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Bravo, Rudi, ein feiner Witz! — Für Geld lut
die Martha alles, sogar schweigen. Das Schweigen
ist sozusagen eine. . . eine. - . wie sagt man da
gleich? . .. eine „passive Aktion" . .. Glänzendes
Paradoxon! —

Das ganze Bett wiegt sich in: Walzertakt . ■ -

— Einen Pierrot-Anzug wird er haben! . . . —

Picrrot ist fertig. Schneeweiß" Wie groß das
macht!

Er reckt sich hoch über die Martha hinweg, die
vor ihm kniet und noch etwas feststeckt.

Leiser Haarölduft steigt von ihr auf.

Er rümpft die Nase: Dienstmädchcnparfüm!
Na, mit so einer wird er sich heul nicht begnügen-
Eine Dame der Gesellschaft wird eS sein, eine
Dame mit „Roger-und Gallet"-Parfüm. in schwar-
zem, hochgeschlossenem Domino, tief rcrlarvt. Eine
Dame, die heimlich diesen Ball besucht, um das
Lebe,: kennen zu lernen. Er wird es sie schon
lehren! lind wenn sie vielleicht meint, daß er.. .

— „Nein, Gnädigste, Sie täuschen sich, ich habe
Erfahrung. Ja. ja, schöne Masle, ich weiß schon
Bescheid. Siehst Du, Du hast in Gedanken den
Handschuh abgestreift, und nun verrät Dich Deine
vornehme, gulgepflegte Hand." — Das hat er vom
Onkel Alfred gelernt. Der sagt immer: „Nur
Hände anschauen." — Na, wenn der auch nicht
Routine haben soll! Aber er hat auch Geschmack
und Feingefühl. — Eigentlich sehr traurig, daß
er den, Pava so unsympathisch ist, sein eigener
Bruder! Dabei im Grunde doch ein guter Mensch.
Tie Mama hat ihn oft genug verteidigt. Nun
tut sie's nicht mehr, es nützt ja doch nichts. —
Wird das heut noch einen Hauptspaß geben mit
dem Onkel Alfred I

„Juhul" —

„Ja, wenn Sie nicht still stehen, Herr Rudi!" —

„Ah ja, richtig!" —

Die Martha steht auf und leuchtet ihm, wie
er sich jetzt im großen Ankleidespiegel betrachtet:
doch gut, daß die Mama grad ihren Theater-
abend hat! —

„Reizend schau'n Sie aus, Herr Rudi I" —

So ein keckes Mädel! Aber heut' ivill er sich'S
mal gefallen lassen, daß sie ihn bei seinem Kinder-
namen nennt, mit dem die Mama ihn immer
noch ruft. —

Er kann sich garnicht von seinem Spiegelbild
trennen: Das weiche, weiße Gewand, vornehm
und doch lustig, steht gut zu seinem blassen Ge-
sicht mit den blauen Augen, den roten Lippen
und dem bißchen Dunklen darüber. Er schiebt
die Zunge unter die Oberlippe und blinzelt hinab,
da kann cr'S besser sehen. Schade, daß er die
Larve vornehmen muß, wirklich schade. Und noch
ein anderer Schmerz: Lackschuhe müßte er haben!
Die besitzt er nicht, trotzdem er doch wirklich schon
üil Lackschuhaltcr ist. Sein Freund Egon zum
Beispiel. . . — Aber der Papa wünscht eS nicht
und infolgedessen... — Na, er wird sich schon
amüsieren, auch ohne Lackschuh. So, und jetzt
flink noch die Larve. . . —

„Süß, schauen Sie aus. Herr Rudi!" —

Das Mädel ist wiiklich zu geldgierig, ob man
ihr noch. . . oder... — Pierrot läßt die Hand
mit der Larve sinken und sicht der Martha ge-
spannt ins Gesicht. Ah. wirklich, sie macht schmach-
tende Augen. — Flink herunter und in den
Wagen! —

„Verdrehen Sie nur nicht zu vielen den Kopf,
Herr Rudi!"

Und die Martha seufzt ein kleines bißchen!
Dann fällt der Wagenschlag zu.

Picrrot lehnt sich stolz zurück und lächelt: Der
Anfang war gut. . .

Möglichst nonchalant betritt Pierrot den Saal. —

Nun har also seine Sehnsucht Anker geworfen.

— Wie daS duftet! — Inbrünstig zieht er den
schweren, süßlichen Tust ein. — Aber was nun? —

Als Kind hat man ihn einmal auf eine große
Wiese geführt und gesagt: „Nun spiele!" Doch
er war ein Großstadtkind und nicht gewohnt auf
Wiesen zu spielen- Er sah die Blumen an und
die Schmetterlinge, die Maulwurfshügel und

normannische Bäuerin am Morgenieuer
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