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Nr. 19

1907

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flüchtig graziöse Abschluß der Vorführung. Ohne
das Tischchen wegzurücken oder etwa, abgesehen
von einem kurzen Nicken, vorher eine Pause ein-
treten zu lassen, vollführte die seltsame Variöte-
Prinzeß, halb im Abgehen, mit dem Kätzlein ein
so wunderlich-anmutiges Jagen und Haschen an
ihrem eigenen Körper, ein solches biegsames Hin
und Her und flitzendes Drehen, blitzschnell um
Kopf, Hals und Arme, Brust, Hüften, Beine, Füße,
daß einem ganz wirklich beim Zuschauen wurde.
Dieses scheue, apathische Mädchen konnte sich nun
garnicht genug tun, die ganze entzückende Ge-
wandtheit ihres Körpers zu zeigen. Von den
Zehen, die schlanken Beine empor, bis zu dem
lachenden, gekrönten Kopf war alles Bewegung,
Tanz, Jugend, Glück.

Plötzlich, das weiße Kätzchen mit den großen
gelben Augen auf ihrem Haupte haltend, stand
sie laut lachend einen Moment still und verschwand.

Wir glaubten zu träumen. Keiner unter uns
vermochte den Zauber zu erklären, mit dem dieses
so jäh verwandelte Geschöpf uns behext. Jndeni
die Musik ihren Walzer fortspielte, schauten wir
in unsere Biergläser. Zufällig sah ich meinen
lieben Freund, den Musikantenmax an; er warf
mir seinen schwärzesten Blick zu, indem er die
Lippen verzog und mit seiner langen, knochigen
Hand über sein Glas weg eine Bewegung machte,
als ob er einen Gaul zügele.

Die Vorstellung dauerte nicht mehr lange.
Alles brach auf. Wir kamen, da wir den vordersten
Platz gehabt hatten, als Letzte ans dem Saale,
indem wir die Möglichkeit erwogen, Mademoiselle
Fifine noch einmal in den Schuß zu bekommen.
Wir zögerten auf dem zugigen Korridor, und so-
eben erhob der wilde Schorsch in Tatenmut seinen
Arm, als sich eine kleine Seitentür öffnete und
Mademoiselle Fifine am Arme des kleinen Herrn
er chien, noch begleitet von einem scheußlichen, ge-
kräuselten Lassen im Cylinder. Wir hatten sie
zuerst gar nicht erkannt, da sie in einem langen
Mantel und Shawl gehüllt war und kleiner er-
schien, als vorhin auf der Bühne. Im Vorbei-
eilen sah ich nur von der Seite noch einmal die
feine Nase und den Schatten der Augen über der
entzückenden Perlenhaut ihrer Wangen.

Sie stiegen draußen alle drei rasch in eine
Droschke und fuhren davon. „Ihr nacht" schrieen
einige von »ns. Aber es war das beste, daß Ka-
rolus der Dicke gravitätisch sich nach rechts wandte,
der Straße zu, wo man Trost und Vergessen
finden konnte.-— —-

Herbstnacht, die meinen Heimweg überrauscht!
Laß mich in dich meine wohlige Weinsehnsucht
verschwärmen! Feen und Mignons, die die Poeten
sich ersinnen, lockt mich mit all einer lieblichen
Schwermut! Dufte mich an, du seltsamer Ozon,
der aus meiner Zukunft zu wehen scheint, wie ein
Gruß von Glanz, Glück und Frauenliebel Noch
in meinein Bett, im Dunkel meiner Kissen laß inich
dich sehen, dies weiße Kätzchen auf dem dunkel
gekrönten Haupt, die schlanken Arme erhoben,
laut lachend-*

Wahre Geschichcchcn

Eine befreundete Familie hatte Zuwachs be-
kommen. — Meinem kleinen Neffen machte mail
davon Mitteilung, indem man ihm sagte, der
Storch habe der Frau £. ein neues Söhnchen
gebracht. — „Nährt sie selber?" war seine
Entgegnung. *

Ein vor einigen Jahren verstorbenes (Original,
ein Pfarrer im Nidwaldner Ländchen, verstieg
sich in einer Predigt zu folgendem Vergleich:
„Die schlechten Ehemänner gleichen den alten
Phosphorzündhölzchen, die sich an jeder Reibfläche
entzünden; die guten aber sind wie die schwedischen,
die sich nur an der eigenen Schachtel entflammen."

Sdinee...

Seht ein weißes Kieseln
Lautlos durch die lischt.

