1905
Nr. 43
Münchner G'stanjln
3m Rathaus von Minka
Geht's kreuzfidel zua,
Da werd' alli Tag' jetzt
Scho g'rafft in der Frnah.
Aber net, ob die Bratwurst'
San z'kloan oder z'groß,
Vder ob's O' für an Liter
Drei ©uarteln kriagst blos —
Naa, um was Genießbars
Zerkriag'n sie fi not,
Bios um zwoa — Juristen!
3s so was nöt blöd?
Sie genga sich z' Leib
Als wie a ßeigl*) so wüld.
Sie schrei'n, daß net Schön is,
Und Macker wird brüllt.
Und woaßt es, warum
Sie so fürchterlich thoau?
Die Andern woll'n Linksräth'-
Und Rechtsräth' die Ban'.
*) Lin junger Stier.
An das
geehrte Publikum zoologischer Gärten!
Ziegen, Pferde, Hunde, Schlangen, Drachen,
Schwiegermütter und andere Thiere beiderlei Ge-
schlechts finden unter coulanten Bedingungen in
meiner Theaterschule Ausbildung für die Bühne.
Florian Lndli aus Andalosien.
Poussieren und das Erzählen unanständiger Witze,
soweit es nicht die Ehe bezweckt, ist in der Theater-
schule streng verboten.
Siegfried lüagner’s „Bruder Eustig“
Eine kurze Inhaltsangabe
Der Kaiser Otto war auf der Fahrt,
Man stritt sich um des Kaisers Bart.
Da kommt der Heinrich von Kempten
Und klemmt 'n.
Die Mädel in der Andreasnacht,
Die sehen, was ihr künftiger macht.
Das zeigt ihnen unten im Thurme
Frau Urme.
Zuletzt verkündet Trompetenton,
Es seien ein und dieselbe Person
Die Brüder „Heinrich" und „Lustig".
Das wußt' ich.
Frido
Der preußische Landwirthschaftsminister v. Pod-
bielski hat seinen gemüthvoll-goldigen Humor noch
immer nicht verloren. Neulich äußerte er, als er die
Mastviehausstellung in Hamburg besuchte: „Nun
wollen wir uns die Fleischnoth ansehen!"
Excellenz sind witzig! Aber Excellenz verstehen
die Lage offenbar miß: Daß einzelne kolossale
Ochsen im Lande zu finden sind, haben nämlich auch
die nicht bestritten, die über die Fleischnoth klagen!
- B —
;£V
3Vei\
Zensier-6emälde aus der „Vofip*Kirche
zur glücklichen Beilegung des niarokko-
Streifes“
Der Besuch
Lesestück
Lange schon hatte sich unser guter Kaiser nach
dem Besuch seines guten Onkels E d i gesehnt, aber
nie wollte es damit was werden, weil der Onkel
drüben über'm Meer wohnte und eine Eisenbahn-
verbindung leider noch nicht hergestellt war. Allein
eines Tages fiel es dem guten Onkel bei, daß er ja
auch zu Schiffe übers Meer fahren könnte, nur blos '
nicht zu weit, etwa bis Schleswig-Holstein, und da
er wußte, wie dies den Neffen freuen würde, so be-
schloß er, ihn plötzlich einmal ganz heimlich und über-
raschend zu besuchen. Weil er außerdem die Borliebe
seines Schwestersohnes für Soldaten kannte, wollte er
auch gleich einen netten Hümpel mitbringen, so etwa
100.000 Mann, und in einigen Tagen sollte die
Ueberraschung losgehn.
Der Obermusikmeister komponierte für die kleine
Schaar noch einen recht hübschen Marsch, der den
Refrain hatte:
Onkel King Edi, Edi rückt an, rückt an,
Onkel King Edi, Edi rückt an.
