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König Gduard in Kiel

Der Jubel, der war nicht gering;
Frohlockend klangs: (lock save ths king'
Und bunte Wimpel flogen
Und Feuerwerk, Kanonenton —

So ist der Huesu erlauchter Sohn
In Deutschland eingezogen.

Und hat er etwas länger auch
Gezögert, als dies sonst der Brauch
Bei Staatsvisiten fordert —

Ah Bah! Wir Deutschen sind nicht so:

Es hat nicht minder lichterloh
Drum Michels Herz gelodert!

Kehrst Du nun heickr zum Themsestrand,
So melde, wie im „katherlauck"

Man höflich Dich behandelt —

Vielleicht kannst Du's erreichen, daß
Sich Deiner Jingo's blöder Haß
In bessre Tonart wandelt!

Daß nimmer Schimpf und Schabernack
Tagtäglich übt dies Kränierpack
Mit seinen Preßbanditen,

Wenn auf dem Weltmarkt irgendwie
Die Marke ,Macke in Germany“

Gefährlich scheint den Briten!

Sag' ihnen auch noch nebenbei.
Verdrießlich wär' uns ihr Geschrei,

Denn wir, wir meinten's ehrlich —

Doch wenn's einnial zum Klappen tarn’,
Könnt' Michel doch recht unbequem
Euch werden und gefährlich!

Sag' ihnen: Dort im Osten hat
Erst wied'rum einen Goliath
Ein David bös verhauen!

Und was Du sah'st am Strand von Kiel
An Panzern, sei nicht allzuviel,

Doch sei ihm schlecht zu trauen!

Und nun fare well, Du Britenfürst I
Kehr wieder ein — vielleicht dann wirst
Dich auch ins Festland wagen.

Der Deutsche ist ganz nett auch hier
Und hat wahrhaftig — glaub' es mir!

Noch keinen Gast erschlagen!

„Jugendi(

„m. k. m. d. n.-w. u. t."

Nach dem feuchtfröhlichen Festabend, welchen die
Stadt München am 27. Juni den Vorstandsmit-
gliedern des neuzugründenden Museums für
Meisterwerke der Naturwissenschaften und
Technik gab, hatte ich einen wüsten Traum. Mir
träumte nämlich, ich sei der Direktor des Museums
und müßte die für das Museum gestifteten
Gegenstände in Empfang nehmen. Es war fürch-
terlich. Auf Lokoniotiven, Dampfmaschinen u. s. w.
war ich gefaßt gewesen. Aber bald kam's schlimmer.
Alles überbot sich in Geschenken, lieber Kleinig-
keiten, wie den ersten Pul lniann-Zug, einen abge-
legten Hundertfünfzig-Tons-Krahn aus dem
Hamburger Hafen, Graf Zeppelin's Luftschifs,
regte ich mich schon nicht mehr auf. Ungemüthlicher
wurde ich schon, als mir ein Fabrikbesitzer seinen
120 Meter Hohen Patentschlot anbot, der ihm im
Wege umging. Ich sollte ihn auf Kosten des Mu-
seums von den Usern der Wupper nach München
transferieren lassen und ihm dasür noch den Kronen-
vrden verschaffen. Ein wenig ärgerlich war ich auch,
als mir der Postbote ein Schwimmdock mit einent
schönen Gruß der Firma Blohm sc Voß überbrachte,
und nicht weniger, als mir etwas später ein College
dieses Mannes portofrei im Aufträge des Flotten-
vereins ein altes deutsches Linienschiff und ein
Vierteldutzend Torpedoboote überreichte. Aus
der Kiste stand: „Vorsicht, die Torpedos sind noch
geladen!"

Großherziger noch, aber ebenso unhandlich war
dieGabe des preußischen Kricgsministcrs: Ein S p er r-
fort mit allen Geschützen. Die bayrische Staats-

regierung schenkte als Muster älterer Gußeisenkon-
struktion den Münchner Glaspalast und die
Stadt München ließ sich nicht luntpen und stistete
die alte hölzerne Bahnhofyalle.

