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Nr. 25

1905

JUGEND

(ßartial-Sptgramme

In freier Uebertragung von Ravl Ettlingcr

.Rennst Du den jungen Blonden, der vom

frühen Morgen

Bei Deinem Weibe sitzt?" — „Du wirst den

Schreiber meinen,
Der die Geschäfte meiner Frau hat zu besorgen."
— „Na! na! Ich fürchte, er besorgt die Deinen."

*

Du nennst mich, Lesbia, Deinen Feind,

Weil Deine Gluth mich nicht zu reizen scheint.
Da thust Du bitter Unrecht mir, denn nicht
Ich bin Dein Feind — Dein Feind ist Dein Gesicht.

*

Du fluchst, daß Dich das Fieber nicht verläßt,
Das Dich so lange plagt?

Bei jedem Fest

Läßt Du's mit Dir die besten Weine trinken,

Du läßt's mit Dir auf seidne Polster sinken,

Du schwelgst mit ihm beständig in Genüssen,

Du läßt's mit Dir die schönsten Frauen küssen,
Sag selbst: ist es ein Wunder da, mein Lieber,
Gefällt es gar so gut bei Dir dem Fieber?

*

Calenus erbte zwei Millionen.

Seitdem plagt ihn der Geiz, mehr zu erwerben.
Ich wünsche ihm noch zehn Millionen,

So wird er sicher Hungers sterben.

*

Lupercus ist ein Greis, doch locket er
Noch junge Mädchen an durch reiche Gaben.

Er liebte gern, jedoch es geht nicht mehr.

Ihn kostet viel, was man umsonst kann haben.

Die Erdbeeren

von Karl Ewald

Wie dicht im Garten die Erdbeeren stehen.

Und wie traurig das ist.

Soviele sind es, daß die Familie Mittag für
Mittag Erdbeeren essen kann, den ganzen Monat
durch; wenn nur Sonne und Regen es gut mit
den Beeren meinen. Aber Grete darf selbst keine
pflücken. Thut sie es doch, so bekommt sie an
dem Tage des Mittags keine Erdbeeren, denn
dann hat sie eben ihre Portion weg. Das ist
sonnenklar!

Natürlich pflückt und nascht sie trotzdem, und
bei Tische hat sie nasse Augen und schaut auf
einen leeren Teller nieder. Die Früchte da draußen
in den Beeten haben zwar herrlich gemundet. Hier
aber gibt es Zucker und Rahm dazu, und all' die
andern bekommen zwei Portionen.. .

Auch sie hätte so viel bekommen, wenn sie nur
gewartet hätte. . . und dann würde sie auch nichts
gethan haben, was sie nicht durfte...

Am nächsten Tage kämpft sie tapfer gegen sich an.

Sie kauert am Wege und starrt auf die Erd>
beeren nieder ... die vielen großen, rothen Beeren.
Kathrin hat ihre Schüssel bis zum Rande gefüllt,
und noch immer sind unzählige übrig ...

Dickt vor ihr hängt eine ungewöhnlich große
Beere bis auf den Boden herab. Und nun kommt
eine große schwarze Schnecke langsam herange-
krochen und fängt an, die Beere zu verzehren.

Wie der Wind ist Grete bei mir.

„Vater, Du, eine Schnecke ißt uns die aller-
größte Erdbeere fort... darf die Schnecke das? ... "

„Aber natürlich, Freundchen. Bekommt sie
denn nachher Beeren zu Tisch?"

Kleinlaut geht sie an ihren Platz zurück, und
wieder kauert sie und starrt die Schnecke an, und
die Schnecke frißt und frißt.

Grete beneidet das Thier.

Und sie hat recht-

(Deuffcft von ß. Kly)

Bekenntnisse eines Herrn von und zu
im preussiseben Herrenhause

0ur Debatte über das Berggesetz, das Sanitätsgesetz
und die Erbschaftssteuer.)

Gottlob! Noch sind wir Herren!

Drum Heißen wir das Herrenhaus.

Mag Plebs das Maul aufsperren,

Man lacht sie durch's Monocle aus.

Wir bleiben, was wir waren,

Der Radschuh' an der Staatscaross';

Und wie vor hundert Iahreir,

So bremsen lustig wir drauf los!

Ein Berggesetz? — verboten
Set jeder Streik als liederlich!

Verbeugung vor den Rothen?

Nee, Bülowchen, det jibt es nich!

Koffäthen isolieren?

Unsinn! Baracken kosten Geld.

Laß doch die Kerls krepieren!

's kommt stündlich neues Pack zur Welt.

was? Eine Erbschaftssteuer?

Ist der Minister ganz verrückt?

Raum ist das Brot mal theuer,

So wird man bis auf's Blut gezwickt!

Könnt' ich Minister mimen,

Ich wüßt' wahrhaftig, was ich thät.

Drei kleine Staatsmaximen
Empfahl ich Seiner Majestät:

Das Brot und Fleisch vertheuert,

Damit der Adel reüssiert!

Der kleine Mann besteuert!

Und alle Rothen füsiliert!

Dann hielten 's Maul die Grinde,

Dann wären wir die Herrn im Staat,

Und Deutschland hätt' gesunde
Zustände, wie sie Rußland hat!

Cri-Cri


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Register
Marcus Valerius Martialis (Martial): Martial-Epigramme
Karl Ewald: Die Erdbeeren
Cri-Cri: Bekenntnisse eines Herrn von und zu im preussischen Herrenhause
 
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