1905
rnäimertrcichtreSorm t
D TRännermitroett Du, moderne.
Hör meinen lauten Weckruf jetzt,
Daß Limas, mas Dich längst entsetzt,
Dein kluger Sinn bekämpfen lerne: ^
Laut schrei'n die Frauen nach Reform
Kanus da dem wann allein beh g ,
Sind nicht die Trachten, die nur tragen.
Dumm, wüst und lästig gan; enorm.
Zunächst des Äragens Duaicylmdcr.^
Der spannenhoch den Hals umschra
Zst er nicht häßlich unerlaubt
Und ist er martervoü nicht minder?
Lr schnürt uns die Äarotis zu,
Lr steigert das Talentzu Kröpfen,
Lr ist entsetzlich zuzuknöpfen
Und schmutzig wird er auch im Ru'.
Zum Paria macht er den Armen,
Der keinen Schwanenhals besitzt
Und ihn nicht trägt, weil er sonst schwitzt
An Sommertagen zum Lrbarmeni —
Das Schauerding sei abgethan —
Tragt jene Äragen, jene weichen.
Die LchiUern einst geschmückt, desgleichen
Lord Byron und den Dater Zahn'.
Und gar die Bügelfaltenhose,
Dle jede schöne Form maskiert
Und uns auf Schritt und Tritt geniert —
Sie grenzt schon an das Beispiellose'.
Beim Geh'n ist sie ein Hinderniß,
Zum Sitzen muß man erst d'ran ziehen
Und will man vor der Liebsten knieen.
So platzt sie uns am Änie gewiß'.
Wie viel bequemer ist die Kurze,
Drin längst der Radler sich bewegt
Und die der Alpenkrarler trägt
Beim Ausstieg und beim Riedersturzel
Wie schreitet leicht und zwangbefreit
Der kurzbehoste und elastisch,
Wie präsentiert sich draü und plastisch
Die Wade auch der Weiblichkeit!
J U G F. N D
Und weiter: Wie stupid und häßlich
Zst auch der Gehrock, d'rin der wann
Bekanntlich gar nicht gehen kann
Und der dem Dandy unerläßlich!
Und gar das Jammerbild des Fracks
wit dem gespalt'nen Schwalbenschwänze,
Der um die Beine schlappt beim Tanze —
D Gipfelpunkt des Ungeschmacks!
Auch was die Zorm des Seidenhutes
Betrifft, der uns als Zestschmuck krönt —
Wär man nicht an das Zeug gewöhnt,
wan fände schwerlich dran was Gutes!
Wem eine wütze nicht genug,
Dem kleidet, ist er noch so eitel,
Gewiß ein Schlapphut seinen Scheitel,
Wie Rembrandt ihn und Bismarck trug!
Und gar die Zarbenarmuth finde
Zch schauderbar an unsrer Tracht;
Richts, was dem Auge Freude macht,
Als kleideten wir uns für Blinde!
Wenn wir uns individuell
Die Farben wählten, wär's nicht netter?
wir paßt' ein Zlaus, ein violetter,
wit zeisiggrünem Beingestell!
Äurzum: Reform ist dringend nöthig!
Gegründet sei aus diesem Grund
Lin deutscher wännertrachtenbund —
Als witglied bin ich gleich erbötig!
Wir kleiden uns nach neuem Schnitt
Und neuem Stil in neuen Tönen —
wenn die Philister uns verhöhnen,
Wir pfeifen drauf! Run: wer pfeift mit?
Biedermeier mit ei
Nr. 28
Ans riitrtn Zuchthaus int Jahre 2005
Der Gefangene (Urkundenfälschung, Nothzucht
und Einbruchsdiebstahl) klingelt.
Das Hausmädchen (erscheint): Was befehlen
der gnädige Herr?
Der Gefangene: Ach Emma, mein Mause-
schwänzchen, Dich habe ich gar nicht gemeint.
Das Hausmädchen: Der gnädige Herr haben
aber einmal geklingelt; da muß ich kommen.
Wenn der Wärter kommen soll, müssen Sie zwei-
mal, und wenn Sie den Direktor wünschen, drei-
mal klingeln.
Der Gefangene: Ach, wie man hier in der
Freiheit beschränkt ist! Nun Emma, gib mir einen
Kuß und rufe mir dann den Direktor! (Emma ab.)
Der Direktor (erscheint): Sie wünschen?
Der Gefangene: Direktor, wie weit sind Sie
in der Disziplinaruntersuchung gegen mich?
Der Direktor: Ich bin eben zu Ende. Sie
haben die Zelle demoliert, den Aufseher beschimpft
und mich geprügelt. Deshalb erhalten Sie vier
Wochen Zwangsurlaub.
Der Gefangene: Was? Ich soll auf vier
Wochen von hier fort? Sie Barbar, Sie wollen
mich in die Freiheit verstoßen?
Der Direktor: Ja, ich konnte nicht anders.
Mer Wochen Zwangsurlanb ist das gesetzliche
Strafminimum für Ihre That.
Der Gefangene: Nun, dann schicken Sie mir
sofort den Psychiater cku jour. Ich bin heute
Nacht geisteskrank geworden und werde Ihnen
beweisen, daß ich krankheitshalber unfähig bin,
die Freiheit zu genießen. Fri<io
Aolrogens allerletzte Gründung: Das fahrende Ueber Operett’l
7
rnäimertrcichtreSorm t
D TRännermitroett Du, moderne.