Federzarte Flocken
Uederwehn mich sscht.

eine nsch der sndern
Schmilzt mir im Besicht
Und zertaut sm Hute
In krgstallnem Licht,

Hecht sn seiner Krempe
Sich rum perlengisnr,

Sibt im Schein der Sassen
heimlich-bunten Sisnr —

Uber wo's rur Lippe
Leis ein Flöcklein führt,

Sieicht's dem Kindermündchen»
vss Dich zag berührt.

Ist wie erster Küste
Köstlich-keuscher Lrsum,

Kühl von iilädcheniippen
Hingehsucht wie Flaum...

...Und wie dicht und dichter
Mich die lischt umschneit.

Mir suf alle Wege
weichsten Sammet streut,

Mir auf Haupt und Schultern
ihren treuen Sruß
Zärtlich niederflutet
Bi; hinab zum Fuß,

Scheint sie lauter Liede,

Mütterlich und still.

Die mich ganz umfangen
Und umfrieden will....

Ldmund fj. Friedrich

Über Florenz

Leise ziehen sich Schleier
An den Hügeln herauf. —

Die veilchenfarbene Ferne
Haucht zu dem ersten der Sterne
Licht-leichte Wölkchen hinauf.

Weicher werden die Linien,

Der Himmel lächelt nur matt;
Zwischen der Mandeln und Pinien
Duftende Wellenschäume,

Wie gebettet in Träume
Liegt sie, die schönste Stadt.

Stolz wie auf Siegcsbahncn
Schreitet der Abend darin,

Breitet die gold-roten Fahnen
Über die Häuser hin. —

Bald weckt er in allen Türmen
Die Glocken aus ihrer Ruh, —

Dann rufen die ewig jungen
Sich die Erinnerungen
Der großen Vergangenheit zu.

6rna Pjeimrnann

Liebe lugend!

Das dreijährige Llschcu erhält Besuch von,
Makel. Dieser will dem Rinde Geld zum Geschenke
machen und fragt cs: „Llscheu hast Du auch ein
Sparbüchschen?" Und mit blitzenden Aeuglein
entgegnet Elschen: „Lin Sparbüchschen, Mnkel,
Hab' ich nicht, aber sieh' da, — und dabei hebt
es sein Röckchen auf, — dafür Hab' ich ein
Reformbüxche n."

Serenissimus besucht eine Dorfschule. Der Lehrer
prüft und alles klappt vorzüglich. Serenissimus
sagt leise zu Rindermann: „Aber, Rindermann,
wozu haben wir denn den Menschen hier angestellt,
die Rinder können ja alles!"

*

Der Graf X. stand beim Dberlandesgericht £.
im ersten juristischen Examen. Da er absolut
bestehen sollte, fielen die Fragen dementsprechend
ans. Im Verwaltnngsrecht konnte er trotz
eifrigsten Besinnens nicht auf das preußische
Ministerium für Landwirtschaft kommen. Der
prüfende Vberlandesgerichtsrat wollte ihm helfen
und sagte ermunternd: „Na, Herr Graf, Sie wer-
den doch auch Güter haben. Welches Ministerium
wird dann da wohl in Betracht kommen?" Darauf
der gräfliche Randidat: „Aeh, äh, xardon, natür-
lich das Ministerium für Fideikommisse!" — Er
bestand die Prüfung.

vor eipem Vberstabsarzt erschien kürzlich ein
Jüngling, um sich auf Tauglichkeit als Schiffs-
junge untersuchen zu lassen. Er muß sich deshalb
entkleiden und steht nun vor dem Arzte da, nicht
in paradiesischer Schöriheit, sondern — der Herr
Roeren hätte seine helle Freude an ihm gehabt! —
züchtig mit einer Badehose bekleidet.

In der Geschichksstunde

Erna (bei der Rekapitulation der fran-
zösischen Revolution): „Ronstituierende Versamm-
lung, legislative Versammlung, Ronvent und —
und-"

Direktor, der wegen seiner Strenge ge-
fürchtet ist, will sie auf den Ansdruck Direktorium
bringen: „Nun, was bin ich denn?"

Erna (schnell): „Schreckensherrschaft!"
Register
[nicht signierter Beitrag]: In der Geschichtsstunde
Erna Heinemann-Grautoff: Über Florenz
[nicht signierter Beitrag]: Liebe Jugend!
[nicht signierter Beitrag]: Wahre Geschichtchen
J. Großwald: Zeichnung ohne Titel
Edmund H. Friedrich: Schnee
 
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