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Ward keine Gesundheit getrunken!

Ist wo ein Parademarsch geglückt,

Da ist inan zufrieden, da ist man entzückt!

Und hat's im Manöver recht lustig gekracht,

Dann thut man wie nach gewonnener Schlacht —
Aber die dort wirklich in ernsthafter Not
Verbluten und sterben — die schweigt man

auch tot!

DaS fühl' ich — weiß Gott! — heut' als eine Schmach —-
Ihr Herrn, an die Gläser — wir holen cs nach! —
Im Tropenbrand an deS Südineers Strand,

Da fechten viel Tausend für's Vaterland . . .

Sie rief nicht die heilige Pflicht hinaus,

Die uns einst zürn Rheine getrieben,

Vor Jammer und Schande und Kricgesgraus
Zu schützen die Heimat, die Lieben.

Blos der Ruf erscholl: Für die deutsche Ehr! —
Da zogen sie fröhlich weit über's Meer,

Sich ohne Fragen und Zagen
Mit wüthcndeu Bestien zu schlagen!

Aber das ist kein frischer, fröhlicher Krieg,

Da gibt's keinen glänzenden, lohnenden Sieg:

Da lauert der Feind hinter jedem Stein,

Unhörbar wie giftige Rattern,

Und wagt sich nur Einer ans Kundschaft allein —
Hier — dorten hört er cs knattern —

Da winselt auch schon eine Kugel heran

Und Weh', wenn sie traf und traf nicht genug

Und es liegt Einer stöhnend auf einsamer Bahn!

Da hnscht's aus den Büschen wie Geicrflug
Und es reißt ihm ein scheußliches Negcrweib
Aus lebendem, schmerzendem, zuckendem Leib
Die Fetzen mit Messern und Nägeln! —

Da gibt's keine Schlacht nach den Regeln
Und will man es fassen da? finstere Pack
Und strafen für Mordthat und Schabernack,

Zerstiebt es nach allen Seiten —

Kein Teufel mag sie erreitcn!

Man jagt ihnen freilich nach — Jawohl!

Aber nicht durch Kartoffeln und Rüben und Kohl,
Vorbei an Brunnen und Schänken —

Auf dem Boden, der glühenden Ziegely gleicht,
Heißt's drei Tage laufen — um dann sich vielleicht
Zur Noth aus der Pfütze zu tränken!

Manch Einer Wohl schaut da in Durstes Qual
Auf dem Marsch durchs brennende Felsenthal
Voll Neid auf den Kameraden,

Dem eine Kugel zu gnädigem Tod
Ein Kasfernschütze geladen.

Die Noth um's Wasser, die Noth um's Brod,

Der Typhus, das schleichende Fieber,

Der Wahnsinn vielleicht im Todeskrampf —

Das sind die Schrecken in diesem Kampf
Und nicht das kleine Kaliber!

Aber furchtlos stürnien die Unfern voran —

Noch Jeder hat froh seine Pflicht gethan
Im Dulden, im Fechten, im Siegen —

Und zu all' dem eisernen Hcldenmuth,

Zu all' dem stille vergossenen Blut
Hat man geschwiegen, geschwiegen!

Hat dort geschwiegen, wo, wie Ihr wißt,'

Man sonst mit Worten nicht sparsam ist!

Der Moltkc, der immer ein Schweiger war —

Jetzt hätt' er für jene wackere Schaar,

Für ihre Thaten und Wunden
Gewiß ein Wörtlein gefunden.

Und hätt' es den Deutschen gebracht zu Gehör,

Den Deutschen — oben und unten!

„Und nun," rief schallend der alte Frondeur,
„Trinkt aus — und die Gläser in Scherben!

Der Moltke hoch! Und ein schallend Hnrrah
Den deutschen Soldaten in Afrika,

Seines Geistes tapferen Erben!" rntlen

Eine Moltke-Leier

(Mit zwei Zeichnungen von Angeio Jank)

Heut schoß unser Alter Blitze hervor
Unter seinen weißbuschigen Brauen
Und die Narbe glühte vom Scheitel zum Ohr,
Die sic ihm bei Loigny gehauen.

Erst hat er zerknüllt sein Zeitungsblatt,

Dann strich er es knurrend wieder glatt,

Griff hastig zum Glas und schluckte. ■—

Man sah cs ihm an, daß bitterer Groll
Dem Braven im Herzen zuckte. —

„Was gtbts, Herr Major? So sorgenvoll
Und so verdrossen? Just heute,

Wo sie da droben ein Denkmal geweiht
Dem größten Soldaten der großen Zeit,
Wär' Grund, daß Einer sich freute,

Der selbst mit dem Moltke da drüben ivar
Beim lieben Nachbarn im siebziger Jahr!"

Und Jener: „Mich freuen? Ja— freut sich was!
Grad' als ich heut' die Depeschen las
Bon dem lauten Berliner Trubel —

Berging nur die Stinmiung zuin Jubel —

Ich suchte da was — und fand es nicht!" —

Er wies auf die Zeitung mit finstern: Gesicht —
„Und das, Herr, will mich empören!

Ich glaubte: Heut werden wir's hören,

Wie man in Berlin die Tapferen preist,

Die fern auf dem Blutfeld der Ehre
Der Welt eben zeigen, daß Moltke's Geist
Lebendig uns lebt noch im Heere! —

Ach! — was auch geredet wurde beim Fest —

Auf unsre Soldaten, die dort in Südwest
Sich raufen mit schwarzen Halunken,
Register
Miles: Eine Moltke-Feier
Angelo Jank: Zeichnungen zum Text "Eine Moltke-Feier"
 
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