1904
bäuerisches liammersänger-Ouarielt
Mit nebenstehender Zeichnung)
Orterer:
Sam ma unser vier Brüada
In der Kammer, dös kennst!
Sam ma Alli recht sauba,
Aber i bin der Schönst'!
Den i bin der Schorscherl —
Paßt's auf, wann i kimm!
Z'erst kimm i — dann kimmt lang nix!
I Hab dö erst Stimm'!
Holdirö-i-ri-a, holdiro-i-ho!
Holdirö-i-ri-a, holdi-ol
Kohl:
Und i bin der König
Vom heilinga Goast,
Wann i anfang zum Dicht'»,
Paßt's auf, wia All's roasti")
Denn i bin halt als Dichter
Im Reich der Genies,
Akurat was der Kohl
Unterm Bleami-Reich is!
Holdirö-i-ri-a rc. :c.
Heim:
Aber i bin der Heim!
I sing' z' allerhöchst nauf,
I hab's größte Maul,
Reiß 's am weitesten auf,
I schimpf nur nach Not'u,
So voll Harmonie,
So hochmusikalisch
Is Koaner wia i.
Holdirö-i-ri-a .., je.
Dallcr:
Und i bin der Balthes
Und i Hab 'n Baß,
I halt dö ganz G'schicht z'samm
Mit etliche Maß!
Wann i amal ansang'
Und schrei: Mir wirds z'dumm,
Muaß Jeder sei Maul halt'»,
Sunst brüll i'n um!
Holdirö-i-ri-a... rc.
Nr. 28
*) davonläuft.
^oii 08 denn ausg'richt?" fragte ein
Hab 'n ner weiter stören wollen, er hat
- Liesch,» "gossen!"
kayeriscbes Harnmersänger-dZuarlelt
Kleines Gespräch
tz "Wir vom Zentrum," rief ein bayerischer
L^ndtagsabgeordneter, „Ham eben noch a
Erz für unsre boarische Heimat!"
»Und doch geht's net hoam!"
Ein Vorschlag
dürfte sich empfehlen, in Zukunft an neuen
?^chener Brücken folgende Warnungstafel an-
^"gen: „Vorsicht, Brücke fertig!"
Der neu« Vlularck
Ein Lenrrumsabgcordneter sollte beim
^^'58s>ninistcr r>. 2lsch Besuch machen, um
e Versöhnung mit Dr. Pichler anzubahncn.
Jugend-Lektüre
Außer gegen Roseggcr's „lvaldbauern-
bub" (vgl. S. 565 dieser Nummer) haben die
bayerischen Kammer-Ultramontanen ihre Hetze
auch gegen Storm's „Pole Poppenspäler"
gerichtet. Sie verlangen, daß diese von der Negens-
burger Iuaendschriften-Kommission empfohle-
nen Bücher aus den Ulittelschulbibliotheken zu
entfernen seien. Der Kultusminister erklärte
sich mit den Ausführungen der Ultramon-
tanen einverstanden.
Infolgedessen hat der „Schwarze Aujust"
nachstehenden Iugendbiblioth eks-Erlaß aus-
gearbeitct:
8 f. was den Inhalt der einzelnen werke
anbelangt, so darf dieser keine sogenannten „höher»
Probleme" behandeln und den Leser in keiner
weise zu irgendwelchem Nachdenken anregen, da
selbständiges Denken allen frommen Seelen schäd-
lich ist.
8 2. E; sind überhaupt so wenig als möglich
Bücher zu kaufen. Die hiedurch ersparten Biblio-
theksgelder sind für Abonnements der ultramon-
tanen Presse und Nlassenankanf der Gedichte des
Abg. Kohl zu verwenden.
6m tiroler Drama ')
Ort der Handlung an einer der Einbruchsstellcn des
Fremdenverkehrs in Tirol. Vor dem Wachthaus der geist-
lichen Grenzwache geht ein dürrer Jesuit, der einen noch
länger« Schatten wirst als der Schlaqbaum, auf und ab,
statt eines Gewehres ein mächtiges Holzscheit geschultert.
