1905
Eine glückliche Lösung
Wie vertäutet, soll mit Rücksicht auf die politische
Lage für den Münchner Intendantenposten
ein den Centrum.skreisen nahestehender Herr
Ramens Jitucius ausersehen sein. Lndtich ist ein-
mal Aussicht vorhanden, da^ unser Dallet verjüngt wird!
#
Die HntUopenbÖrner
Afrika, du blutgedüngter
Boden unsrer Lolonieen!
Lohnst du heut mit Kunstgenüssen
Unsre jahrelangen Mühen?
Nach des Krieges grausen wehen
Lassen sich zu Deutschlands Ehren
Endlich auch die Früchte sehen
Oder, richtiger noch, hören!
91 Gardejä'ger
Blasen jetzt, wie in den Tropen
Neger pflegen, die Signale
Auf dem Horn der Antilopen.
Während eines ganzen Jahres
Lernten sie die meterlangen
Instrumente so behandeln,
Daß sie wunderlieblich klangen.
CD wie werden künftig unsre
Braven Jungens ererzieren,
Wenn die Antilopenhärner
Ihre Schritte dirigieren!
War es das, was all die Jahre
Unfern Generalstab quälte,
Weil er dunkel fühlte, daß uns
Etwas zur Vollendung fehlte?
Heil! Nun ist's mit hellen Klängen
An das Licht der Welt getreten:
Ju den neuen Achselklappen
Line neue Art Trompeten!
Cri-Cri
*
Trost im Unglück
Zar: „Die Koreastraße hat doch eine Menge
Schiffe verschlungen!"
Großfürst Alexis: „Sie hätte noch mehr
verschlungen, wenn ich alles für die Marine be-
willigte Geld auch dafür verwendet hätte..."
*
Vortrag
des ßerrn Dr. Deufobold flftermann über ssleier-
6räfe den Grossen und Böcklin den Kleinen
Meine Herren, Meier-Gräfes Leid ist Deutsch-
lands Leid und Meier-Gräfes Freude istDeutschlands
Freude. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wer
Meier-Gräfe ist. Meier-Gräfe ist die Kunst. Heute
spreche ich Ihnen über sein neuestes Buch: „Der
Fall Böcklin und die Lehre von den Ein-
heiten, ein Buch, das in der Weltliteratur den
Rang zwischen dem Buche, das ich über die Kunst
schreiben werde, und der Bibel einnehmen wird.
Sie wissen, daß Meier-Gräfe in diesem Buche die
Atomenlehre auf das Kunstwerk anwendet; in jedem
Kunstwerke wirkt nach ihm eine Anzahl Einheiten
gesetzmäßig zusammen, um eine Erscheinung bildlich
darzustellen. Gleichzeitig stürzt er den Charlatan
JUGEND
Böcklin von dem Throne, auf den ihn eine blöde
Menge in urtheilsloser Begeisterung gehoben hat.
M. H., in meinem heutigen Vortrage spreche ich
über die Qelbilder Böcklins. In jedem Oelbild treten
in die Erscheinung 1) der Stoff und 2) die Kraft.
Der Stoff zerfällt in drei Einheiten: a) die Lein-
wand, b) das Oe!, c) die Farbe. Auch die Kraft
zerfällt in drei Einheiten: a) den Pinsel, b) die
Hand, c) das Auge des Künstlers. Je nach dem
Verhältniß, in dem sich diese sechs Einheiten mit
einander mischen, entsteht ein gutes oder ein schlechtes
Oelbild. Bei dieser Werthabmessung müssen wir
uns aber vor einer Fehlerquelle hüten, — vor un-
serm Gesichtssinn. Der menschliche Gesichtssinn ist
invollkommen, weil seine Wahrnehmungen von
hundert zufälligen und wechselnden Aeußerlichkeiten
abhängen; unser Auge trügt; deshalb ist jedes Ur-
theil, das durch unser Auge vermittelt wird, irre-
führend. Um ein Kunstwerk unbeeinflußt
und objektiv richtig beurtheilen zu können,
darf man es nie gesehen haben. — Die zweite
Fehlerquelle liegt in unserm Geschmack, der noch
viel unsicherer und schwankender ist, als unser Ge-
sicht; er führt uns irre, indem er unser Urtheil von
vorn herein beeinflußt. Gefällt mir ein Bild, so
ist mein Urtheil zu seinen Gunsten befangen. Erst
wenn man einen derartigen Einfluß auszuschalten
vermag, kommt ein reines und objektiv richtiges
Urtheil zu Stande; mit andern Worten: Jedes
Kunstwerk, das dem Beurtheiler gefällt,
ist künstlerisch verfehlt.
