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1904

Japanischer Bilderbogen: Hühnerjagd in der Mandschurei

Der Jagdleiter Opama: „wir müssen das ,Hähnchen") abschicßen, meine Herren,
dann bekommen wir die ganze Ritt!"

*) KuropalKin heißt bekanntlich „Rebhähnchen" auf deutsch.

Bei Kaitschou

Die Japsen*) brauchen eine List.
Woraus mit Recht sic stolz sind:

Tie stellen erst Kanonen aus,

Tie ausgemacht aus Holz sind.

Drauf fangen die Russen zu bumsen an
Mit Sljrapnells und Granaten
Und pflegen ihre Stellung so
Dem schlauen Feind zu verrathen.

Was aber für die Russen dann
Ten Kampf macht stets zur Schlappe,

Ist die echte japanische Artillerie,

Und die ist nicht von Pappe.

Brncilikt

*) In Ostasien gebräuchlicher, etwas verächtlicher Aus-
druck für Japaner.

Aus dem lyrischen

Tagebuch d. Leutnants v.versewitz:

Der jcrnze Witz

Hauptspaß mir immer, wenn Lwil
Staunt über Japans Siege! ...

Ahnt »ich, daß Unsereins Hand im Spiel,
Leitender Factor vom Kriege.

Alles den Jclbcn jcliefcrt ja:
Schicßjcwchr, Drill, Jcncrale —

Japan in militaria

Eijcntlich — preuß'sche Filiale!

Dies auch von Japan anerkannt:

Sich bis zu Dankbrief verstiegen,

Den «vbcrfeldherr an uns jesandk,
preßkerls dann todtjeschwiegcn ...

Sieg drum natürlich! — Möglich nur,
Daß schließlich uns noch zum Schaden..
Js aber nu mal preuß'sche Ulatur:
Selbstlos helfen un rarhcn!

Älkerkei

Wir sind in der Lage, als erste aller europäischen,
asiatischen und amerikanischen Zeitungen unseren
Lesern den wahren Grund mitzutheilen, aus dem
die russische Regierung die Schweizer Offiziere
von dem Kriegsschauplätze entfernt hat. Dieser
Grund wird so sekret behandelt, das; er nicht nur
der Schweizer Bundesregierung, sondern auch der
russischen Regierung und allen anderen betheiligten
Stellen unbekannt geblieben ist; nur wir haben ihn
durch Bestechung eines russischen Ministers und eines
russischen Generals erfahren. Man war dahinter-
gekommen, daß die Schweizer Offiziere über gewisse,
geheim zu haltende Verhältnisse der russischen Ma-
rine an ihre heimische Marineverwaltung
regelmäßige Chiffreberichte sandten.

Der berühmte Psychiater Professor Schraublos
hat in der medizinischen Gesellschaft von Berlin einen
interessanten Fall von Moabitis vorgestellt. Der
Patient, ein fünfzigjähriger Kanzleirath, stammt aus
einer Familie, in der von je die Zeitung regel-
mäßig gelesen wurde; auch an ihm würde diese
widernatürliche Neigung schon seit seinem fünfzehnten
Lebensjahre beobachtet. Jetzt ist eine akute Moabitis
bei ihm ausgebrochen; er hat fortwährend Wahn-
vorstellungen. Er behauptet, daß Professor Meyer
ihm durch ein Stichrohr russische Nuhrdruckschriften
in sein Konto K. leite, nennt den Kommerzienrath
Schultz wegen feiner Schiebungen einen Schieber,
der nur halb offen sei, spricht daneben von einem
Oberschieber, der zu schieben glaube, aber geschoben
werde, und von einem Unterschieber, der mit Typhus-
keimen gesättigt sei; Frau Professor Meyer habe einen
Geheimbund mit dem Freiherrn v. Mirbach abge-
schlossen, in dem nicht unter 20 Mark genvmnien
werde, damit die Gelseukirchener Wasserleitung innen
mit Mosaik ausgelegt werde; das russische Konsulat
habe in seinen geheimen Hypothekentaxen Typhus-
keime gefunden. Auf die Frage des Arztes nach dem
Zustand seiner Verdauung verweigert er die Ant-
wort, da er ohne Genehmigung seiner Vorgesetzten
Behörde über derartige Geschäfte nicht aussagen
dürfe. — Der Aermste ist in eine Zeitungsleserheil-
stätte llbergeführt worden, in der ihm die Zeitungs-
lektüre allmählich entzogen werden soll.

Uatikanische Epistel an unterschiedliche französische Bischöfe

Von Kassian Hluibcnschäd«!, Cuifelemaler

Geliebte Söhne und Monsignori, wir sind äußerst unzufrieden mit Eurer geistlichen Führung,
Dieweilen Ihr allzusehr liebäugelt mit der ketzerischen französischen Regierung!

Doch da dieses Factum allein für Eure Excommunikation nicht völlig würde genügen,
waren wir sorgsam und väterlich bedacht, demselben noch weitere Uebelthaten hinzu zu fügen!
Glücklicher weise fanden wir unter Euren Amtsbriidern genug liebenswürdige verleumderseelen,
Sodaß uns nnnmehro, um Euch ack limina zu berufen, nicht die nöthigen Anhaltspunkte fehlen I
wir beschuldigen Euch hiemit der Freimaurerei, Sittenlosigkeit, Trunksucht und ähnlicher Schwerverbrechen
Und hoffen Euch trotz Konkordat aä majorem Dei gloriam das halsstarrige Genick zu brechen!
vielleicht hätten wir in unserer Uiilde zu obbenanuten sogar noch ärgere erimina schweigend gelitten —
wcnn Ihr nicht außerdem das Entsetzlichste verschuldet: Zu beleidigen die Jesuiten!

