1905
Nr. 25
König Eduard mit feinem neuerfundenen
„Zucker"*ßut
„3ch will nicht behaupten, dafj ich von allen
Herrschern das originellste lm Kopf habe, aber
auf dem Kopt hat»' ich es Ücker!"
*
Die unanständigen Ameisen zu Lüttich
lAus dem Liederbuch des „Schwarzen Aujust")
Die Natur, ich muß es leider sagen,
Sie benimmt sich öfters ganz infam.
Denn dieselbe kennt seit Adams Tagen
Keineswegs die wünschenswerthe Scham.
So zum Beispiel ist der Hof des Huhnes
Mir ein Greuel schon von je gewest,
weil der Hahn, ein Scheusal, ein kommunes,
Gegen jede Sitte grob verstößt.
Doch noch schlimmer ist, was jüngst entdeckten
Fromme Menschenkinder tief empört,
Daß auch eine Klasse von Insekten
Zu dem sittenlosen Vieh gehört.
Ahnungslos hat man zu Lüttich neulich
Dies Gel hier dem Volke ausgestellt.
Aber leider geradezu abscheulich
Führte es sich auf vor aller Welt.
Statt zu dienen einzig der Belehrung,
Gab sich dieses pack von Anbeginn
Dem Vergnügen eifriger Vermehrung
Ungeniert und sehr erfolgreich hin.
Gott sei Dank: Die Klerikalen wachten,
Denen solcherlei ein heiliger Graus,
Sie erhoben ein Geschrei und brachtet:
Dieses schnöde Sündenvieh hinaus.
Als ich diesen schlimmen Fall erfahren,
wurde um das Herz gar eigen mir:
Gott, ich kann Dir nicht den Vorwurf sparen,
weshalb schufst Du so gemeines Thier?
willst Du wieder einmal etwas schaffen,
Dann befrage, bitte, erst geschwind
vorher Deine treuen, lieben Pfaffen,
Gb sie damit einverstanden sindl
*
Das kommt davon!
Im Heilbronner historischen Museum befindet
sich neben Frau Eva der gute alte Adam, von
Künstlerhand aus Sandstein geschaffen. In dein
nach ihm benannten Kostüm hatte er, ohne das
Schamgefühl der Heilbronner zu verletzen, mehrere
Jahrhunderte lang den herrlichen Thurm des St.
Kilian geziert, bis er, ein verwitterter Herr, an-
läßlich der durchgreifenden Renovierung des
Thurmes durch eine wohlgelungene Copie ersetzt
wurde.
vom Geiste der lex Heinze durchdrungene Köpfe
haben nun veranlaßt, daß dem armen Adam im
Museum ein großer Schwamm mit einem
Bindfaden um die Lenden gegürtet wurde, was
das Kunstwerk in lächerlichster weise verunziert.
Auf eine diesbezügliche Bemerkung erwiderte
der Museums-Diener ernst und gewichtig: „Sell isch
scho nötig, ja wisse Se, mer muaß arg ufpaffa;
s'komma oft Schüler in's Museum und erseht
letzhin hen Buawa mit ihre Stöckla 's
Schwämmle g'lupft."
J UGEND
Die ITlorithaf in flugsbuig
oder:
Gerber, Kohl und Stolz
oder:
Reden ift Silber, Schweigen ift Gold
Der Zar und die Altgläubigen
Jur Entstehungsgeschichte des bekannten Toleranz-
ediktes wird in der „Christi. Welt" mitgetheilt, die
Altgläubigen hätten der Regierung große Geld-
summen zur Verfügung gestellt.
Das ist die „Augsburger Abendzeitung,"
Sie erscheint unter der verantwortlichen Leitung
Ihres Chefredakteurs, Namens Stolz.
In der Lentrumsseele, da kocht's und grollt's.
Diese Zeitung schrieb derb und derber
vom Pfarrer Kohl und vom Pfarrer Gerber,
Sie hätten die Unwahrheit gesagt.
Da haben sie gleich den Stolz verklagt.
tz 1187 des Strafgesetzbuches
war das Fundament ihrer Klage und ihres Fluches
Und weil sie zur Geistlichkeit gehören,
Dieses sollte die Sache beschweren.
Erst hat sich der Angeklagte vertheidigt,
Dann wurdet: Zeugen gehört und vereidigt,
Bis das Augsburger Schöffengericht
Im Namen des Königs das Urtheil spricht:
„Den: Stolz ist für seine Beschuldigungen
Der Wahrheitsbeweis geglückt und gelungen;
Doch weil seit: Ausdruck nicht höflich war,
Büßt er ihn mit sechzig Mark bar."
„Nein! Neii:! wir bleiben orthodox
Und dulden keinen andern Glauben,
Hinweg! Ihr wollt das Lhristenthum
Dem armen Russenvolke rauben!"