Das Museum überninimt die Verpflichtung, beide
Meisterwerke der Technik durch zeitgemäße Neubauten
zu ersetzen. Aber, was will das Alles sagen gegen
die Geschenke, welche dem Museum, Dank unserer
vorzüglichen Beziehungen zum Auslande zu Theil
wurden! Vor Einem hatte ich gleich anfangs Angst
gehabt — und es kam auch: Die Stadt Paris schenkte
den Eisfelthurm. Sie waren ja so froh, daß sic
ihn los waren.

Ein wahrhaft fürstliches Geschenk bezeugte den
Dank König Eduards Vit. für die freundliche Aus-
nahme, die er in Deutschland gesunden: Er ließ uns
durch den englischen Gesandten ein Duplikat der
Firtü of Forth=S3riicEe überreichen.

Das Museum wird ja sehr geräumig, aber die Aus-
stellung dieses Objektes wird bedeutende Schwierig-
keiten machen! Die Stadt New-Bork schenkte einen
Wolkenkratzer von 47 Stockwerken sammt allen
Hypotheken, die Schweiz einen prachtvollen Tunnel
mit dem dazu gehörigen Bergmassiv und Rußland
will uns mit seiner Dampfsähre über den
Baikalsee überraschen.

Es bleibt nur zu hoffen, daß dies Meisterwerk
der Technik wie alles Andere in den Taschen der
russischen Beamten kleben bleibt. Das fürchterlichste
Geschenk aber kam zuletzt mit dem Poststenipel Aegyp-
tens an: ein Gipsabguß des Suezkanals,
naturalistisch treu coloriert, mit Wachssigureustaffage
von reisenden Engländern, Bauchtänzerinnen, Ka-
meelen u. s. w. Das ist direkter Blödsinn! Wir haben
9000 Quadratmeter Bodensläche und dieser Gegen-
stand ist 160 Ktloineter lang! Die Einsendung ver-
anlaßte mich, meine Direktorstelle niederzulcgen und
gleich daranf in Schweiß gebadet zu erwachen!

Huckl

Revolution in München

Seit mehreren Tagen tobt hier ein entsetzlicher
Aufruhr. Erregte Menschenmassen beiderlei
Geschlechts durchziehen die Straßen und brechen
alle 5 Minuten in den lauten Ruf ans:

„Nieder mit Hanns von Gumpxen-
berg!"

In der Nähe des „Nachtasyls" sind zahl-
reiche Barrikaden errichtet.

Soeben wurde auch die neue Maximilians-
Brücke von der Protest-Bewegung er-
griffen, und zwar so heftig, daß sie in allen
Gliedern und Gelettken convulsivisch
zu zucken begann.

Die erschreckten Fremden verlassen eiligst die
Stadt I 81.

Sancta Simplicitas!

Statthalter JRlcjcJcw bedankt lieh in der ruIMchen
prelle durch ein Schreiben an den Patriarchen Damian
von Zerulaiem, dah ihm dieker „wegen seiner heil-
igen llampker kür den glauben" ein geweihter
streu; verliehen und gesandt habe. Der
Statthalter erblickt darin „ein Pfand der Sieger
der orthodoxen Klaubens über die ffinlternih der
sjeidenthumr", und verspricht sich von diesem streu;
eine grohe Ivirkung aut die leinde. Damit er aber

der leind auch wirklich zu gesicht bekommt, wäre
er vielleicht besser, Niexejew würde er an dieser
Stell« tragen.

Gei Tolstoi

Graf Leo Nikolajeff Tolstoi hat in den „Times"
einen geharnischten Artikel gegen den Krieg los-
gelassen Da er einige Unklarheiten enthält, setzte
ich miä> im Aufträge der „Jugend" aus mein Rad
und fuhr nack> Jsnaja Poljana, um mir nähere
Ausschlüsse zu holen.