Hör meinen lauten Weckruf jetzt,
Daß Limas, mas Dich längst entsetzt,
Dein kluger Sinn bekämpfen lerne: ^
Laut schrei'n die Frauen nach Reform
Kanus da dem wann allein beh g ,
Sind nicht die Trachten, die nur tragen.
Dumm, wüst und lästig gan; enorm.
Zunächst des Äragens Duaicylmdcr.^
Der spannenhoch den Hals umschra
Zst er nicht häßlich unerlaubt
Und ist er martervoü nicht minder?
Lr schnürt uns die Äarotis zu,
Lr steigert das Talentzu Kröpfen,
Lr ist entsetzlich zuzuknöpfen
Und schmutzig wird er auch im Ru'.
Zum Paria macht er den Armen,
Der keinen Schwanenhals besitzt
Und ihn nicht trägt, weil er sonst schwitzt
An Sommertagen zum Lrbarmeni —
Das Schauerding sei abgethan —
Tragt jene Äragen, jene weichen.
Die LchiUern einst geschmückt, desgleichen
Lord Byron und den Dater Zahn'.
Und gar die Bügelfaltenhose,
Dle jede schöne Form maskiert
Und uns auf Schritt und Tritt geniert —
Sie grenzt schon an das Beispiellose'.
Beim Geh'n ist sie ein Hinderniß,
Zum Sitzen muß man erst d'ran ziehen
Und will man vor der Liebsten knieen.
So platzt sie uns am Änie gewiß'.
Wie viel bequemer ist die Kurze,
Drin längst der Radler sich bewegt
Und die der Alpenkrarler trägt
Beim Ausstieg und beim Riedersturzel
Wie schreitet leicht und zwangbefreit
Der kurzbehoste und elastisch,
Wie präsentiert sich draü und plastisch
Die Wade auch der Weiblichkeit!
J U G F. N D
Und weiter: Wie stupid und häßlich
Zst auch der Gehrock, d'rin der wann
Bekanntlich gar nicht gehen kann
Und der dem Dandy unerläßlich!
Und gar das Jammerbild des Fracks
wit dem gespalt'nen Schwalbenschwänze,
Der um die Beine schlappt beim Tanze —
D Gipfelpunkt des Ungeschmacks!
Auch was die Zorm des Seidenhutes
Betrifft, der uns als Zestschmuck krönt —
Wär man nicht an das Zeug gewöhnt,
wan fände schwerlich dran was Gutes!
Wem eine wütze nicht genug,
Dem kleidet, ist er noch so eitel,
Gewiß ein Schlapphut seinen Scheitel,
Wie Rembrandt ihn und Bismarck trug!
Und gar die Zarbenarmuth finde
Zch schauderbar an unsrer Tracht;
Richts, was dem Auge Freude macht,
Als kleideten wir uns für Blinde!
Wenn wir uns individuell
Die Farben wählten, wär's nicht netter?
wir paßt' ein Zlaus, ein violetter,
wit zeisiggrünem Beingestell!
Äurzum: Reform ist dringend nöthig!
Gegründet sei aus diesem Grund
Lin deutscher wännertrachtenbund —
Als witglied bin ich gleich erbötig!
Wir kleiden uns nach neuem Schnitt
Und neuem Stil in neuen Tönen —
wenn die Philister uns verhöhnen,
Wir pfeifen drauf! Run: wer pfeift mit?
Biedermeier mit ei
Nr. 28
Ans riitrtn Zuchthaus int Jahre 2005
Der Gefangene (Urkundenfälschung, Nothzucht
und Einbruchsdiebstahl) klingelt.
Das Hausmädchen (erscheint): Was befehlen
der gnädige Herr?
Der Gefangene: Ach Emma, mein Mause-
schwänzchen, Dich habe ich gar nicht gemeint.
Das Hausmädchen: Der gnädige Herr haben
aber einmal geklingelt; da muß ich kommen.
Wenn der Wärter kommen soll, müssen Sie zwei-
mal, und wenn Sie den Direktor wünschen, drei-
mal klingeln.
Der Gefangene: Ach, wie man hier in der
Freiheit beschränkt ist! Nun Emma, gib mir einen
Kuß und rufe mir dann den Direktor! (Emma ab.)
Der Direktor (erscheint): Sie wünschen?
Der Gefangene: Direktor, wie weit sind Sie
in der Disziplinaruntersuchung gegen mich?
Der Direktor: Ich bin eben zu Ende. Sie
haben die Zelle demoliert, den Aufseher beschimpft
und mich geprügelt. Deshalb erhalten Sie vier
Wochen Zwangsurlaub.
Der Gefangene: Was? Ich soll auf vier
Wochen von hier fort? Sie Barbar, Sie wollen
mich in die Freiheit verstoßen?
Der Direktor: Ja, ich konnte nicht anders.
Mer Wochen Zwangsurlanb ist das gesetzliche
Strafminimum für Ihre That.
Der Gefangene: Nun, dann schicken Sie mir
sofort den Psychiater cku jour. Ich bin heute
Nacht geisteskrank geworden und werde Ihnen
beweisen, daß ich krankheitshalber unfähig bin,
die Freiheit zu genießen. Fri<io
Aolrogens allerletzte Gründung: Das fahrende Ueber Operett’l
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