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1905

Nr. 15

Lohn verstand ihn. Innerhalb 24 Stunden
war er glücklich Komissionsrath, sogar ein an-
sehnlicher' Brden baumelte an dem Knopfloche
seilles Fracks. —

Aber wieder rannte er nach dem Ufer der
Spree und klagte stärker als jemals:

„Männchen. Männchen, tiingeteh
Buttjen, bnttjen in der Spree.

Meilie Frau, die Sarableben,

U)ill noch immer höher streben."

„Mas ist delin heute los?!"

„O Du grundgütiger Geist! Meine Frau will,
daß ich ein Erzbischof werden soll!"

Der Geist machte eilt sehr verdrießliches Ge-
sicht, dann aber erheiterten sich seine Züge, und
er sprach freundlich:

„wir haben zwar schon e i n e n Erzbischof
Deines Namens, aber dies schadet schließlich nichts,
auch Du sollst diese würde bekleiden!" —

Wer war glücklicher als Lohn? Aber natür-
lich — das alte Spiel wiederholte sich! —
„Männchen, Männchen, timgeteh
Buttjen, buttjen in der Spree,

Meine Frau, die Sarahleben,
will noch immer höher streben."

Dumpf gurgelte das Wasser, als der vielge-
plagte Geist aus der Tiefe tauchte. Drohend und
warnend erhob er seine Hand!

„Lohn — Lohn! was willst Du?!"

„Meine Frau wünscht, daß ich Reserve-
Leutnant werden soll!"

Da verfinsterte sich der Fimmel, ein Donner-
schlag ließ die Erde erzittern und ein entsetzlicher
weheschrei hallte durch die Lüfte. Der Geist aber
stürzte mit einem fürchterlichen Fluche in die Tiefe
des Wassers zurück. — — —

Lohn und Sarahleben verkaufen feit dieser
Zeit wieder Hosenträger und Bartbinden an die
alten Wendenhäuptlinge!!

AI. Br.

Deutsche Gemüthlichkeit

Antwort eines deutschen Gesangsbruders

L)err Roosevelt lobte was an mir:

Der Yankee hat kein Wort dafür,

Noch kann er's sagen mit Geberden I
Ganz recht, wenn er nur nicht vergißt,
Daß, wer so gern gemüthlich ist,

Schon bei der kleinsten Hinterlist
Sehr ungemüthlich auck ^ann werden!

Cri-Cri

JUGEND

Conftantm Meunier f

Wer rief im dunklen Schacht die Haue schwingt
Und Erz und Kohlen schwüler Nacht entringt,
Wer angeftrahlt von rother Essen Hauch
Das Eisen schmiedet unter Gluth und Rauch,
Von der Maschinen wirrem Lärm umdröhnt,
Maschine selbst, bei ödem Tagwerk stöhnt
Und wer im Sonnenbrand die Sense führt —
Wer immer keuchend seine Arme rührt,

Auf daß dies Riesentriebwerk einer Welt
Voll Hast und Mühen sich im Gang erhalt —
Der lege Trauer an im tiefsten Sinn:

Der Besten Einer ging auch ihm dahin!

Der Bildner starb, des kunstgeweihte Hand
Zuerst der Arbeit Formenadel fand
Und der die Qual und Plage, die Euch nährt,
Mit neuer Schönheit Morgenroth verklärt!
Von Haß und wilder Phrase war er rein,

Aus Liebesfülle wuchs das Werk allein.

Das nun, ein ewig Denkmal, strahlt, zugleich
Für eine große Zeit, für ihn und Euch!

F. v. O.

Sduard und Coubet

(Frei nach Schiller)

Loubet:

wird mir Eduard jetzt was Liebes sagen,

Da dort Wilhelm, ohne uns zu fragen,

Mit dem Sultan voll Marokko spricht?

Zwar ich weiß, daß wir ihn Beide hassen;

Aber kann ich mich auf Dich verlassen,
wenn mein Krug zum Brunnen geht und bricht?

Eduard:

All mein Lieben will ich, all mein Denken
Dir, mein Loubet, heut und immer schenken;
Denn das ist gemeine Lhristenxflicht.

Frankreich mag, wenn Andre schlecht es machten,
Meine Schifflein sich zum Trost betrachten —
Aber mehr, mein Freund, verlange nicht!

Cri-Cri

örabfdjnft für Pobiecionoffzeiu

Hier ruht - in 0ott > - Das wäre Blasphemie!
Im Teufel) — Nein, üa fehlt ihm der Unmor!
Drum Kurz: hier ruht ein Pfaffe, wie

ihn nie

Seil Torguemada sich ein fiirft erKor.

Lin Prinzenpädagoge sondergleichen,
vor dem gehorsam Kniete OolK und Zar!
Der Totengräber Rußlands, der

auf seichen

öetanzt hat, bis er selber seiche war!

*

Ein Koiserwort. Großes Aussehen erregt
eine politische Erklärung, inan kann beinahe sagen:
ein politisches Programm des Kaisers, das von seiner
Mittelmeerfahrt berichtet wird. Der Souverän müsse,
so sagte er mit starker Betonung, ein freies Land
beherrschen und seine innere Politik müsse den Em-
pfindungen und Bedürfnissen jeder Religion Rech-
nung tragen. — Dieses durchaus liberale Wort
wird dahin gedeutet, daß in Preußen die Verwalt-
ung fortan von jeder reaktionären Fessel befreit
sein soll.-

Nachträglich wird bekannt, daß die Aeußerung
des Kaisers sich auf Marokko bezogen habe. Ach so!

*

Aus dem Lande des schamhaften Adolf.
In Düsseldorf wurde ein junger Mann wegen Be-
schimpfung kirchlicher Einrichtungen zu drei Tagen
Gefäugniß verurtheilt, weil er bei einem Begräb-
niß über die Amtstracht des evangelischen Pfarrers
höhnische Bemerkungen gemacht hatte. Damit haben
wir einen neuen Seitenweg der Sittlichkeit betreten,
der uns hoffentlich zum Paradiese führen wird.

Ein Dissident, seines Zeichens Wüschereibesitzer,
wurde zu einem Monat Gefängniß verurtheilt, weil
er behauptet hatte, die Bäfschen des protestantischen
Pfarrers seien saumäßig gewaschen.

Ein katholischer Schneider wurde zu drei Mo-
naten Gefängniß verurtheilt, weil er gesagt hatte, der
Talar des protestantischen Pfarrers sitze miserabel.

Ein jüdischer Waarenhausbesitzer wurde zu sechs
Monaten Gefängniß verurtheilt, weil er erzählt
hatte, der Sammet zu dem Barett des protestant-
ischen Pfarrers sei in seinem Waarenhause gekauft.

Dem Volke muß die Religion erhalten
werden!

Scheinbarer Widerspruch

„wann wird denn endlich dieser Krieg in Bst-
asien aufhören?"

„wenn einmal die Friedensgerüchte verstummt
sind!"

18 98 1G>o5

Scbundtge Verehrer

„Coujours des fleurs! 3mmer bring sie nur Blumen, wenn idt bin gefall in die Oredrl"
Register
[nicht signierter Beitrag]: Ein Kaiserwort
[nicht signierter Beitrag]: Aus dem Lande des schamhaften Adolf
[nicht signierter Beitrag]: Grabschrift für Pobjedonosszew
[nicht signierter Beitrag]: Scheinbarer Widerspruch
F. v. O.: Constantin Meunier
Cri-Cri: Eduard und Loubet
Monogrammist Frosch: Schundige Verehrer
Cri-Cri: Deutsche Gemüthlichkeit
 
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