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Aphorismen

Deut De. Bacr, Vberdorf.

Ein Stündchen der Erheiterung
wirkt meist diel segensreicher, als ein
ganzer Tag der Erbauung.

*

Nicht alle Wege führen zurück
von Rom.

#

Und wäre die Erde noch tausend-
mal größer — es wird immer wieder
sich ereignen, daß sie nicht Rani»
genug hat für zwei Große neben-
einander.

*

Mancher geht völlig ans in Schwärmerei
für die Menschheit, der nicht das Geringste
übrig hat für den Blens ch e n.

*

Die Adelsbriefe von heute entwickeln sich
mit Vorliebe aus Pfandbriefen.

*

Nur ein Gesetz, das die Gesundheit der
Völker schützt, ist im Stande, seine heiligsten
Güter zu wahren.

*

Man muß sehen, wie die meisten Menschen
genießen, um zu ahnen, was sie alles
entbehren.

*

Liebe Jugend!

Ein Pastor machte bei einem verheirateten
Amtsbruder Besuch, während der Unterhaltung
ka»i der jüngste Sprössling des letzteren, der sechs-
jährige Fritz, herein »nd reichte den: Besucher die
Hand.

„In welcher Klasse bist Du jetzt?" fragte dieser.

„In der ersten."

„Und was willst du werden?"

„weuu ich kein Chauffeur werden darf, daun
muß ich wohl auch Pastor werden," war die
Antwort.

Äricfwechsel zrveier Amtsgerichte

Kgl. Amtsgericht A. an das Kgl. Amtsge-
richt B. „In der Strafsache gegen Albert Braun
von Bärental wegen versuchten Totschlags er-
suche ich um dienstgcfällige Einvernahme eines
geeigneten sachverständigen über die Tragweite
und Gefährlichkeit des angeschlossenen, zur Tat
bculitzten Revolvers, insbesondere über dessen
Wirkungen auf die verschiedenen Körperteile."

Antwort des Amtsgerichts B.: „Zunächst bitte
ich um gefl. Erklärung, ob ich einen Arzt oder
einen Büchsenmacher vernehmen soll. Sodann
aber gestatte ich mir ergebenst darauf aufmerksam
zu machen, daß — soviel gcrichtsbekannt ist —
derzeit auch in B. kein Menschenmaterial vor-
handen ist, das bereit wäre, die Wirkungen des
übersendeten Revolvers auf die verschiedenen
Körperteile an sich erproben zu lassen."

Die Mündmer Banh der Spötter

Der NA'yamomat

von Karl Ettlingcv

(mit obiger Zeichnung von A. Schmidhammer)

Ich habe einen Freund, der lebt vom Witze-
machen. Er hat eine gute Schule hinter sich,
denn er war zwölf Jahre wciureisender. Nachdem
einmal eine Redaktion von zweihundert durch ihn
eingesandten Scherzen die zwölf ältesten acceptiert
hatte, sagte er der „Ehenüe" ade und wurde pro-
fessioneller kvitzbold. Er ist — wenn man ihm
glauben darf — Mitarbeiter sämtlicher Witzblätter
Deutschlands, steht sich sehr gut dabei und erklärt
bereits Alles, was er nicht selbst geschrieben hat,
für Schund.

Ich bewundere ihn. Denn Witze mache» ist
nicht leicht, besonders wenn man kein Talent
dazu hat. Ich bat ihn, mir doch das Rezept zu
verraten, nach dem er arbeite, und er ließ sich
erweichen. Deni obersten Schubfach seines Schreib-
pultes entnahm er eineu mächtigen Bogen Papier,
auf dem zu lesen stand:

Der schlaue Dackel — Die Schwiegermutter —
Die Lokalbahn — Die gute, alte Zeit — Der
schöne Leutnant — Der Parvenü — Moritzche —
Der Sonntagsjäger — Der Sonntagsrciter —
Die sitzengebliebcne Jungfer — Der zahnziehende
Dorfbader — Das gebildete Dienstmädchen —
Das Automobil — Auf der Schmiere — Das enfant
terrible — Der Hausfreund —- Der Berliner auf
der Alm —

„Aha l" sagte ich, „das ist das RohmaterialI"

„Bitte, auf der Rückseite steht auch noch was!"

Ich drehte das Blatt um und las weiter:

Der Kuß im Tunnel - - Die Frauenrechtlerin —
Der stehengeblicbene Regenschirm — Der zigarrcu-
stchleude Diener — Kasernenhofblüte — Der
Heiratsvermittler — Die zum ersten Mal kochende
junge Frau — Druckfehler — Die Ghumacht und
der neue Hut — Das Monocle — Der Gauuer
uud sein Verteidiger — Unter Freundinnen —
Der erste Patient —■ Student und Gnkel — Der
verschuldete Baron — Das falsche Gebiß — Der
schuurrbartlose Kadett.