Mit 100.000 Mann
Rückt Onkel Edi an,
Onkel King Edi, Edi rückt an. . .
und dann warteten sie blos auf das Zeichen, das
ihnen ein kleiner Junge Namens Deleassü ge-
ben sollte, um anzufangen. Aber siehe, das Zeichen
kam nicht. Etwas oder in etwas mußte dazwischen
getreten sein, und als sich der gute Onkel nach dem
Jungen erkundigte, war er reine weg.
Sehr betrübt packte der Onkel seine Soldatchen
wieder ein und muß sich jetzt eine andere Ueberrasch-
ung ausstudieren.
Doch unser Kaiser ist nicht so. Als er die Sache
erfuhr, schrieb er dem Onkel gleich diesen Brief:
„Lieber Onkel! Aber nein! Das thut mich leid,
daß Du so umsonst Dich bemüht hast. Na, ich nehme
die Freundlichkeit als empfangen an und damit Du
siehst, daß ich Dir ooch gerne eine Freude mache, ernenne
ich Dich zum Herzog von Lauenburg, was ja
nicht weit von Schleswig-Holstein is. Der Titel is
noch wie neu, denn er wurde gar nicht getragen und
Du kannst Dir noch ein „Sch" drauf nähen lassen,
denn das verdienst Du. Und wenn Du mich wieder
mal besuchen willst, nimm Dir ja keenen dummen
Jungen nich! Den Einen hats fortgeweht.
Willi."
So necken sich die Menschen, die sich lieben.
A. I». AI.
*
Schwarze Kande
Auf keine Kuhhaut geht's zu schreiben,
Wie schlimm es jetzt die Schwarzen treiben,
Die Bande! — Selbstverständlich meine
3ch nicht dem frommen Lentrum seine.
Nein, diese Schwarzen, das weiß 3eder,
Sind wirklich schwarz von Gberlederl
Aus Afrika, von west und Bsten,
Da kommen täglich Hiobsposten l
3etzt schreiben aus Dualla's Triften
Die Kerls auch noch Beschwerdeschriften,
Weil man — o Keckheit, nicht zu sagen! —
Die Hütten ihnen abgetragen!
War' so ein Neger brav und bieder —
Reißt man ihm seine Hütte nieder,
So thät' er lächeln als loyaler,
Reichsdeutscher Mensch und Steuerzahler!
Doch so ein Kameruner König,
Der weiß von Bürgertngend wenig,
Krakeelt und schreit und schimpft beträchtlich —
B, so ein Neger ist verächtlich!
Des Volkes schwarze Seelen kochen,
Weil ihm Entschädigung versprochen
Und nicht bezahlt der weiße Bruder —
©, so ein Neger ist ein Luder!
Die Lell's, die sind besonders böse,
versichert uns der Gffiziöse,
Lin niederträchtiger Gesell ist
Der Aqua Bell, wie's Bundo Bell ist!
Der Aqua Bell in Königsgala,
Der hetzt zu Haus bei den Dualla,
Der Bunds Bell hetzt gegenwärtig
3n Deutschland keck und ungebärdig !
von Anstand ist da nicht die Rede
Und saufen thun sie alle Beede,
Dazu geht — so ein frecher Hund' o! —
Noch mit der Zeche durch der Bundo I
Das ist der Dank der Unterthanen
3n Afrika für die Germanen,
Die sie durch Thristenthum und Bildung
Erlöst aus thierischer verwildung l
Das Saufen, Schimpfen und Betrügen,
Das macht der schwarzen Brut Vergnügen
Und täglich werden sie gemeiner —
Bei uns daheim thät so was keiner!
Jeremias
I!
s*r
Die 12 Landtags-Apostel der bayrischen Sozialdemokratie
A. Schmidhammet
Nr. 43
Münchner G'stanjln
3m Rathaus von Minka
Geht's kreuzfidel zua,
Da werd' alli Tag' jetzt
Scho g'rafft in der Frnah.
Aber net, ob die Bratwurst'
San z'kloan oder z'groß,
Vder ob's O' für an Liter
Drei ©uarteln kriagst blos —
Naa, um was Genießbars
Zerkriag'n sie fi not,
Bios um zwoa — Juristen!