Ich: Verzeihen Herr Graf: ich kann nicht recht
verstehen, wie man den Krieg aus der Welt schaffen
soll? — Leo: Indem man keinen ansängt.
Ich: Wenn aber der Andere ansängt? — Leo!
Dann ignoriert man ihn. — Ich: Wenn er aber
ins Land einfällt, mordet, sengt und raubt? —
Lev: Dann begeht er ein schreckliches Verbrechen.
Das darf er nicht! — Ich: Aber wie soll man ihn
daran hindern? — Leo: Man soll ihn nicht daran
hindern. Man soll Niemanden in seinem Vergnügen
stören. — Ich: Glauben Sie, daß die Religion die
Bösen hindern wird zu tödten? — Leo: Die Re-
ligion ist ein Blödsinn. — Ich: Oder die wissen-
schaftliche Erkenntniß? — Leo: Die Wissenschaft ist
ein Schmarren. — Ich: Denken Sie an ein Schieds-
gericht? — Leo: Schiedsgerichte sind Blech. —
Ich: Oder an Verträge? — Leo: Verträge sind
da, um gebrockten zu werden. — Ich: Wann werden
die Bösen aufhören, Krieg zu führen? — Leo: Sie
werden nie aushören. — Ich: Also wird man sich
gegen sie wehren müssen? — Leo: Dann würde
man ja selbst wieder tödten. — Ich: Also soll man
sich doch ruhig tödten lassen? — Leo: Nein! Wer
sich tödten läßt, ist ja der Mitschuldige seines Mör-
ders. — Ich: Also wird man doch aus den Ruf des
Kaisers zu den Waffen greifen müssen? — Leo: Nein!
man muß sich weigern, zu tödten. — Ich: Man
wird gezwungen werden durch die Macht. — Leo:
Daun ivird man diese Macht zertrümmern. — Ich:
Also Revolution! In Revolutionen fließt Blut. —
Leo: Man muß unblutige Revolutionen machen.

— Ich: Ja, wie macht man denn die? — Leo: In-
dem man dem Grundsatz folgt: Du sollst nicht tödten.

— Ich: Wird sich die Menschheit zu diesem Grund-
satz bekehren? — Leo: Wenn sie erst in meine
Lehren tief genug eingedrnngen ist, dann gewiß!
Ich: Und die Quintessenz dieser Lehren? — Leo: Ist
der Grundsatz: Du sollst nicht tödten!...

In diesem Augenblick brachte ein Diener aus
silbernem Teller ein Schreiben mit dem russischen
Staatssiegel.

„Aha! Endlich!" sagte der Graf. „Endlich winkt
mir die Märtyrerkrone! Jivan, packe meinen Koffer
fiir Sibirien." — Er erbrach das Schreiben: Es
enthielt seine Ernennung zum kaiserlich Russischen
Confusionsrath.

Hau*

Ilix daitscb!*)

Mort' nur, Schwöb verdammter, wann Du
Dir nächstesmol nit kannst Nomen merken von
ungarischer Stadt — hat, so schick' ich Haiduk!
Der soll dann mit papriziertem Stecken Nomen
Dir auf Buckel schraibcn! Tetemtete! wirst Du
schon lernen, ob es gibt ein Klausenburg im gan-
zen Ungarn, wann Du dickes pfefferrchrl kriegst
zu schmecken! Hot Schwöb Frechheit ganz gemaine,
zu behaupten, daß er Kolozsvar gegründet! Bä'
rätom, gestatten mir spekulative Frage: wann
auch Schwöb gegründet Stadt, hot er darum aiu
Recht, der Stadt zu geben daitschcn Nomen?
Schwöb hot überhaupt kain Recht! Schwarzer
daitscher Hund soll froh und donkbor saiu,
daß ihm hot Magyar erlaubt, Stadt zu
gründen! Mit ollerhoud Hochüchtung

_ Graf Hunyady Janas.

*j Die Universität Gießen sandte der Universität
Klausenburg in Siebenbürgen wie in jedem Semester
ihren Personalbestand. Die Sendung kam mit fei'
gender amtlicher Bemerkung des Rektorats zurück'
„Vissza! Zurück. Ls gibt kein Klausenburg
in Ungarn. Der offizielle und historische Käme ist
Kolorsvär. Bitte nach Kolorsvär, Ungarn
zu addressieren.

Rektorat der Universität Kolorsvtlr."
Register
Redaktioneller Beitrag: König Eduard in Kiel
Fritz Frh. v. Ostini: M. f. M. d. N.-W. u. t.
Hanns (Hans): Bei Tolstoi
Si.: Revolution in München
Monogrammist Frosch: Sancta simplicitas!
Rudolf Greinz: Nix daitsch!
 
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