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°AS PETERL

Ludwig v. Zumbusch

.Hn einer Wiege

|,u wagst es, t)oldcr, mit den zarten Händchen
^dch meinem tdion ergrauten haar zu langen? —
" lchaust mich an, to kindlich unbefangen,
ahnend was sie thu», die Kinderhändche».

ladest und kräh st, du ros'ge

INenlchenknospe,
lcbst nicht die Thräne, die ich heimlich weine,
'*> funkelnd in dem rothen Abendscheine,

^f deine Locken thaut, du Lebensknospe.

^ b>u der Kummer, der hier sitzt, mein Knabe-
^"ch ich lag lächelnd in der Kinderwiege,
ud wurde groh gezogen an der örust der Liebe,
dah ich fclbst die Liebe fand, mein Knabe.

Rudolf Crabotd

^ns !»rd)t nnf Srljoiiiiiiij rrligiöftr Gefühle

ßunhne ff^ugkirchliche Dame aus den obersten
k^"oert richtete einmal, nach einigen naiven Be>
ha^ngsversuchm, die steife Frage an mich: „Ja,
kjz^,? Sie denn überhaupt Religion?" — „Doch,
sjgj^f'che Hoheit," antwortete ich; „wenn Sie ge-
^eb^' die Ideale, für die ich mein

hc,E, bu lassen würde, Religion nenne, dann
f,lch vielleicht ebenso viel Religion wie Sie,"
ditth diesem Sinne verlangen wir Nichtkirchlichen
gjjjsOeNlselben Rechte Achtung vor unseren reli-
fefr; , snefühleu, wie die Kirchlichen aller Kon-
U)ohÄ SPJ den ihrigen. Ich will nicht sagen
e'tten Achtung, obschon es Demjenigen, der an
sich .persönlichen, und noch dazu rachsüchtigen,
1 ulle unsere Gedanken und Geschäfte misch-

enden Gott glaubt, doch recht bequem gemacht ist,
die Hölle abzulehnen und sich für den Himmel zu
entscheiden. Wenn wir Nichtkirchlichen bereit sind,
uns auch ohne die Hoffnung auf und die Furcht
vor Vergeltung in einer anderen Welt für unsere
gewissermaßen außerpersönlichen Ideale — für das
Vaterland, für Wahrheit, Freiheit und Recht —
mit Haut und Haaren anfzuopfern, ja sogar von
unseren fanatischen Gegnern verbrennen zu lassen,
so verlangen wir für diese Ideale mindestens den-
selben Respekt, den so viele-Unfreie für ihren
Glauben beanspruchen.

Aber unsere Gegner gehen viel weiter. Nicht
allein verlangen sie vom Staate, der ja auch unser
Staat ist, ein Vorrecht der Beeinflussung der
Jugend in ihrem Sinne und die Unterjochung
der Allgemeinheit unter ihre rückläufige Kultur,
— sie beklagen sich auch bei jeder Gelegenheit, wo
einem der Ihrigen mal auf die geistigen Hühner-
augen getreten wird, bitterlich über Mangel an
Schonung ihrer religiösen Gefühle und begehren
für diese Gefühle strafrechtlichen Schutz!! Das
thun nun wir Nichtkirchlichen, die wir für die
Freiheit in Kunst, Schriftthum, Rede und Be-
kenntniß eintreten, entschiedennicht; wir führen
keinen „Index" oder „Syllabus", und wenn dennoch
Einer von uns so etwas aufstellen wollte, so würden
wir ihm sagen: „Freunderl, sei kein Esel!"

Nun, die Anerkennung eines Gegenseitig-
keitsrechtes können wir von denen, die sich
als Erbpächter göttlicher Erleuchtung und Allein-
inhaber himmlischer Gnade fühlen, wohl kaum er-
warten^ Vermnthlich werden sie unseren Ide-
alen — die doch auch in ihrem Sinne nur
„Gottesgeschenke" sein können und daher „heilig"
sind —überhaupt nicht den Rang religiöser Gefühle
uerkennen. Aber das möchte ich doch nicht ungesagt
ein lassen: daß auch wir uns durch ihre sehr
häufigen und oft recht boshaften Angriffe gegen
Alles, was uns heilig ist, schwer verletzt und
im Innersten unseres Herzens und unseres ge-

sunden Menschenverstandes tief beleidigt fühlen.
Indessen, obschon ivir unsere Religion und un-
sere Heiligthümer nicht von dem Formelwesen
eines bestimmten Gottesglanbens abhängig
machen, ja solche Abhängigkeit nicht nur für un-
moralisch, sondern geradezu für irreligiös halten,
so denken wir doch nicht daran, die Verächter
unserer Religion und Kultur zu vergewaltigen.
Ja, wir ivürden sie wohl in ihren Glanbensküchen
unbeachtet und das Widernatürlichste zubereitcn
lassen, wenn sie nicht unaufhörlich uns zn-
mntheten, uns an ihren Gerichten zu laben, und
wenn sie nicht jedesmal nach Polizei lind Staats-
anwalt rufen würden, sobald wir offen und
ehrlich gegen ihre Uebergriffe protestieren oder auch
nur eine Kritik ihres Gehabens vom Standpunkte
des gesunden Menschenverstandes und der Staats-
vernunft uns gestatten.

Auch wir haben Religion, auch wir haben
religiöse Gefühle, deren Verletzung uns weh thnt,
auch wir trauern um die geistigen Wege unserer
Gegner, die wir zum Theil für gemeingefährliche,
unsere nationale und politische Entwickelung schädi-
gende Abwege halten. Das allein wollte ich
heute sagen, — Von dem ewig unveräußerlichen
Rechte auf Gott und das Göttliche, das
mit jedem Menschen neu geboren wird, ein andres
Mal! Es sollte von der staatlichen und gesell-
schaftlichen Moral, ebenso wie von der über die
gewöhnliche Pflichtenlehre hinausgehenden Reli-
gion der Befreiung, der Vaterlands-und Nächsten-
liebe und der Todesverachtung ganz getrennt
bleiben als das Intimste und Unantastbarste, was
der Mensch besitzt und wonach zu fragen selbst dem
Staate kein Recht znstehen dürfte. Die uns auf
Schritt und Tritt bei allen möglichen Gelegenheiten
vom Staate vorgelegte Frage nach unserem Gotte
und dessen konfessioneller Beschaffenheit
halte ich für eine ganz brutale Sache, die in unend-
lich vielen Fällen zur Heuchelei führt,

6eorg Izlrtv
Register
Ludwig Ritter v. Zumbusch: Das Peterl
Georg Hirth: Das Recht auf Schonung religiöser Gefühle
Rudolf Trabold: An einer Wiege
 
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