Ein fremder Tourist kommt des Weges.
Tourist (jodelt).
Jesuit: Hier wird nicht gejodelt! Das könnte
die Bewohner dieses frommen Landes aus leichtfertige
Gedanken bringen! Was wollen Sie übrigens da'?
Tourist: Möchte mir nur ein wenig die schöne
Natur betrachten!
Jesuit: Naturbetrachtungen sind bei uns streng-
stens verboten! Die führen unfehlbar zum Atheis-
mus! Sind Sie katholisch?
Tourist: Nee!
Jesuit: Also ein Ketzer! Ein Zerstörer der
Glaubenseinheit! Wahrscheinlich ein heimlicher Agi-
tator für den Bau protestantischer und anglikanischer
Kirchen in Tirol! — Wache heraus! (Die geistliche *)
*) In St. Gertraud «Sulden! soll für die jährlich zu
Hunderten eintresfenden Engländer eine protestantische.lttrche
erbaut werden. Dagegen haben nun die klerikalen Tiroler
Abgeordneten im ganzen BlMschgau eine lebhafte Agitatton
entfaltet.
Grenzwache stürzt aus dem Gebäude. Jeder hat ein
riesiges Scheit geschultert.) Die Glaubenseinheit des
heiligen Landes Tirol ist wieder einmal in Gefahr!
Waltet eures Amtes!
_ Ein Grenz Wächter: Na wart', lutherischer
Sackra. mit Dir zünden wir jetzt das schönste Jo-
hannisfeuerl an! (Alle schichten ihre Scheiter ans
einen Holzstoß. Der sich verzweifelt wehrende Tonrist
wird auf den Stoß geschleppt. Die Grenzwächter
treffen Anstalt, dcir Scheiterhaufen in Brand zu
stecken, als der benachbarte Hotelier mit seinem ge-
famnttcn Hotelpersonal auf den Schauplatz der Be-
gebenheiten gestürzt konimt.)
Hotelier (athemlos): Die schwarze G'sellschast
verdirbt einem noch 's ganze Sommerg'schäft! (Zwi-
schen den Grenzwächtern und deni Hotelpersonal ent-
Iteht ein erbitterter Kampf um den Touristen.)
Die Grenzwächter: Er ist ein Ketzer!
Das Hotelpersonal: Das ist uns egal!
Die Grenzwächter: Eine protestantische
Kirch'n will er hab'n!
DaS Hotelpersonal: Wann er nur in's Wirths-
haus auch geht!
Die Grcn,zwächtcr: Er gefährdet die Glaubens-
einheit!
DaS Hotelpersonal: Wann er nur zahlt!
(Der Tourist wird vom Hotelpersonal befreit. Der
Piccolo bringt ihm Hut, Rucksack und Bergstock, die
er bei der Ranserei verloren hat. Tourist gibt ihm
ein Trinkgeld.)
Piccolo (offenbar unzufrieden das Trinkgeld
betrachtend, verächtlich): Den Schmutzian hätten
wir ihnen schon lassen können! zzuäolk Greinz
Der neue plutarch
Linanznlinister von Riedel äußerte auf
dem Franziskanerkeller die Absicht, zu demis-
sionieren, weil der Reichsrath ihm etwas vcr-
weigert habe.
„Gehn S' zua, bleiben S' da!" beschwichtigte
ihn ein niederer Beamter, „wenn mir
ham was Ham wollen, Ham S' aa allweil gsagr:
’P5 is a Ehr, dem Staat z' dienen!"
bäuerisches liammersänger-Ouarielt
Mit nebenstehender Zeichnung)
Orterer:
Sam ma unser vier Brüada
In der Kammer, dös kennst!
Sam ma Alli recht sauba,
Aber i bin der Schönst'!
Den i bin der Schorscherl —
Paßt's auf, wann i kimm!
Z'erst kimm i — dann kimmt lang nix!
I Hab dö erst Stimm'!
Holdirö-i-ri-a, holdiro-i-ho!
