Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1904

J UGEND

Nr. 28

Mein Konto K.

Kamine Christen lieben ihre Brüder,
fto 'e ^**11 er heißen oder Lohn.

®a^eu "ehin' ich immer wieder
All?^/ ^erschied der Konfession.

^lur sind mir gleich willkommen,

r Zu wenig wird nicht angenommen.

^d Zu meiner stillen Gottesfeier

mancher fromme Wanderer.

O " Deutsche ist willkommen, sei er
Za 'vT1Preuße oder — Leipziger.

IHiib ‘ n^me auch von der Vtero
°e Gaben und von dem Herero.

TbÄ. bei der Wahl von Menschen wandelt,
n, auf dem Pfad der Duldsamkeit!

§eib' wenn sich's um die Mittel handelt,

Z„,,.Z"r gleichen Toleranz bereitI

Unt> l 0" Teufel ist des Fimmels Büttel,

^ der Zweck, er heiligt jedes Mittel.

v°"k will stets ich allen denen stammeln,

H)J.tn,tr gaben über 20 Mark.

Sam ^rbcn? Leben ist nur Sammeln I
}j) 'neoi will ich, bis mich birgt der Sarg.

^ der Engel dann mich Aermsten holet,
eibt auf meinen Grabstein nur: Non ölet!

Frldo

Liebe Jugend!

nei,®'e '4 höre, soll Prof. MöbiuS mit einer
(LK? wissenschaftlichen Arbeit: „Pathologischer
jc^^dhn des Mannes" beschäftigt sein. Möchtest
der gv 1 ^>cht einen schönen Gruß von mir mit
si„^°werkung bestellen, wir seien durch den „phy-
„Ug.^'chen Schwachsinn des Weibes" von dein
vouÄwgischen Größenwahn des Mannes" schon
»andig überzeugt? M»t>ia

preußisches (Ministerkied

Melodie: Qsuäeamus igitur
P),Ü'cics Leben führen wir,
^^ichrcußjschc» Minister!

^ unser Nachtquartier,
ganz Deutschland reisen wir
"um mit dem Tornister.

-z^"ut müssen wir beim Rennen sein,

^cim ^ Regatta morgen,

d>nd chissc-Taufcn, Kirchen-Vveih'n —

D>c„ ,"s de» Landtag lassen wir fein
"eben Herrgott sorgen.

kann die schwarze Bruderschaft
"“tim»«! regieren!

^Di>- u^stuchen besser unsre Kraft:

Jm ^"Uss-N um die Meisterschaft
weisen concurriercn.

fchimpfc» dumm und naseweis
die Philister,

daran? wir kämpfen heiß —
vbjc uh> Wer kriegt de» Wanderpreis?

preußischen Ministcel

A. I». N

Der neue ZZlutarZ

dce ^ ^'nderschreck Wauwau tritt je nach
Send in verschiedener Gestalt auf

ClasMckes )

von Maxi Sietjung, Gymnasist

Ja, Miß Isadora Duncan
Ist ein götterglcichcs Weib!
wenn man auch zuweilen sehn kann
Ihren — Pardon! — Unterleib.

Nämlich, die zu ihren Füßen
Sitzen mit erhobnem Blick,

Sollen manchmal ja genießen
Dieses ganz besondrc Glück.

Aber Jeder, der von dieser
Seite sah die Künstlerin,

Schwört es, daß der Anblick nie sehr
Unerfreulich ihm erschien.

Ganz im Gegenthcil sei Jeder
Von dem Bild entzückt sogar,

Und bezeuge gerne später,

Daß cs wirklich — klassisch war!

A. I». X.

*) Bei einem ptozeß, den Miß Duncan gegen die
„Münchener Post" geführt und in welchem übrigens das
Gericht die völlige Ehrbarkeit der Miß festgestellt hat,
wurde von einigen Zeugen bekundet, daß sie allerdings,
in der 1. platzrcihe sitzend, den Unterleib der Tänzerin
gesehen hätten. Sie hätten jedoch keinen Anstoß daran
genommen.

Zwei neu entdeckte Charaden

i.

Im Fremdenbuchs des Gasthauses,„Zum dev-
peten Schnüffler" (Tirol) wurde eine Charade
Goethe's entdeckt. Der Eintrag stammt aus dem
Jahre 1874, ist mit Karl Gelbfuß unterschrieben
und lautet:

Das Erste soll der Wein stets sein,

Das Zweite macht der deutsche Rhein,

Das Ganze soll Dir nie Passieren,

Ansonsten thust Du Dich blamieren.

DieAuslösung ist „Reinfall".

