Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Belehrung Paul Rieth (München)

„Baben Kamerad ne Hbnung, wat Etbik is?" — „ßtbth? 3s so det alljemeen-menscblicbe Dienstreglement for Civilpersonen.“

in beiten er allen unpolitischen Witzblättern,
Familienblättern und Hausfrauenzeitschriflen be-
gehrlich erscheinen blirfte.

Zunächst in Gebichtfonn:

Guter Rat

Die Fama sagts, brum wirb's so sein
Auf unserm Erbenball:
verschüttet Liner roten Wein,

So broht ein Uitglücksfall.

Drum rat' mit frohem Angesicht
Ich Dir als altes Haus:

„verschütte nie kein Weinberl nicht,
Und trink es lieber aus!"

Nun als Gebankensplitter: Mancher will
Atheist sein nub fürchtet sich, wenn er ein Glas
Rotwein verschüttet!

Run als Schüttelreim:

An eine Tstutter

Dir schafft gewiß Dein Kleines Wut,
verschüttet es bes Weines Glut.

Nun als Druckfehler: wenn man ben Rot-
wein nmstötzt — —"

Den Schluß hörte ich nicht mehr, ba ich mich
bereits auf ber letzten Treppenstufe befaub.

*

Likvk Jugend!

Inspektor Daseltiu auf Strichtow in Mecklen-
burg klagte mir neulich sein Leib. „Mat 's bat
Hirnin mit be hübige Iugenb! Moans ick gisteru
uns Leinjumpfer frag: Na, Nincken, frog ick, wie
is bat, bau slöpst wol be Nacht bi mtP, klönt bte
Deeru loß von Staatsanwalt un Mißbrauch ber
Dienstgewalt! Wenn ick fröher fon Wicht sag:
Na, Trine, sag ick, wie is bat, bau kömms wol
up be Nacht tau mi?, bann mach bie Deer» en
steuen Knix tut sag: ,weuu be Oerr Eutspektor
so gattb fielt willen.. ■ bat ’s ne graut Ihr' för
mi.' Tja, be upklarte Iugenb van hüt .. ."

Cot>uwabol>u

Schon wieder ist ein falscher Hauptmauu ver-
haftet worden. Ein Gasarbeiter spazierte infolge
einer Welte in der Uniform eines Hciuptmanns
durch die Straßen Schöuebergs, bis er verhaftet
wurde. Die Straßen Berlins und seiner Vororte
wimmeln jetzt von falschen Hauplkeuten; in allen
Trödlerläden sind Hauptmannsuniformen fast ans-
verkanft und nur noch mit hohem Agio zn haben;
die Soldaten machen vor Leutnants, Stabsoffi-
zieren und Generalen Honneurs, aber keinem fällt
es mehr ein, einen Hauptmanu zu grüßen. Vor
der Kompagniefront sagte ein Rekrut einem nett
ins Regiment versetzten Hauptmann, der ihm einen
Befehl erlheilte: „Ick bin ooch Schuster wie Du!"
Kein Theaterdirektor wagt es mehr ein neues
Stück von Hauptmanu anfznführen, weil die
Theaterbesucher annehmen, das sei kein echter
Hauptmanu.

Um dieseut Unwesen ein Ende zu machen, geht
man an allerhöchster Stelle mit dem Gedanken um,
entweder die Charge eines Hauptmanns ganz ab-
zuschaffen oder den Hanptlenten zu verbieten, außer-
halb des Dienstes Uniform zu tragen.

*

Der neue plutarch

„Lavuso thuk Buße!" erzählte cin witz-
hold seinem Freunde.

„wieso?"

„Aus Reue über das Vorgefallene und in
tiefstem Abscheu über die angeborene, sünd-
hafte, menschliche Schwäche, hat sich der Ita-
liener zu einer durchgreifenden Veränderung
seines Individuums, die ihn in den Stand fegt,

im Päpstlichen Lnabenchor die erste Sopran-
stimme zu singen, entschlossen!

vre varmber;rgkert AUaks

Nach einer arabischen Legende; übersetzt aus dem
Russischen von v. 53.

Als Allah bie Erbe uttb alles, was auf ihr
lebt, erschaffen hatte, sprach er: „Meine Geschöpfe,
ich schuf Euch, so gut ich es verstaub. Lebt eine
zeitlang unb bann kommt zu mir; unb wer ba
will, ben werbe ich nach seinem Willen mr
wanbeln."

Unb nach einer lvoche kam bas Roß unb sprach:
„Schöpfer ber Welt! Ich bin sehr zufrieben mit
mir, aber wenn Du mich ganz glücklich machen
willst, bann gib mir längere Beine, bannt ich
schneller laufen kann, einen schlankeren Vals,
bannt ich bester um mich schauen kann, einen
größeren Magen, bannt ich mehr fressen kann,
einen kürzeren Schweif, ber mich nicht beim Laufen
hinbert, ein dickeres Fell, damit ich es wärmer
habe, und einen natürlichen Sattel, damit man
bequemer auf mir sitzen kann."

Allah hörte das Roß an und sprach: „Dir ge-
schehe, wie Du willst, doch siehe zuerst, wie Du
alsdann ausschauen wirst."

Und er schuf das Kameel.

Erzitternd vor Schreck flehte das Roß Allah
an: „Barmherziger Schöpfer, vergib mir und laß
mich wie ich bin." Allah vergab dem Roste, je-
doch von der Zeit an erzittert das Roß immer
beim Anblick des Kamcels.

Und zu Allah kam der russische Premier und
sprach: „Schöpfer der Welt! Ich bin sehr zufrieden
mit mir, aber wenn Dn mich ganz glücklich machen
willst, dann hilf mir dazu, daß ich mich nicht zu
fürchten brauche weder vor den Revolutionären,
noch vor den Reaktionären, daß ich mich zu
Lande und zu Wasser frei bewegen kann, des
Geldes wegen nicht nur auf die Gelbschränke ber
ausländischen Bankiers angewiesen bin, sondern
dieses auch aus den durchlöcherten Taschen des
russischen Bauers ziehen kann, daß ich die Kon-
stitution versprechen kann und sie nicht zn ge
währen brauche, daß ich mich jederzeit auf das
Gesetz stützen kann, ohne je gesetzmäßig handeln
zn müssen, daß ich das Artheil der Gesellschaft
anrufen und Todesurtheile ohne Rechtsspruch
fällen kann, daß ich die Duma einberufen und sie au-'
einanderjagen kann und daß ich selbst in diese Dnina
gelaitgen kann und selbst davongejagt werde."
Register
[nicht signierter Beitrag]: Tohuwabohu
[nicht signierter Beitrag]: Tohuwabohu
Plutarch [Pseud.]: Der neue Plutarch
Arpad Schmidhammer: Illustrationen zum Text "Der neue Plutarch"
[nicht signierter Beitrag]: Liebe Jugend!
V. B.: Die Barmherzigkeit Allahs
Paul Rieth: Belehrung
 
Annotationen