Holdirö-i-ri-a, holdi-ol
Kohl:
Und i bin der König
Vom heilinga Goast,
Wann i anfang zum Dicht'»,
Paßt's auf, wia All's roasti")
Denn i bin halt als Dichter
Im Reich der Genies,
Akurat was der Kohl
Unterm Bleami-Reich is!
Holdirö-i-ri-a rc. :c.
Heim:
Aber i bin der Heim!
I sing' z' allerhöchst nauf,
I hab's größte Maul,
Reiß 's am weitesten auf,
I schimpf nur nach Not'u,
So voll Harmonie,
So hochmusikalisch
Is Koaner wia i.
Holdirö-i-ri-a .., je.
Dallcr:
Und i bin der Balthes
Und i Hab 'n Baß,
I halt dö ganz G'schicht z'samm
Mit etliche Maß!
Wann i amal ansang'
Und schrei: Mir wirds z'dumm,
Muaß Jeder sei Maul halt'»,
Sunst brüll i'n um!
Holdirö-i-ri-a... rc.
Nr. 28
*) davonläuft.
^oii 08 denn ausg'richt?" fragte ein
Hab 'n ner weiter stören wollen, er hat
- Liesch,» "gossen!"
kayeriscbes Harnmersänger-dZuarlelt
Kleines Gespräch
tz "Wir vom Zentrum," rief ein bayerischer
L^ndtagsabgeordneter, „Ham eben noch a
Erz für unsre boarische Heimat!"
»Und doch geht's net hoam!"
Ein Vorschlag
dürfte sich empfehlen, in Zukunft an neuen
?^chener Brücken folgende Warnungstafel an-
^"gen: „Vorsicht, Brücke fertig!"
Der neu« Vlularck
Ein Lenrrumsabgcordneter sollte beim
^^'58s>ninistcr r>. 2lsch Besuch machen, um
e Versöhnung mit Dr. Pichler anzubahncn.
Jugend-Lektüre
Außer gegen Roseggcr's „lvaldbauern-
bub" (vgl. S. 565 dieser Nummer) haben die
bayerischen Kammer-Ultramontanen ihre Hetze
auch gegen Storm's „Pole Poppenspäler"
gerichtet. Sie verlangen, daß diese von der Negens-
burger Iuaendschriften-Kommission empfohle-
nen Bücher aus den Ulittelschulbibliotheken zu
entfernen seien. Der Kultusminister erklärte
sich mit den Ausführungen der Ultramon-
tanen einverstanden.
Infolgedessen hat der „Schwarze Aujust"
nachstehenden Iugendbiblioth eks-Erlaß aus-
gearbeitct:
8 f. was den Inhalt der einzelnen werke
anbelangt, so darf dieser keine sogenannten „höher»
Probleme" behandeln und den Leser in keiner
weise zu irgendwelchem Nachdenken anregen, da
selbständiges Denken allen frommen Seelen schäd-
lich ist.
8 2. E; sind überhaupt so wenig als möglich
Bücher zu kaufen. Die hiedurch ersparten Biblio-
theksgelder sind für Abonnements der ultramon-
tanen Presse und Nlassenankanf der Gedichte des
Abg. Kohl zu verwenden.
6m tiroler Drama ')
Ort der Handlung an einer der Einbruchsstellcn des
Fremdenverkehrs in Tirol. Vor dem Wachthaus der geist-
lichen Grenzwache geht ein dürrer Jesuit, der einen noch
länger« Schatten wirst als der Schlaqbaum, auf und ab,
statt eines Gewehres ein mächtiges Holzscheit geschultert.
Ein fremder Tourist kommt des Weges.
Tourist (jodelt).
Jesuit: Hier wird nicht gejodelt! Das könnte
die Bewohner dieses frommen Landes aus leichtfertige
Gedanken bringen! Was wollen Sie übrigens da'?
Tourist: Möchte mir nur ein wenig die schöne
Natur betrachten!
Jesuit: Naturbetrachtungen sind bei uns streng-
stens verboten! Die führen unfehlbar zum Atheis-
mus! Sind Sie katholisch?
Tourist: Nee!
