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Die zweite

lyaager fricdenshonfercnj!

Da die erste Haager Friedenskonferenz
einen so kolossal mörderischen Erfolg er-
rangen hatte — vgl. rnssisch-japanischcn
Kriegt — so sieht sich das Komitee
veranlaßt, in Bälde schon eine zweite
Friedenskonferenz zn arrangieren: Aus
Petersburg kommt die Meldung, daß
die russische Negierung das Pogrom
für die zweite Konferenz bereits fertig-
gestellt habe; die Vorschläge an die
Mächte lauten:

1 Zur Schlichtung von Streitig-
keiten werden allerorts Feldg erichte
errichtet.

2. Meinungsverschiedenheiten werden
durch Pulver und Blei ausgeglichen.

3. Um eine schöne Einigkeit zu er-
zielen, werden Andersdenkende gehenkt.

4. Als Ort der Zusammenkünfte
wird ein russisches Gefängnis bestimmt-

Der Zar beantragt, daß mit der
Durchführung der ob gen Vorschläge
eine bombensichere Persönlichkeit
aus seiner unmitielbarcn Umgebung
betraut werde.

Schließlich hegtderZarden aufrichtigen
Wunsch, die Mächte möchten sich haupt-
sächlich dahin einigen: Auf welche
Art eine große Anleihe für Ruß-
land aufzutreiben wäre. irr»»«

Schxvarzrotes Vot'wtaserl

Von Kaffian KluibenfdjäDel, (Tuifelemaler

© Wanderer, bleibe stehen und betrachte dieses Taferl,

worauf gemalt ein roter Sozi vereint mit einem schwarzen Zentruins-

Schaferl.

Unverändert ist das Schwarz, aber sehr verwaschen sind die roten Farbe»,
Sintemalen sie im Sturm des letzten Wahlgewitters arg verdarben.

Laß' es noch öfters so gewittern, du liebes löerrgöttel im Kimme!,

Auf daß es nebst den, roten endlich auch vcrwasch' den schwarzen Lümmel!
Doch hast du übrig einen Blitz, so fahre auf dies Schandmal-Taferl drein;
Dann wird im großen deutschen Reiche wieder Fried' und Ruhe sein!

pikante Photographien

Der Handelsminister Franz Koisuth ist über
die Handlungsweise des Abgeord. Lengyel sehr
entrüstet. „Er hat Äklen und Briefschaften gestohlen
oder stehlen lassen," meinte er. „MeinGott. das ist ja
noch nicht so schlimm, so etwas kommt bei den frömm-
sten Zentrumsleuten vor, selbst in Deutsch-
land, wo man doch über Ehrlichkeit und Dieb-
stahl ganz veraltete und unmoderne Ansichten hat.
Also mag er stehlen; das ist unter Kameraden
ganz egal. Aber der Schuft hat die Akten pho-
tographieren lassen! So eine GemeinheitI Erst
enthüllt er und nachher photographiert
er! So etwas macht man wohl bei den Statuen
im Berliner Tiergarten; die enthüllt man und
dann photographiert man sie gleich, um den schönen
Anblick festzuhalten. Und auch bei der Baronin
Schön berger kann man das tun, aber doch nicht
bei de» Akten! Die Leute sollen froh sein, wenn
sie nicht wissen, was in den Akten steht. Die
Minister wissen's auch nicht und sind
gesund dabei!"

Münchner Schülcrgespräch

„In was für a Schul gehst denn Du?"

„In's Luitpold-Gvmnasium."

„So, — nach'r bist ja a Sozi."

*

Selbstlosigkeit unä Korruption

Unter den Blättern, denen von der ungarischen
Regierung Pauschalien in den Mund gestopft wor-
den sind, befindet sich auch dasjenige Blatt, in
dem Lengyel jetzt seiner Entrüstung über diese
Korruptionswirtschaft Luft macht, wir finden
es ganz selbstverständlich, daß auch dieses Blatt
ein Pauschale bekommen hat. Es hat die Summe
(es sind 5000 Kronen jährlich) natürlich nur aus
Selbstlosigkeit und reinem Patriotismus ange-
nommen. Denn wenn eine Zeitung den Kampf
für den reinen Schild der ungarischen Ehre führen
will, so muß es ihr zunächst ermöglicht sein, ohne
Geldsorgen überhaupt zu erscheinen. Und nur
um diese Möglichkeit zu erlangen, hat das Blatt

des Herrn Lengyel das Geld angeNöNt-
men. Es lag kein anderer Grund vor,
denn

zIverkauft keine ungarische Zeitung
der Regierung ihre Ueberzeugung um
schnöden Mammon,

2. sind 5000 Kronen jährlich zu die-
sem Zwecke zu wenig und

3. ist bei der jetzigen Konjunktur mit
dem Kampf gegen die Korruption
mehr zu verdienen.