Die Jahreszahl 1874 ist leicht erklärlich. Goethe
irrte sich häufig im Datum, manchmal ließ er es sogar
ganz weg (vgl. seinen Briefwechsel). Das Pseudonym
Karl Gelbfuß war zu Goethe's Zeiten sehr be-
liebt, cs liegt also kein Hinderungsgrund vor, wes-
halb sich nicht auch Goethe einmal desselben bedient
haben sollte. Die Schriftzüge zeigen wenig Aehnlich-
keit mit Goethe's Handschrift, was aber bei der
Schwere des Tiroler Weines leicht erklärlich ist.
Wahrscheinlich machte Goethe von Sesenheim aus
einen Abstecher nach dem Fundorte, wo er im
Fremdenbuch des „deppeten Schnüffler", der
damals allerdings noch nicht existierte, die Charade
niederschrieb. Charakteristisch für Goethe ist das
Wort „Ansonsten", sowie der Gebrauch von „thun"
als Hilfszeitwort, eine Besonderheit des Franksurter
Dialekts, die sich auch bei Goethe's Zeitgenossen
Friedrich Stoltze häufig findet. Der dichterische Werth
der Charade hebt schließlich noch den letzten Zweifel.

II.

In einem kleinen mit der Aufschrift „hier" ver-
sehenen Häuschen des Rathhauses in Treuenbrietzen
ist auf einem Balken Folgendes mit Bleistift ge-
schriebene Räthsel gesunden worden:

Aus meinem ersten ist der schlanke Mast,

Der Weihuachtsbaum, der Kiel, der schwanke Ast.
Die letzten drei, — ein wüstes Stimmgebrüll,

In dem ein Jeder Bester werden will.

Das Ganze findest Du, wo's Echo schallt,

Im Grunewald.

Treuenbrietzen, 29. 2. 1904. H. Sachs:

Es ist wohl keinZweifel, daß Hans Sachs das geist-
volle Räthsel verfaßt hat, dessen Auslösung „Wald-
kegelbahn" lautet. Offenbar hat er im Drange
des Geschäfts versehentlich 1904 statt 1504 ge-
schrieben. Das Räthsel ist ein überraschender Be-
weis sür die bisher unbekannte Thatsache, daß Hans
Sachs auf seinen Reisen auch Treuenbrietzen be-
rührt hat. —

Im Zusammenhang mit dem neueutdeckten Hans
Sachs-Räthsel steht vielleicht die Thatsache, daß der
Forstsekretär Hermann Sachs aus Khritz am 29. Fe-
bruar 1904 in Treuenbrietzen zu einer Holzauktion
anwesend war. — Uebrigens verficht Professor Ra-
theboldDeuter dieAnsicht, die Auflösung dcs Räthsels
laute nicht „Waldkegelbahn", sondern „Holz-
auktion".

Jll$o sprach Dr. Leon Leipziger

Wie kommt Ihr mer vor?

Ihr wollt über Mirbach erzählen?

Spaß! Werd Ich Euch ebbes enthüllen.
Ohne was zu verhehlen!

Kenn ich doch Mirbach so gut
Als wie mein eig'nes Geschäft.

E Cafalier von unten bis oben,

Wie mer kein zweiten trefft!

Hat er gehalten en Vortrag, e Nedd
Ueber Palestina, was is mei Vaterland.

Geh ich her, ich Schote, verleg den Stuß
In eme noble Seidenband.

Schenken lassen hat er sich die Halst
Von der Ausiag in korzer Zeit,

Noch obendrein — ersticken soll er! —
Tausend Mark für Wohlthatigkeit.

Nu, was Hab ich gehabt von meiner Conlanz?
Ooser hat ich en Rebbach bei dene Sache!

Ich Hab geguckt, mit'm Patriotismus
Is nebbich kein Geschäft zu mache.
Deshalb enthüll ich Alles, was ich weiß.

Den ganzen Zores thu ich enthüllen,

Zweitens damit ich Furore mach'

Und erstens um der Wahrheit willen.

Un mein „Roland" macht e großes Geschäft
Bei Jud un Heid un Christ.

No? Wie steh ich da? Bin ich nicht
E tichtiger, anständiger Journalist?

Bim

Der neue Mutarch

„wia bist mit Dcim neuen Knecht z'fricd'n?
fragte ein Bauer seinen Nachbar.

„Feit sl nip!" lobte dieser. „Melka ko' der
Bursch — — da ist der Miebach a Dreck
dcrgcgen!"

57S
Register
Maxl Bierjung: Classisches
Plutarch [Pseud.]: Der neue Plutarch
Bim: Also sprach Dr. Leon Leipziger
Frido: Mein Konto K.
Möbia: Liebe Jugend!
[nicht signierter Beitrag]: Zwei neuentdeckte Charaden
Monogrammist Frosch: Illustration zum Text "Classisches"
Arpad Schmidhammer: Illustrationen zu den Texten "Der neue Plutarch"
 
Annotationen