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Leopokds Hochzeit

(Lin Laschings-Scherz)

Das war ein fröhliches Treiben am sonnigen
Gestade des Mittelmeeres! Von allen Seiten eilten
die „Lebefürsten" zur Hochzeit ihres lieben, verehrten
Kollegen Leopold nach dem glücklichen Nizza.

Es war zwar keine „offizielle Verbindung" —
nein — durchaus nicht! — Leopolds „Schätzchen"
sollte ihn: nur „morganatisch" oder, wie er sich
mehr witzig als taktvoll ausdrückte, „zum linken
Bein" angetraut werden, aber doch liehen es sich
seine guten Freunde nicht nehmen, das höchst erfreu-
liche Ereigniß durch ihre Anwesenheit so eindrucks-
voll als möglich zu gestalten.

Das Fest-Arrangement, das Albert von Monaco
übernommen, war überaus gelungen: Im Stil der
„RheinischenKarnevals-Gesellschaft"; denn
es sollte eine ernsthafte „Hochzeit im Byzantinischen
Zeitalter" parodiert werden!

Auf dem Bahnhof hatte ein Dutzend Croupiers
in Gala-Uniform und der Charlottenburger „Klub
von 1899" mit der Fahne und den „silbernen Karten-
pauken", die ihm Albert neulich verliehen, Auf-
stellung genommen. Auch für einige Ehren-Jung-
frauen, die ein Berliner „Miethsbureau" engagiert
hatte, war gesorgt, ja die Kasino-Kapelle sollte
sogar bei Ankunft der Gäste das „Nieder! ändische
Dankgebet" intonieren.

Als Erster entstieg
der Allerwelts-Onkel
Eduard, Freund Leo-
polds aus der fidelen
Pariser Gar§on-Zeit,
dem Süd-Expreß. Sei-
ne linke Wange war
allerdings noch etwas
geschwollen, es stammte
von dem Unfall bei der
Fasanenjagd her, aber
mit der r e ch 1 e n lächelte
er so vergnügt, als ob
er in der letzten Zeit
gar keinen Aerger ge-
habt. Er und Leopold

umarmten und küßten sich zu
wiederholten Malen. — Dann
kam Alphons von Spanien,
der damals noch „frei" war
und für acht Tage von Mama
den Hausschlüssel erhalten
hatte, dann ein russischer Groß-
fürst Boris mit einer ge-
wissen Doris. Hierauf folgte
ein noch unbekannter Kron-
prätendent von Bulgarien, ein
gewisser Müller. Weiter ent-
stieg der junge Karageorgie-

zeitiges „freudiges Ereigniß" die silberne .Eb
st and s-Vorschuß-Medaille", und führte ar

witsch von Serbien demWagen,
auch Madame R i g o ausKairo,
die zur Dame ck'lionneur be-
stimmt war, übrigens, wie Leo-
pold sagte, immer noch eine
„hervorragend stramme
Kanone". Den Schluß mach-
ten einige weitere russische
Großfürsten.

Nun wurde die Braut „ein-
qeholt", das heißt nach dem
Hotel gefahren. Zwölf be-
kannte Berliner und Pa-
riser Lebemänner hatten sich freudig in den
Dienst der guten Sache gestellt und setzten die Gala-
Wagen unter dem Gesänge des Liedes „Lasset die
ieurigen Bomben erschallen" in Bewegung, dann
folgte — eine höchst originelle Anordnung! — eine
Trauer-Kutsche mit „Leidtragenden", unter ihnen
wurde auch die schöne ßleo sehr bemerkt.

Albert, der unermüdliche Naitre de plaisir, hatte
ein scherzhaftes „Standes-Amt" improvisiert, er selbst
und der Kronprätendent Müller stellten die soge-
nannten „Trauzeugen" dar, und der „Beamte", ein
russischer Großfürst, richtete die „kitzlichsten" Fragen
an das Brautpaar, worüber sich der junge Kara-
georgiewitsch halb tobt lachen wollte/



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eil f ’

Am köstlichsten aber war der gute, dicke Onkel
Eduard! Er hatte sich als „Hymen" kostümiert, aab
dem jungen Paare unter einer riesig ulkigen An-
sprache den offiziellen „Segen", überreichte ihm mir
deutlicher Anspielung aus ein ungewöhnlich früh-

„das Ganze" bei der darauf folgenden Desilier-Cour

e-

auch

Bei dem hierauf folgenden Hochzeits-Schmause
wurde natürlich nur Se kt (Marke Tip-top) getrunken.
Der junge Karageorgiewitsch, der ihn zur Hälfte
mit Slivowitz mischte, war bald ä tont und erhielt
von Don Carlos von Spanien, als er alle Grenzen
der Schicklichkeit vergaß und das Lied anstimmte
„Was haben die Mädchen für Hosen an?"
eine tüchtige Maulschelle.

Sonst aber war es heiter — sehr heiter!

Einer der Berliner Lebemänner trug ein end-
loses Leporello-Album vor „Aus Leopolds Leben",
im Stil der alten „Hobelbank", und Großsürst Boris
tanzte mit der Doris einen graziösen Mattchich.

Schlimm wurde dem kleinen Alphons mitgespielt;
er hatte sich einen ordentlichen „Schwips" weggeholt,
und diese Gelegenheit nahmen der Kronprätendent
Müller und ein russischer Großfürst wahr, ihn in
aller Stille zu „verloben" und zwar — o mochten
diese Zeilen niemals der reizenden Ena unter die
Augen kommen! — mit der Buffet-Mamsell des
Hotel Palace!

Dann wollte Albert natürlich ein „Jeuchen" en-
trieren, aber Leopold mahnte zum Aufbruch und
trat unter dem bedeutsamen Inkognito „Baron Soda
Soda" — der Gedanke der „freien Ehe" sollte da-
durch zum Ausdruck gebracht werden — seine Hoch-
zeitsreise an.

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Register
Arpad Schmidhammer: Illustrationen zum Text "Leopolds Hochzeit"
Max Brinkmann: Leopolds Hochzeit
 
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