3s so was nöt blöd?
Sie genga sich z' Leib
Als wie a ßeigl*) so wüld.
Sie schrei'n, daß net Schön is,
Und Macker wird brüllt.
Und woaßt es, warum
Sie so fürchterlich thoau?
Die Andern woll'n Linksräth'-
Und Rechtsräth' die Ban'.
*) Lin junger Stier.
An das
geehrte Publikum zoologischer Gärten!
Ziegen, Pferde, Hunde, Schlangen, Drachen,
Schwiegermütter und andere Thiere beiderlei Ge-
schlechts finden unter coulanten Bedingungen in
meiner Theaterschule Ausbildung für die Bühne.
Florian Lndli aus Andalosien.
Poussieren und das Erzählen unanständiger Witze,
soweit es nicht die Ehe bezweckt, ist in der Theater-
schule streng verboten.
Siegfried lüagner’s „Bruder Eustig“
Eine kurze Inhaltsangabe
Der Kaiser Otto war auf der Fahrt,
Man stritt sich um des Kaisers Bart.
Da kommt der Heinrich von Kempten
Und klemmt 'n.
Die Mädel in der Andreasnacht,
Die sehen, was ihr künftiger macht.
Das zeigt ihnen unten im Thurme
Frau Urme.
Zuletzt verkündet Trompetenton,
Es seien ein und dieselbe Person
Die Brüder „Heinrich" und „Lustig".
Das wußt' ich.
Frido
Der preußische Landwirthschaftsminister v. Pod-
bielski hat seinen gemüthvoll-goldigen Humor noch
immer nicht verloren. Neulich äußerte er, als er die
Mastviehausstellung in Hamburg besuchte: „Nun
wollen wir uns die Fleischnoth ansehen!"
Excellenz sind witzig! Aber Excellenz verstehen
die Lage offenbar miß: Daß einzelne kolossale
Ochsen im Lande zu finden sind, haben nämlich auch
die nicht bestritten, die über die Fleischnoth klagen!
- B —
;£V
3Vei\
Zensier-6emälde aus der „Vofip*Kirche
zur glücklichen Beilegung des niarokko-
Streifes“
Der Besuch
Lesestück
Lange schon hatte sich unser guter Kaiser nach
dem Besuch seines guten Onkels E d i gesehnt, aber
nie wollte es damit was werden, weil der Onkel
drüben über'm Meer wohnte und eine Eisenbahn-
verbindung leider noch nicht hergestellt war. Allein
eines Tages fiel es dem guten Onkel bei, daß er ja
auch zu Schiffe übers Meer fahren könnte, nur blos '
nicht zu weit, etwa bis Schleswig-Holstein, und da
er wußte, wie dies den Neffen freuen würde, so be-
schloß er, ihn plötzlich einmal ganz heimlich und über-
raschend zu besuchen. Weil er außerdem die Borliebe
seines Schwestersohnes für Soldaten kannte, wollte er
auch gleich einen netten Hümpel mitbringen, so etwa
100.000 Mann, und in einigen Tagen sollte die
Ueberraschung losgehn.
Der Obermusikmeister komponierte für die kleine
Schaar noch einen recht hübschen Marsch, der den
Refrain hatte:
Onkel King Edi, Edi rückt an, rückt an,
Onkel King Edi, Edi rückt an.
Mit 100.000 Mann
Rückt Onkel Edi an,
Onkel King Edi, Edi rückt an. . .
und dann warteten sie blos auf das Zeichen, das
ihnen ein kleiner Junge Namens Deleassü ge-
ben sollte, um anzufangen. Aber siehe, das Zeichen
kam nicht. Etwas oder in etwas mußte dazwischen
getreten sein, und als sich der gute Onkel nach dem
Jungen erkundigte, war er reine weg.
Sehr betrübt packte der Onkel seine Soldatchen
wieder ein und muß sich jetzt eine andere Ueberrasch-
ung ausstudieren.
