei Ferdinand G.
Gekannt hätte ich ihn nicht. Wirres Back


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J. Carben
Register
Julius Carben: Frühlingsauszug
Fritz Frh. v. Ostini: Der grüne Ferdinand
Arthur Schubart: Aus St. Hubertus Reich: III. Heimkehr
 
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