Wenn wir uns nun auf Grund dieser allgemeinen
Erwägungen den Böcklinffchen Bildern zuwenden, so
bemerkt Meier-Gräfe mit Recht, daß diese außer den
körperlichen Einheiten noch seelische Einheiten ent-
halten. Nehmen wir $. B. die Todteninsel und das
Schloß am Meer, so finden wir in ihnen vier Ein-
heiten, die Todten, die Insel, das Schloß und das
Meer. Das aus leblosen Steinen gebaute Schloß
ist eine tobte Einheit, die Insel und das Meer sind
lebende Einheiten. Der Künstler (?) hat also die
Einheiten falsch gemischt. Künstlerisch wäre es ge-
wesen, wenn er ein Todtenschloß und eine Insel an:
Meer gemalt hätte. — Ebenso verfehlt ist sein pan-
ischer Schrecken. Es ist nicht zu leugnen, daß dieses
Bild den Beschauer fesselt. Hat man aber je gehört,
daß ein Schrecken fesselt? Ein Schrecken muß ab-
stoßen, und ein panischer Schrecken, der nicht ab-
stößt, ist ein künstlerischer Unsinn. — Auch daß
Böcklin die Todteninsel fünfmal gemalt hat, wider-
spricht der Meier-Gräfe'schen Lehre von der Einheit
und ist deshalb unkünstlerisch. —
„Los von Böcklin", mit diesem Rufe riß Meier-
Gräfe deu rothen Ruhmesmantel von den Schultern
des überschätzten Malers. Und wenn der Mantel
fällt, so muß der Böcklin nach. M. H., Heil dem
Manne, der als Meier ebenso Großes geleistet hat,
wie als Gräfe! M. 5)., Sie sehen, was er kann;
wenn er will, so haben wir die deutsche
Kunst!
Frido
Dem Andenken Hermann von Linggs
Verwelken wird der Kranz, den auf fein Grab
Die Welt gesenkten Hauptes tragt hinaus,
Doch ewig blühen wird der
Blumenstrauß,
Deu seine Hand dem deutschen
Volke gab!
* „Jugend“
6s tagt!
(Streiflicht der „Jugend")
Nicht etwa im preußischen Herrenhause, das jener
Reliquienschachtel im Kloster zu X. gleicht, in dem
seit vielen Jahrhunderten ein Stückchen der ägypti-
schen Finsternis aufbewahrt wird. Wohl aber in
den Köpfen der Edelsten und Besten unserer Nation
— dies Wort wieder nicht im Sinne der Herren
von und zu verstanden. Der evangelisch-sociale
Kongreß — von ihm rede ich — wird den politi-
schen Mumien schwer im Magen liegen; aber man
athmet ordentlich auf, wenn man den frischen Luft-
zug spürt, der von hier aus durch Deutschland weht
Keine Zugluft irgend einer Parteiclique, bei bei
man sich erkältet.
Aber diese Professoren und Pastoren haben Helle
Augen, um die Welt von heute so zu sehen, wie sie
ist, und ein braves Herz für ihre Mitmenschen,
auch wenn sie keinen Orden, sondern nur einen
Arbeitskittel tragen. Daß der Arbeiter auch ein
Nr. 26
Mensch und nicht blos eine Maschine ist, wurde
hier allseitig anerkannt. Und daß er als'Persönlich-
keit sich entfalten muß — gleichviel, ob es anderen
Leuten wider den Strich geht, — wurde immer und
immer wieder betont. Das Koalitionsrecht ist der
Eckpfeiler unser heutigen Kultur. Die Angst vor
dem rothen Tuch ist das Kennzeichen gewisser Thiere,
denen man nicht einen Ueberfluß an Intelligenz
nachsagt. Das war so ungefähr der Refrain der
Melodie. Den aus Pastoren- und Professoren-
munde zu hören, thut wohl in unseren Tagen,
wo man überall wieder das Messerschleisen der Scharf-
macher hört. Es tagt! Cri-Cr«
*
Prinzipienreiterei. Graf Lamsdorff ließ
bekanntlich erklären, daß die russische Regierung die
Anregung Roosevelt's „im Prinzip" annehme und
gegen Friedensverhandlungen nichts einzuwenden
habe, wenn Japan den Wunsch danach ausspreche.