Doch unser Kaiser ist nicht so. Als er die Sache
erfuhr, schrieb er dem Onkel gleich diesen Brief:
„Lieber Onkel! Aber nein! Das thut mich leid,
daß Du so umsonst Dich bemüht hast. Na, ich nehme
die Freundlichkeit als empfangen an und damit Du
siehst, daß ich Dir ooch gerne eine Freude mache, ernenne
ich Dich zum Herzog von Lauenburg, was ja
nicht weit von Schleswig-Holstein is. Der Titel is
noch wie neu, denn er wurde gar nicht getragen und
Du kannst Dir noch ein „Sch" drauf nähen lassen,
denn das verdienst Du. Und wenn Du mich wieder
mal besuchen willst, nimm Dir ja keenen dummen
Jungen nich! Den Einen hats fortgeweht.
Willi."
So necken sich die Menschen, die sich lieben.
A. I». AI.
*
Schwarze Kande
Auf keine Kuhhaut geht's zu schreiben,
Wie schlimm es jetzt die Schwarzen treiben,
Die Bande! — Selbstverständlich meine
3ch nicht dem frommen Lentrum seine.
Nein, diese Schwarzen, das weiß 3eder,
Sind wirklich schwarz von Gberlederl
Aus Afrika, von west und Bsten,
Da kommen täglich Hiobsposten l
3etzt schreiben aus Dualla's Triften
Die Kerls auch noch Beschwerdeschriften,
Weil man — o Keckheit, nicht zu sagen! —
Die Hütten ihnen abgetragen!
War' so ein Neger brav und bieder —
Reißt man ihm seine Hütte nieder,
So thät' er lächeln als loyaler,
Reichsdeutscher Mensch und Steuerzahler!
Doch so ein Kameruner König,
Der weiß von Bürgertngend wenig,
Krakeelt und schreit und schimpft beträchtlich —
B, so ein Neger ist verächtlich!
Des Volkes schwarze Seelen kochen,
Weil ihm Entschädigung versprochen
Und nicht bezahlt der weiße Bruder —
©, so ein Neger ist ein Luder!
Die Lell's, die sind besonders böse,
versichert uns der Gffiziöse,
Lin niederträchtiger Gesell ist
Der Aqua Bell, wie's Bundo Bell ist!
Der Aqua Bell in Königsgala,
Der hetzt zu Haus bei den Dualla,
Der Bunds Bell hetzt gegenwärtig
3n Deutschland keck und ungebärdig !
von Anstand ist da nicht die Rede
Und saufen thun sie alle Beede,
Dazu geht — so ein frecher Hund' o! —
Noch mit der Zeche durch der Bundo I
Das ist der Dank der Unterthanen
3n Afrika für die Germanen,
Die sie durch Thristenthum und Bildung
Erlöst aus thierischer verwildung l
Das Saufen, Schimpfen und Betrügen,
Das macht der schwarzen Brut Vergnügen
Und täglich werden sie gemeiner —
Bei uns daheim thät so was keiner!
Jeremias
I!
s*r
Die 12 Landtags-Apostel der bayrischen Sozialdemokratie
A. Schmidhammet
Jeremias: Schwarze Bande
A. D. N.: Der Besuch
Frido: Siegfried Wagner's "Bruder Lustig"
[nicht signierter Beitrag]: An das geehrte Publikum zoologischer Gärten!
Arpad Schmidhammer: Die 12 Landtags-Apostel der bayrischen Sozialdemokratie
[nicht signierter Beitrag]: Münchner G'stanzln
Monogrammist Frosch: Fenster-Gemälde
-g-: [Ohne Überschrift]
A. D. N.: Der Besuch
Frido: Siegfried Wagner's "Bruder Lustig"
[nicht signierter Beitrag]: An das geehrte Publikum zoologischer Gärten!
Arpad Schmidhammer: Die 12 Landtags-Apostel der bayrischen Sozialdemokratie
[nicht signierter Beitrag]: Münchner G'stanzln
Monogrammist Frosch: Fenster-Gemälde
-g-: [Ohne Überschrift]