„M Väterchen! Du irrst Dich sehr,
wir bringen Salben ja und Narden,
Zu heilen seine Wunden nur.
Zähl' nach! Es sind drei Milliarde::.
„Drei Milliarden? Sieh mal her,
Pobjedonoszew! Wenn wir wüßten,
Daß sie-? Drei Milliarden, ei!
Mir scheint, es sind ganz gute Christen!
Drum wollen tolerant wir sein.
Drei Milliarden? Wenn die Jüden
Jetzt schlau sit:d, bringet: sie mir vier.
Dann lasset: wir sie auch in Frieden!"
Säkerbeilslänclsiikker
Kohl und Gerber, die geistliche:: Herrn
hörten dieses Urtheil nicht gern.
Sie spräche::: „was haben wir begotmen?
© weh, o weh! wir haben gewonnen!
Unsere Wahrheitsliebe ist jetzt
Amtlich auf sechzig Mark geschätzt.
Das macht ja nur, (was sind das für Di::ge!)
Für jede:: dreißig Silberlinge!
Und die Moral vot: der Geschichte:
Confraterl Mit den: Schöffe::gerichte,
Da ist die Sache brenzlich und faul!
Das nächste Mal halten wir lieber de:: Mund."
Frido
Eine Revolution ohne Mord und Brand,
Ein Umsturz ohne Greuel und Frevel,
Das war nur möglich in dem Land
Der Zündhölzer ohne Phosphor
und Schwefel.
*
Stefan
Kleines Gespräch
„Ich wüßte noch eine Union, deren Auflösung
sehr segensreich wäre."
„Oesterreich-Ungarn?"
„Nein — Religion und Politik!"
Allerhand Mächtiges
Petrus s „Beitiger 3otef! Zu Bilt! Da unten gehen verschiedene ÖOttCSgtiadentbiimer aus dem heim!"
Nr. 25
König Eduard mit feinem neuerfundenen
„Zucker"*ßut
„3ch will nicht behaupten, dafj ich von allen
Herrschern das originellste lm Kopf habe, aber
auf dem Kopt hat»' ich es Ücker!"
*
Die unanständigen Ameisen zu Lüttich
lAus dem Liederbuch des „Schwarzen Aujust")
Die Natur, ich muß es leider sagen,
Sie benimmt sich öfters ganz infam.
Denn dieselbe kennt seit Adams Tagen
Keineswegs die wünschenswerthe Scham.
So zum Beispiel ist der Hof des Huhnes
Mir ein Greuel schon von je gewest,
weil der Hahn, ein Scheusal, ein kommunes,
Gegen jede Sitte grob verstößt.
Doch noch schlimmer ist, was jüngst entdeckten
Fromme Menschenkinder tief empört,
Daß auch eine Klasse von Insekten
Zu dem sittenlosen Vieh gehört.
Ahnungslos hat man zu Lüttich neulich
Dies Gel hier dem Volke ausgestellt.
Aber leider geradezu abscheulich
Führte es sich auf vor aller Welt.
Statt zu dienen einzig der Belehrung,
Gab sich dieses pack von Anbeginn
Dem Vergnügen eifriger Vermehrung
Ungeniert und sehr erfolgreich hin.
Gott sei Dank: Die Klerikalen wachten,
Denen solcherlei ein heiliger Graus,
Sie erhoben ein Geschrei und brachtet:
Dieses schnöde Sündenvieh hinaus.
Als ich diesen schlimmen Fall erfahren,
wurde um das Herz gar eigen mir:
Gott, ich kann Dir nicht den Vorwurf sparen,
weshalb schufst Du so gemeines Thier?
willst Du wieder einmal etwas schaffen,
Dann befrage, bitte, erst geschwind
vorher Deine treuen, lieben Pfaffen,
Gb sie damit einverstanden sindl
*
Das kommt davon!
Im Heilbronner historischen Museum befindet
sich neben Frau Eva der gute alte Adam, von
Künstlerhand aus Sandstein geschaffen. In dein
nach ihm benannten Kostüm hatte er, ohne das
Schamgefühl der Heilbronner zu verletzen, mehrere
Jahrhunderte lang den herrlichen Thurm des St.
Kilian geziert, bis er, ein verwitterter Herr, an-
läßlich der durchgreifenden Renovierung des
Thurmes durch eine wohlgelungene Copie ersetzt
wurde.
vom Geiste der lex Heinze durchdrungene Köpfe
haben nun veranlaßt, daß dem armen Adam im
Museum ein großer Schwamm mit einem
Bindfaden um die Lenden gegürtet wurde, was
das Kunstwerk in lächerlichster weise verunziert.
