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Leo Putz (München)

SCHERZO

und Kopfhaar bedeckten sein Haupt, das einst das
Haupt eines Antinous in feisteren Jahren gewesen.
Jetzt sah er aus wie ein Fakir, der sich begraben,
und über sich hat ackern, düngen, säen und ernten
lassen. Ein mattgrünes Feuer glomm in seinen
Augen. Die Neste seiner Person, so weit sie nicht
eine grobe, schäbige Decke verhüllte, waren durch-
scheinend grün, wie Chrysopras. Wie er so da lag
im Profil, konnte ich durch seine Nase das Mono-
gramm F. G. auf seinem Kopfkissen lesen. Welche
Veränderung seit einen: halben Jahre!

„Wie geht es Dir, armer Kerl?" sagte ich
voll Mitleid.

„Armer Kerl? Du meinst wohl, weil ich nicht
so widerwärtig apoplektisch aussehe, wie Du?
Mir geht es brillant!

„Aber Du schriebst doch
„Daß ich aus diesem unhygienischen Jammer-
thal fort will, fort muß! Ja! Wie man aus
einer Wohnung auszieht, in der Wanzen sind!
Aber deshalb kann man doch gesund sein! He?
Hab' ich ein Aton: schädliches Fett an mir? Zucker?
Eiweiß? Leide ich an Gicht? An Tuberkeln?
An Delirium tremens? An Nikotinvergiftung?
An Neuralgie, Neurasthenie? Bin ich verweich-
licht? Ich habe von den hundertundvier Kilo

Materie, unter denen ich seufzte, seit einem halben
Jahre sechsundsiebzig Kilo vergeistigt, in Gesund-
heit umgesetzt. Und daran sterbe ich — das hält
kein Mensch aus!"

Erschöpft sank er zurück. „Klingle!" sagte er-
matt und als dann Katharina in der Thüre er-
schien, hauchte er: „Etwas Spinat!"

„Spinat! Aber Mensch! Eine Tasse beef-
tea, ein Glas Portwein mit Ei. . ."

„Giftmörder!" schrie der Kranke. Katharina
aber ging seufzend^ab und brachte das Gewünschte.
Als Ferdinand einige Löffelchen von beut grünen
Mus gegessen, war er beruhigt und fuhr fort:

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Leo Putz: Scherzo
 
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