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1905

Unbegreiflich

Charmante Leutchen das, in der That,
Cousin und Cousine Kirchenrath!

Nur so unmenschlich gottselig und fromm,
Daß, wenn ich des Sonntags )u ihnen komm
Und ihre sieben Kinder betrachte
Und sehe, daß auf dem Wege das achte,

Ich kaum des Gelüfts mich kann entschlagen.
Zn allem Grnste zu ihnen zu sagen:

„Zhr heiligen Wesen, Georg und Manschen,
Sagt, schämt Ihr Luch gar nicht denn,

Kinder zu kriegen?
Und ganz auf die weise, die ja

pläsirlich,

Zur Fromme aber doch furchtbar

genirlich?!"

Fasshender

Hlles möglich!

Ein russischer Rekrut zieht in St. Petersburg
zum erstenmal auf wache, vorher prüft ihn
nochmals der wachthabende Offizier über seine
Obliegenheiten, wann er zu präsentieren und wann
er „heraus" zu rufen habe.

Der Rekrut beantwortet alle diese Fragen richtig.

Endlich fragt der Examinator: „wenn aber
ein großer b^aufe Volks tumultuarisierend
die Straße entlang käme und ein wildes,
rohes Geschrei verführte, was würdest Du dann
thun?"

„Ich würde ebenfalls präsentieren."

„Kerl, bist Du toll?! — weshalb denn?"

„Ich kann ja nicht wissen, ob nicht auch ein
Stabsoffizier darunter ist." —

Die beste Sbrung!

In einer deutschen Großstadt suchten sich die
Theaterdirektoren gegenseitig durch Schillerfestvor-
stellungen zu überbieten. Einer studierte „Semele"
neu ein, ein Anderer gab „Turandot" mit neuen
Kostümen, wieder ein Anderer gab einen strich-
losen Schillercyklus. vergebens zerbrach sich Di-
rektor p. den Kopf, wie wohl er den großen
Toten würdig und originell ehren könnte. Und
siehe, die Erleuchtung kam über ihn und am Abend
des neunten Mai's prangte an den Pforten seines
Musentempels die Inschrift: „Heute zu Ehren
des ^00jährigen Todestages Schillers:
Geschlossen!"

Ein seltner Mann

„Dort geht der General von Tostel, ein äußerst
enthaltsamer Herr!"

„wieso?"

„Er ist weit und breit der einzige höhere Offi-
zier, der seine Ansicht über den Ausgang des
ostasiatischen Krieges nicht der Presse über-
geben will."

Sprachliches. Me Verhandlungen des BstchosÄ
Benzler mit deni Bezirkspräsidenten und dem Staats-
sekretär werden in französischer Sprache geführt.

Das wäre wohl nicht so schlimm, wenn nur du
Regierung mit ihm deutsch reden wollte!



Ein räudiges Schaf A- Wei*serber

Baffde schon Jehort ? Der Fuchsmaj'or der katholischen Verbindung Is jescknickt worden."
„Warum V* — „Bat 'ne protestantische Kellnerin in Hrm jekniklenl"

Wegweiser zur mosRowitiscben Knocbenfabrik

von Kassian KUiibenscbadel, Tuifelemaler

(Line traurige Preisreduktion in Bezug auf die Bewerthung menschlicher Gebeine hat der russisch-japan-
ische Krieg gezeitigt. Einigen deutschen Universitäten ist aus Smolensk ein Geschäftszirkular zugegangen» in dem
„gebleichte vollständige Skelette" zum Preise von 4 Mark 50 Pfennigen angeboten werden. Der übliche Preis
in Berlin beträgt 30 bis 50 Mark.)

O geht vorüber nicht, ohne daß ihr leset mit Bedacht die allda angebrachte Tafel,

Ihr Alle, die ihr Anatomie studirt und hiezu dringend benöthigt menschliches Beinerg'raffell
Zur kaiserlich privilegirten moskowitischen Knochenfabrik

thut klüglich eure Schritte wenden —
Dieses'Unternehmen schlägt jede Eoncurrenz, dieweilen es Hans Mors zu seinem Generalagenten
Hat engagirt! Hier kauft ihr schön gebleicht den hünenhaftesten Knochenkerl,

Die herrlichsten Prachtexemplare der Welt schon um ein „Fufzigerl"!
was schadet es, daß Frankreichs Banken, die der Russe oft geschröpft,

Unlängst vor neuen Pumpversuchen haben ihren Beutel zugeknöpft I —

Nunmehro ist das Zarenthum selbst in der Lage, eine

Besserung seiner Finanzen anzubahnen,
Indem es einen schwunghaften Massenhandel eröffnet

mit den Skeletten seiner Unterthanen!

ver Sittenricbter

Auf Ersuchen des Generals v. Trotha hat sich
ein englischer Iournalist der ,Cape Times'
nach Südwestafrika begeben und an Ort und
Stelle untersucht, ob die Klagen über Verübung
von Greuelthaten durch die Deutschen berechtigt
seien. Er hat nur drei Fälle von Prügelstrafe,
die auf Befehl eines Leutnants vollzogen wurde,
aufgefunden und infolge dessen den Deutschen ein
gutes Zeugniß ausgestellt.

Uebrigens wird England jetzt einen eigenen
Attache zum Stabe des Generals Trotha ab-
ordnen, sodaß es an einer sachlichen und strengen
Ueberwachung nicht weiter fehlen wird.

wenn man bedenkt, mit welcher Sanftmuth
seinerzeit Stanley gegen die armen wilden
Lentralafrikas verfahren ist, mit welch liebreicher
Hand den Buren und ihrenFamilien der
Anschluß an die englische Heimat nahegelegt wurde,
mit welcher Sorgfalt Millionen von armen Be-
wohnern Indiens täglich vor dem Hungertods
gerettet werden, wenn man die Milde bedenkt,
mit der englische Schiffsjungen Schwimm-
unterricht bekommen, dann muß man sagen: es
ist einfach hohe Zeit, daß unsere rohe und un-
civisierte Soldateska in Südafrika einmal durch
das erhabene Beispiel eines wirklich christlichen,
humanen Europäers wieder an ihre Pflicht und
Herkunft erinnert wird, wir wünschen nur, daß

die Lensur, welche der verehrte englische Attache
auszuüben haben wird, möglichst strenge und rück-
sichtslos gehandhabt werde. Dann erst wird wieder
der Geist echter Livilisation in Südwestafrika ein-
kehren, der jetzt durch das gemeine Gebahren Deutsch-
lands gegen arme Negervölker in den Staub ge-
treten ist, und die verschüchterten Häuptlinge, welche
jetzt unter dem Schutz des englischen Menschen-
freundes nur unter größten Schwierigkeiten im
Stande sind, unsere barbarischen Worden von der
Grenze aus niederzuschießen, werden dann wieder
frei und ungehindert im Stande sein, ihre segens-
reiche Thätigkeit in Südwestafrika im vollen Um-
fange aufzunehmen. Quod deus bene vertat!

A. I>. ÄT
Register
[nicht signierter Beitrag]: Ein seltner Mann
[nicht signierter Beitrag]: Die beste Ehrung!
[nicht signierter Beitrag]: Alles möglich!
A. D. N.: Der Sittenrichter
Faßbender: Unbegreiflich
Kassian Kluibenschädl: Wegweiser zur moskowitischen Knochenfabrik
Albert Weisgerber: Ein räudiges Schaf
 
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