Auf eine diesbezügliche Bemerkung erwiderte
der Museums-Diener ernst und gewichtig: „Sell isch
scho nötig, ja wisse Se, mer muaß arg ufpaffa;
s'komma oft Schüler in's Museum und erseht
letzhin hen Buawa mit ihre Stöckla 's
Schwämmle g'lupft."
J UGEND
Die ITlorithaf in flugsbuig
oder:
Gerber, Kohl und Stolz
oder:
Reden ift Silber, Schweigen ift Gold
Der Zar und die Altgläubigen
Jur Entstehungsgeschichte des bekannten Toleranz-
ediktes wird in der „Christi. Welt" mitgetheilt, die
Altgläubigen hätten der Regierung große Geld-
summen zur Verfügung gestellt.
Das ist die „Augsburger Abendzeitung,"
Sie erscheint unter der verantwortlichen Leitung
Ihres Chefredakteurs, Namens Stolz.
In der Lentrumsseele, da kocht's und grollt's.
Diese Zeitung schrieb derb und derber
vom Pfarrer Kohl und vom Pfarrer Gerber,
Sie hätten die Unwahrheit gesagt.
Da haben sie gleich den Stolz verklagt.
tz 1187 des Strafgesetzbuches
war das Fundament ihrer Klage und ihres Fluches
Und weil sie zur Geistlichkeit gehören,
Dieses sollte die Sache beschweren.
Erst hat sich der Angeklagte vertheidigt,
Dann wurdet: Zeugen gehört und vereidigt,
Bis das Augsburger Schöffengericht
Im Namen des Königs das Urtheil spricht:
„Den: Stolz ist für seine Beschuldigungen
Der Wahrheitsbeweis geglückt und gelungen;
Doch weil seit: Ausdruck nicht höflich war,
Büßt er ihn mit sechzig Mark bar."
„Nein! Neii:! wir bleiben orthodox
Und dulden keinen andern Glauben,
Hinweg! Ihr wollt das Lhristenthum
Dem armen Russenvolke rauben!"
„M Väterchen! Du irrst Dich sehr,
wir bringen Salben ja und Narden,
Zu heilen seine Wunden nur.
Zähl' nach! Es sind drei Milliarde::.
„Drei Milliarden? Sieh mal her,
Pobjedonoszew! Wenn wir wüßten,
Daß sie-? Drei Milliarden, ei!
Mir scheint, es sind ganz gute Christen!
Drum wollen tolerant wir sein.
Drei Milliarden? Wenn die Jüden
Jetzt schlau sit:d, bringet: sie mir vier.
Dann lasset: wir sie auch in Frieden!"
Säkerbeilslänclsiikker
Kohl und Gerber, die geistliche:: Herrn
hörten dieses Urtheil nicht gern.
Sie spräche::: „was haben wir begotmen?
© weh, o weh! wir haben gewonnen!
Unsere Wahrheitsliebe ist jetzt
Amtlich auf sechzig Mark geschätzt.
Das macht ja nur, (was sind das für Di::ge!)
Für jede:: dreißig Silberlinge!
Und die Moral vot: der Geschichte:
Confraterl Mit den: Schöffe::gerichte,
Da ist die Sache brenzlich und faul!
Das nächste Mal halten wir lieber de:: Mund."
Frido
Eine Revolution ohne Mord und Brand,
Ein Umsturz ohne Greuel und Frevel,
Das war nur möglich in dem Land
Der Zündhölzer ohne Phosphor
und Schwefel.
*
Stefan
Kleines Gespräch
„Ich wüßte noch eine Union, deren Auflösung
sehr segensreich wäre."
„Oesterreich-Ungarn?"
„Nein — Religion und Politik!"
Allerhand Mächtiges
Petrus s „Beitiger 3otef! Zu Bilt! Da unten gehen verschiedene ÖOttCSgtiadentbiimer aus dem heim!"
Monogrammist Frosch: Allerhand Wackliges
Cri-Cri: Der Zar und die Altgläubigen
Frido: Die Morithat in Augsburg
[nicht signierter Beitrag]: Die unanständigen Ameisen in Lüttich
[nicht signierter Beitrag]: Kleines Gespräch
[nicht signierter Beitrag]: Das kommt davon!
Monogrammist Frosch: König Eduard in seinem neuerfundenen Zucker-Hut
Stefan: Säkerheitsständstikker
Cri-Cri: Der Zar und die Altgläubigen
Frido: Die Morithat in Augsburg
[nicht signierter Beitrag]: Die unanständigen Ameisen in Lüttich
[nicht signierter Beitrag]: Kleines Gespräch
[nicht signierter Beitrag]: Das kommt davon!
Monogrammist Frosch: König Eduard in seinem neuerfundenen Zucker-Hut
Stefan: Säkerheitsständstikker