„Siehst Du," sagte mein Freund, „öavon lebe
ich >"

„Massenmörder I"

„Gho, nur nicht so verächtlich I Nachuiacheu,
wenn Du kannst! So einfach, wie Du Dir's in
Deiner Einfalt vorstellst, ist die Sache doch nicht I
Man muß genau wissen, welche Art von Witzen
dies oder jenes Witzblatt nimmt, welche Form
cs bevorzugt. Das hängt oft von einer kleinen
Nuance ab."

„Ich verstehe nicht recht! Ein Beispiel!"

„Gut! Ich lese zum Erempel, daß es Unglück
bedeuten soll, wenn man Rotwein ausschüttet." —

„Ist das der Witz?"

„Bitte, ausredeu lassen I Es wird gleich einer
sein. Zunächst einer für die „Fliegenden
Blätter". Paß mal auf:

Junger Ehemann: „LiebeFrau,
Du hast mich nun davon überzeugt,
daß der Aberglaube doch Recht behält.
Bei unserem verlobungseffen schüttete
ich den Rotwein um, und richtig be-
gleitete uns Deine Mutter auf der
Hochzeitsreise!"

Dder eine andere Drapierung:
Raubmörder (bei der Henkers-
mahlzeit): „hopla, jetzt Hab' ich den
wein umgeschüttet. Passen's auf, Herr
Gefängniswärter, ob mir heut' nicht
noch ein Malheur znstößtl"

Oder:

Baron Tulpenstiel: „Isidor, Du
hast umgeschitt' die Flasch wci, wo mer
kost acht Mark! Das bedeut'ä Unglück,
ä großes Unglück!"

Die Frau Baronin: „wie heißt,
bedeut' ä Unglück? was kann das schon
sein for e Unglück bei ä Flasch for acht
Mark? wann's noch gewesen wär e Flasch ßu
zwanzig, könnt ich mer fürchten vielleicht!"

Ich nahm Platz. Im Stehen erträgt mau so
was bedeutend schwerer. Mein Freund sah mich
triumphierend an und fuhr fort: „Jetzt formuliere
ich denselben Witz für die „Jugend":

Humor des Auslandes

Der Besuch: „Um Gotteswillcu, jetzt habe
ich den Mein umgeschüttet, das bringt Unglück!"

Der Hausherr (leise): „Beruhigen Sie sich,
das ist gar kein wein, sondern 60 °/o Spiritus,
(0 ’/o Zuckersäure, >5 "/» Rotspon, ^2 °/o Aqua,
destillata und 3 °/o Smith's kondensiertes Wein-
aroma!" (Arizona Kicker)

Dder in's Mü n ch ucrisch e übersetzt:

„Herr Huber, sag'us amal, glaubn's jetz dös,
daß dös a Unglück bedeut, wannst a Maß um-
schrittst?"

„Frag net so dumm, Ramme! g'schertcr!
wannst a Bier vaschüttst, dös is imma a Un-
glück!"

Nun als politischer, aktueller Witz:

Der neue plutarch

Abg. Roercn saß nach der Kolonialdebatte in
der Restauration des Reichstags. Da schüttete cr
deu wein um.

„Der staminte gewiß aus dem Keller irgend
eines Börsenjobbers!" rief er wütend.

„wie kommen Sie darauf?" frug ihn boshaft
ein liberaler Kollege, „kvohl, weil Sic heute so
gründlich die Joppe voll gekriegt haben?"

Ich knöpfte mir die Weste auf, denn mir
wurde unangenehm heiß: „Sclterswasser hast Du
keines auf Deiner Bude?"

„Bedaure!"

„Dann fahre in Gottes Namen fort!"

„Jetzt kommt der Witz für den „Siinxli-
zissimus":

Leutnant: Aeh — schauderbar — fester»
Kasino Sektpulle nmjeschmissen un — äh —
heute schon üble Vorbedeutung cinjetroffen äh
— aus versehen Majestät im Manöver besiegt!"

Dder mit einer entsprccbenden Zeichnung von
I. B. Engl:

Bei der Beerdigung

„Schaugn's, Frau Nachbarin, daß dös a Un-
glück bedeut': vorgestern hat er au Terlaner
nmadumg'schmiss'u, un Abends trifft'» — Gott
hab'u selig — da Schlag!"

„Ja, ja, Frau Krautmeier, und sei Sau hat
aa'n Rotlauf kriagt!"-

„Säg' mir nur, Mensch: warum bist Du nicht
lieber Weinreisender geblieben?"

„Unterbrich mich nicht: jetzt kommt der Witz
in einigen Fassungen uubestimmteu Charakters,

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Index
[nicht signierter Beitrag]: Briefwechsel zweier Amtsgerichte
Dr. Baer: Aphorismen
[nicht signierter Beitrag]: Liebe Jugend!
Karl Ettlinger: Der Witzautomat
Arpad Schmidhammer: Die Münchner Bank der Spötter
 
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