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Dao Pikzmännchen

Karf Derm. (JTlüffcr (QYlüncjSen)

anfgenöthigt, weil der blitzende Glanz von Frau
Protzmanns Schmuck dem Augenlichte des Unvor-
bereiteten gefährlich werden konnte. Durch eine
geistreiche Vorrichtung drehte sich im Salon der
elektrische Luster wie in der Auslage einer Simili-
diamanten-Firma, so daß die Steine der Haus-
frau noch siuncnverwirrender glitzerten. Im Hause
Protzmann wird das kostenfreie Tageslicht, wie
es ärmere Leute benützen, überhaupt nicht ver-
wendet. Ihre elektrischen Lampen speisen sie dort
aus einer mit russischen Staatspapieren geheizten
silbernen Dynamomaschine. Ich küßte der schönen

Hausfrau die Hand, die ich freilich wegen der Last
der Perlen, Brillanten, Rubine, Saphire und
Smaragden, welche sie schmückten, nur mit äußerster
Anstrengung an meine Lippen zog. Ein dienst-
freier königlicher Ceremonienmeister servierte den
Thee in wundervollen altchincsischen Porzellan-
tassen, von denen er hin und wieder, offenbar
absichtlich, eine fallen ließ. Dann lächelte ihm
Frau Protzmann freundlich zu und flötete: „Nur
zu, Johann, es macht nichts — wir haben Gott-
lob noch mehr! Lassen Sie mit meinem neuen
Zobelpelz auswischen!"

Im Salon war eine illustre Gesellschaft ver-
sammelt, Geld-, Geburts- und Geistesaristokraten.
Man stellte sich einander in origineller Weise gegen-
seitig vor — z. B. „Löwenstamm, fünfthalb Mil-
lionen!" oder „Schnllrmaier, sechs RittergüterI",
„von Schnitzelpritz, 64 Ahnen!", „Graf Tappich—
llradel!" Als ich meinen Nanren nannte und
beifügte: „250,000 Mark", fragten die Meisten:
„Rente?" Die Unterhaltung war sehr lebhaft,
namentlich die Geistesaristokraten sprühten Geistes-
blitze. So oft das geschah, riß der Haushofmeister
von einer perforierten Tausendmarkscheinrolle die

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Fritz Frh. v. Ostini: Bei Protzmanns
Karl Hermann Müller: Das Pilzmännchen
 
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