Jesuit: Also ein Ketzer! Ein Zerstörer der
Glaubenseinheit! Wahrscheinlich ein heimlicher Agi-
tator für den Bau protestantischer und anglikanischer
Kirchen in Tirol! — Wache heraus! (Die geistliche *)
*) In St. Gertraud «Sulden! soll für die jährlich zu
Hunderten eintresfenden Engländer eine protestantische.lttrche
erbaut werden. Dagegen haben nun die klerikalen Tiroler
Abgeordneten im ganzen BlMschgau eine lebhafte Agitatton
entfaltet.
Grenzwache stürzt aus dem Gebäude. Jeder hat ein
riesiges Scheit geschultert.) Die Glaubenseinheit des
heiligen Landes Tirol ist wieder einmal in Gefahr!
Waltet eures Amtes!
_ Ein Grenz Wächter: Na wart', lutherischer
Sackra. mit Dir zünden wir jetzt das schönste Jo-
hannisfeuerl an! (Alle schichten ihre Scheiter ans
einen Holzstoß. Der sich verzweifelt wehrende Tonrist
wird auf den Stoß geschleppt. Die Grenzwächter
treffen Anstalt, dcir Scheiterhaufen in Brand zu
stecken, als der benachbarte Hotelier mit seinem ge-
famnttcn Hotelpersonal auf den Schauplatz der Be-
gebenheiten gestürzt konimt.)
Hotelier (athemlos): Die schwarze G'sellschast
verdirbt einem noch 's ganze Sommerg'schäft! (Zwi-
schen den Grenzwächtern und deni Hotelpersonal ent-
Iteht ein erbitterter Kampf um den Touristen.)
Die Grenzwächter: Er ist ein Ketzer!
Das Hotelpersonal: Das ist uns egal!
Die Grenzwächter: Eine protestantische
Kirch'n will er hab'n!
DaS Hotelpersonal: Wann er nur in's Wirths-
haus auch geht!
Die Grcn,zwächtcr: Er gefährdet die Glaubens-
einheit!
DaS Hotelpersonal: Wann er nur zahlt!
(Der Tourist wird vom Hotelpersonal befreit. Der
Piccolo bringt ihm Hut, Rucksack und Bergstock, die
er bei der Ranserei verloren hat. Tourist gibt ihm
ein Trinkgeld.)
Piccolo (offenbar unzufrieden das Trinkgeld
betrachtend, verächtlich): Den Schmutzian hätten
wir ihnen schon lassen können! zzuäolk Greinz
Der neue plutarch
Linanznlinister von Riedel äußerte auf
dem Franziskanerkeller die Absicht, zu demis-
sionieren, weil der Reichsrath ihm etwas vcr-
weigert habe.
„Gehn S' zua, bleiben S' da!" beschwichtigte
ihn ein niederer Beamter, „wenn mir
ham was Ham wollen, Ham S' aa allweil gsagr:
’P5 is a Ehr, dem Staat z' dienen!"
[nicht signierter Beitrag]: Kleines Gespräch
Arpad Schmidhammer: Illustrationen zu den Texten "Der neue Plutarch"
A. D. N.: Bayerisches Kammersänger-Quartett
Monogrammist Frosch: Illustration zum Gedicht "Bayrisches Kammersänger-Quartett"
Rudolf Greinz: Ein Tiroler Drama
Rudolf Greinz: Jugend-Lektüre
[nicht signierter Beitrag]: Jugend-Lektüre
[nicht signierter Beitrag]: Ein Vorschlag
Plutarch [Pseud.]: Der neue Plutarch
Arpad Schmidhammer: Illustrationen zu den Texten "Der neue Plutarch"
A. D. N.: Bayerisches Kammersänger-Quartett
Monogrammist Frosch: Illustration zum Gedicht "Bayrisches Kammersänger-Quartett"
Rudolf Greinz: Ein Tiroler Drama
Rudolf Greinz: Jugend-Lektüre
[nicht signierter Beitrag]: Jugend-Lektüre
[nicht signierter Beitrag]: Ein Vorschlag
Plutarch [Pseud.]: Der neue Plutarch