Die russische Regierung ist „im Prinzip" auch für
eine Volksvertretung und hat gegen Verhandlungen
eines solchen Parlaments nichts einzuwenden, wenn
das letztere den Wunsch ausspricht, der Zar möge
die Gesetzgebung, die Rechtsprechung, die Religions-
Verhältnisse und die Steuern als absoluter Monarch
regeln.
Die russische Regierung ist „im Prinzip" auch für
die Ehrlichkeit und Unbestechlichkeit der Beamten
und hat nichts dagegen einzuwenden, daß derjenige
Unterbeamte streng bestraft wird, der seinem Vor-
gesetzten die Trinkgelder wegnimmt.
Die russische Regierung ist „im Prinzip" endlich
auch für Glaubensfreiheit und hat nichts dagegen
einzuwenden, daß auch die Angehörigen der nicht
orthodoxen Sekten die Juden todtschlagen.
*
Barri kadenstu deuten. Die „Kreuzzeitung"
ereifert sich mit Recht darüber, daß auch die zum
Kösener 8. 0. gehörigen Korps für die akademische
Freiheit eingetreten sind. Sind denn die Corps-
studenten Anarchisten geworden? Ein Corpsstudent
hat mit der Freiheit nichts zu schaffen, und wenn
es auch nur die akademische ist. Die Freiheits-
fchwarmerei führt zu so revolutionären Anschau-
ungen wie die, daß ein Nicht-Corpsstudent so viel
sei, wie ein Corpsstudent! Und die jungen Leute
nehmen dann diese anarchistischen Ansichten ins
praktische Leben mit. Durch sie wird dem niederen
Volke der Kopf verdreht und der Größenwahn greift
immer mehr um sich. Zuletzt wird noch jeder Ge-
richtsreferendar glauben, er sei ebenso viel wie ein
Regierungsreferendar.
Ostelbier
Ein Unterschied. Welcher Unterschied ist zwi-
schen dem Deutschen Kaiser und der interimistischen
norwegischen Regierung?
Der Kaiser schickt an seine Bürger oft unfreund-
liche Telegramme, aber er meint es nicht so.
Die norwegische Regierung hingegen sendet an ihren
König a. D. oft freundliche Telegramme, aber
sie meint es ebenfalls nicht so.
Oer norwegifche Kunfflriufer und der
ungcirifche Pcirodiff.
„Ceremfefe ! 3s lieh gor nif fchwer, dos Zirkel
zu mochen k"
501
■ -
[nicht signierter Beitrag]: Ein Unterschied
[nicht signierter Beitrag]: Prinzipienreiterei
Ostelbier: Barrikadenstudenten
[nicht signierter Beitrag]: Trost im Unglück
Cri-Cri: Die Antilopenhörner
Monogrammist Frosch: Eine glückliche Lösung
Frido: Vortrag des Herrn Deutobald Aftermann über Meyer-Graefe den Grossen und Böcklin den
Cri-Cri: Es tagt!
Monogrammist Frosch: Der norwegische Kunstläufer und der ungarische Parodist
[nicht signierter Beitrag]: Prinzipienreiterei
Ostelbier: Barrikadenstudenten
[nicht signierter Beitrag]: Trost im Unglück
Cri-Cri: Die Antilopenhörner
Monogrammist Frosch: Eine glückliche Lösung
Frido: Vortrag des Herrn Deutobald Aftermann über Meyer-Graefe den Grossen und Böcklin den
Cri-Cri: Es tagt!
Monogrammist Frosch: Der norwegische Kunstläufer und der ungarische Parodist