Wohin gehört der Lehrer?

Nach einem Bericht der „Frkftr. Jtg."
hatte sich in Niederbayern ein Hilfs-
lehrer geweigert, die Schüler bei den
Bittgängen zu begleiten, d. h. bei den
Prozessionen, die veranstaltet werden,
um einen gnien Stand der Feldfrüchte
zu erflehen. Die Kreisregierung hat
diesen frechen Atheisten an den ©hren ge-
nommen; nur ihrer christlichen Nächsten-
liebe ist es zu danken, daß sie den Kerl
nicht ans der Schule warf, wo offiziell
die Kinder seien, so sagt die Regierung,
dahin gehöre auch der Lehrer.

So ist es recht I Am Tage sind die
Kinder offiziell in der Schule, dahin
gehört auch der Lehrer. Um 9 Uhr
Abends gehen sie offiziell ins Bett, da-
hin gehört auch der Lehrer. Für ihre
Sünden kommen sie in Arrest, dahin
gehört auch der Lehrer. Sie arbeiten im elter-
lichen K u h st a l l, dahin gehört auch der Lehre r.
Sie stehe» unter der Zuchtrute der Königlichen
Kreisregierung, dahin gehört auch der Lehrer.
Sie kuieen zu Füßen des Hochwürdigen Herrn
©rtspfarrers, dahin gehört auch der Lehrer.

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Hri Bernhard Dernburg

(Jur Reichstags-Lröffnungj

„Die Götter brauchen manchen guten Mai»,
Zu ihrem Dienst auf dieser wetten Erde!
Sie haben auch auf Dich gezählt."

(Aus Dernburg's bekanntem Dankschreiben an seine
Freunde)

Die Götter — ach, sie dürfen nimmer wandeln
Auf Erden, wie vor Zeiten sie's gefreut,

Der Götter Lieben und der Götter Handeln —
Durch schlichteMenschen bloß geschieht es heut:
Und meistens müssen sie gar lange suchen
Den, der das Rechte will, und der's auch kann!
Da möchten selbst die Götter manchmal fluchen —
Die Götter brauchen manchen

guten Mann.

Zwar gibt es viele, die sich eifrig ihnen
Empfehlen zu dem Stellvertreteramt
Mit frommen Worten und mit heil'gen Mienen,
Mit strengem Spruch, der Irdisches verdammt!
Doch taugen Göttern die Begehrlichen
Aus jener dunklen, allzugroßen Herde?

Die Götter brauchen nur die Ehrlichen
Zu ihrem Dienst auf dieser weiten Erde!

Schon manche haben unser wir genannt,

Die einen solchen Auftrag würdig trugen,

Aus engem Kreis, der traurig uns gebannt,

In stolze weiten uns die Brücke schlugen —
Du willst dasselbe kühn und kräftiglich:

Nun zeige, daß auch kein pollbringen fehlt!
Sei stark und froh, die Götter schau'n auf Dich —
Sie haben auch auf Dich gezählt!

Uori'oinii iin

Die Verlassile A. Schmldhammer

„Du ganz schlechter Kerl! Gel, solang' D' nix g'habr hast, war i Dir recht! Jetzt
hast Dir an Andre zuawig'lcgtl Aba da brennst Di, wenn D' moanst, i mach Die's
Aushilf-Madll"
Register
Kassian Kluibenschädl: Schwarzrotes Votivtaferl
Borromäus: An Bernhard Dernburg
[nicht signierter Beitrag]: Wohin gehört der Lehrer?
[nicht signierter Beitrag]: Selbstlosigkeit und Korruption
Ignaz: Die zweite Haager Friedenskonferenz!
Arpad Schmidhammer: Die Verlassene
Monogrammist Frosch: Illustration zum Text "Schwarzrotes Votivtaferl"
[nicht signierter Beitrag]: Pikante Photographien
 
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