Unser japanischer Kriegsberichterstatter Rul-tur-fatz-ki telegraxhirt uns:
Als bei den Kämpfen am Motienpaß die Position unserer Truppen an verschiedenen Punkten erschüttert
zu werden drohte und der Gegner die Absicht zeigte, zu einem Bajonett-Angriff überzugehen,
erging an unsere Soldaten der Befehl: „Zahnbürsteln, pflanzt auf!" worauf die Russen,
durch dir ihnen völlig fremden Vinger in Verwirrung gebracht, in regelloser Flucht zurückgingen.

C40

ßifje

Sonst würde ich, als wohlerzogner Mann,
Hemdärmlig nicht mein Sängeramt verrichten "
Heut muß ich's thun. Entschuldigt mich — ich kann
Bei dieser Hitze sonst unmöglich dichten!

Fünf Sommer fehlte uns der Sonnenschein,

Wir wandelten in stetem Brausebade —

Und nun, im sechsten, bringt Sankt Petrus ei»
Auf einmal die versäumten Wärmegradei

In Weißgluth klafft die Erde überall,

Kein Lüftchen regt sich, daß es uns erfrische,

Von jeder Stirne stürzt ein Wasserfall,

Gesotten schwimmen schon im See die Fische;

Die Luft liegt lastend, wie geschmolznes Zinn,
Wohin man tappt, verbrennt man sich die Finger,
Und nur die Schnacken sind mit schnödem Sin»
Vergnügt und wohl dabei, die frechen Dinger!

Da sitzt der Mensch betrübt im Sommerhaus,
Von jeder Arbeit widrig angeödet,

Die Hitze dörrt ihm die Gedanken ans —

Bald ist er ganz versimpelt und verblödet.

Die Sommerpracht der Landschaft ist ihm Wurst
Und nur mit dem, was naß und kühl ist, hält er's
Und endlos mischt er wider seinen Durst
Den Moselwein mit eisgekühltem Selters.

Nach jedem kleinsten Wölklein, das sich zeigt,
In Regensehnsucht, matt von Stumpfsinn,

späht er ""

Vergeblich ach! Zu Märchenhöhen steigt
Das Baro-, Hygro- und das Thermometer I
Verdrossen sieht er nach des Tages Lauf.

Wie unverschleiert blitzt das Sterngewimmel,

Er schlägt am Morgen früh die Laden auf —
Kreuzparaplü I Ein wolkenloser Himmel I

Der dünnste Nangking wird uns jetzt zu schwer,
Zu lang und hoch die knappste Badehose,
Verzweifelt dekolletiert sich immermehr
Die Damenwelt, die längst schon miederlose!

Sie zeigt ä jour, von Spitzen kaum geschützt,
Was sie uns sonst verhüllt mit keuschem Geizen
Sie mag es thun: denn auch der Wüstling schwitzt
Zu sehr, als daß er giert nach diesen Reizen!

Es glüht — ach Gott, ich kann nicht weiter! Ich
Bin viel zu sehr erschöpft, daß ich skaudierel
Mein Pegasus bekam den Sonnenstich,
Verendend streckt er von sich alle Viere!

Mein Kopf ist wie ein ausgeblas'nes Ei —

Da lieg ich auf dem Sopha, schweißumronueu,.
In dumpfer Sehnsucht — nach der Mandschurei,
Wo, wie es heißt, die Ncgenzeil begonnen!

Biedermeier mit

Schlaue Vorsicht

„Willste nix mitnehmen Dain naie Spazier'
stock, Moritzleben?" sagte die Frau Rebekka u»"
bekam zur Antwort: .

„Wie haißt? Daß mer'n aner nimmt und haut
mer damit durch I "

Diese alte Anekdote hat eine neue Auflage
lebt in Reu-Schilda, früher auch W i n d h u k genau»):

Die Regierung in Deutsch Südwestafrika rv>u
nämlich den Zoll auf Gewehre und Munitiau
entgegen dem Antrag der Ansiedler, nicht aufg^
hoben wissen, weil gegen die Schwarzen „der er»
zelne Ansiedler auch bewaffnet nichts «uszurichte^
vermöge, sondern zu befürchten sei, daß die Ge
wehre und Munition in die Hände der Einw
borenen fallend, eine Gefahr, besonders für d>
Schutztruppe darstellen würden."

lileines 6espräck

„Woran mag das liegen, daß angesichts des
großen Brandunglücks in dem Dorfe Slup'
keine Hilfsaktion unternommen worden ist?" *

„Weil das Dörfchen weder zu Rußland, M >
zu Schweden, noch zu Norwegen gehört, sonder
preußisch ist!"
Register
[nicht signierter Beitrag]: Allerlei
Benedikt: Bei Kaitschou
Leutnant v. Versewitz: Aus dem lyrischen Tagebuch des Leutnants von Versewitz: Der janze Witz
[nicht signierter Beitrag]: Kleines Gespräch
Kassian Kluibenschädl: Vatikanische Epistel an unterschiedliche französische Bischöfe
Biedermeier mit ei: Hitze
Fritz Frh. v. Ostini: Schlaue Vorsicht
Monogrammist Frosch: Hühnerjagd in der Mandschurei
 
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