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Port Hrthur

Der General Stöffel vertufchte und fchwindelte und befch—oß;

Der General Reuß, der kufchte, des Trinkgelds fröhlich gewiß.

Der General Smirnow dachte: ich lüg mich frei;

Der General Fock, der machte sich lustig über die drei.

Der Ruropatkin fprach: Witte ist fchuld am ganzen Skandal.

Der Witte erklärt: O bitte, fchuld ist der Herr General!

Auch ein paar Großfürsten gab es im feligen Port Arthur
Und eine Unmenge Schnabesl was fehlte eigentlich nur?

Die ganze edle Sippe da drinnen, ganz einfach, war

Ein „Verband echt ru f fifcher Leute" I Bleib ihnen gewogen, Zarl

A. I>e Nora

neujabrsgruss eines Krossvaters

an die Zungen

(Mit obiger Zeichnung von A. SchinidHammer)

wie wirbelt's in dem Rebelmeer
Um Luch, Zhr tapfer» Zungen,

Als war' ein neues wildes Heer
vom Lager aufgesprungen!

Das ruft so Klirrend durch die Luft
Zu rüstigem Gejaide!

Das schmeichelt süß wie Rosenduft!
Das Knistert nur wie Seidel

Scharfäugig geht's auf feidnem Schuh
Und flirrt in goldnen Locken
Und hält Luch beide Ghren zu
Vor dumpfen Kirchenglocken.

Den letzten Storch im Wiesengrund
Knallt schonungslos Zhr nieder,

Hetzt Frau Scholastika den Hund
Ans steife Zischbeinmieder.

wie wirbelt's durch die wolkenfchicht >
Zstit sehnsuchtheißen Stirnen
Sucht Zhr im Rebel neues Licht
Auf nie betretnen Firnen.

Hoiho l Zur neuen wilden Zagd
Die Gäule angetrieben!

© laßt auch Reunzehnhundertacht
Rur so die Funken stieben!

Hd. 6y

*

Vorfrühling der ^Theaterkritik

Der „Matin" in Paris hatte ange-
fangen. Er brachte, statt am Morgen
nach der ersten Vorstellung, schon am
Morgen nach der Generalprobe, also vor
der ersten Aufsübrung, Kritiken des Stücks
und der Darstellung. Und damit war
denn die soviel geschmähte und so oft in
die Irre gegangene Kritik endlich auf den
richtigen Weg geraten, auf den Weg der
P ränumeran d okritik, auf dem sie
rasende Fortschritte macht: Die Rezen-
senten erklären es nämlich für einen der
freien Kritik unwürdigen Zustand, daß
sie sich vorschreiben lassen sollen, über
welche Stücke und welche Schauspieler sie
schreiben sollen; sie setzten es durch, daß
die Wahl der zu kritisierenden Objekte
fortan ihnen überlassen bleibe. Von
jetzt an erscheint zuerst die Kritik;
dann besetzt der Theaterdirektor
die Rollen und erst dann dichtet
der Autor das Stück!

Aar würden Sie tun. wenn Sie rur
berrzcdaft gelangten?

Diese Frage hat der „Berliner Lokal-An«
z eig er" einer Reihe hervor ragenderFr au ei:
des In- und Auslandes vorgelegt, wir
laten desgleichen und erhielten unter anderen die
nachfolgende interessante Antwort:

„Dann würde ich eine wahre Landesmutter
werden. Der Schrei nach dem Rinde, voin
Throne herab ausgestoßen, könnte nicht mehr un-
gehört verhallen!"

Isolde L i l i e n g r ü n,

Dichterin, Schwabing.

*

Das Gerichtshofpital

(mit untenstehender Zeichnung)

Verteidiger des Angeklagten: Da mein
Klient nur noch dadurch am Leben erhalten
werden kann, daß er beständig in lauwarmem
Salzwasser sitzt, bitte ich, die Verhandlung bis
zum Osterfest 1909 auszusetzen!

Vorsitzender: Bedaure, die Sache muß im
allgemeinen Interesse so schnell als möglich er-
ledigt werden. Dein Angeklagten steht es frei,
seine Badewanne in den Gerichtssaal schaffen zu
lassen, wir schließen natürlich, um dem Publi-
kum durch den Anblick des nackten Bürgers kein
Aergernis zu geben, die Meffentlichkeit aus!

Verteidiger: Aber der perr Vorsitzende
selbst sollte sich einige Schonung auferlegen!
Gestern wurden bei ihm noch 7 Prozent Zucker
gefunden; dann hat er auch die Hydropsis in
den Beinen! —

Vorsitzender: Das Mitgefühl des L)errn Ver-
teidigers für inich ist durchaus deplaziert! Ich werde
der Verhandlung natürlich im Bett beiwohnen. —

Verteidiger: Der Herr Staatsanwalt aber
leidet, wie ich mit Bedauern konstatiere, an einem
derartigen Gesichtsrheumatismus, daß ihm die
Augen tränen! —

Staatsanwalt: Macht nichts! Die Herren
werden mir nicht übel nehmen, wenn ich meine
Kamillentee-Umschläge fortsetze und das Barett
mit einer warinen Pelzmütze vertausche. —

M. Br.

lkie Entlarvung der wiener i^arrendiebr

Nach Landsbut führte ihn sein Pfad,

Dort kaufte er ein Autorad.

Beim Kauf war er ein nobler Mann,

Er fing nicht erst zu handeln an.

Der andke sprach: „Half an die Luft!

Der, wo nicht handelt, ist ein Schuft.
Wer gleich auf einen Preis geht ein,

Der kann nur ein Spitzbube sein."

Drum meldet' er dem Amt den Zimmt, —
Und siehe da, es hat gestimmt!

*

Reorganisation
der Schutzmannschaft

In Berlin wurde ein Herr, der auf einem
Polizeirevier eine Beschwerde über einen Kutscher
Vorbringen wollte, ohne jede Veranlassung aufs
Brutalste mißhandelt. Auf seine Anzeige gegen
die betreffenden Schutzleute lehnte der Staatsan-
walt die Eröffnung eines Verfahrens ab, hingegen
wurde er selbst wegen Beleidigung der Schutzleute,
Widerstands gegen die Staatsgewalt und Haus-
friedensbruchs belangt. Erst auf seine Beschwerde
hin wurde auch gegen die Schutzleute ein Ver-
fahren eröffnet. Resultat: Freisprechung des
Mißhandelten, Verurteilung der Schutzleute. —
Der Umstand, daß Schutzleute verurteilt werden
konnten, schlägt dem Rechtsempfinden mit ge-
panzerten Fäusten ins Gesicht, wie schon der
Rame „Schutzmann" sagt, ist die heilige Her-
mandad dazu da, gegen das Publikum geschützt
zu werden. Es ist deshalb ein neuer „Kate-
chismus für Schutzleute" in Vorbereitung,
aus dem wir eine Probe mitteilen können:

Frage: was tun Sie, wenn im Polizei-
revier eine Beschwerde vorgebracht wird?

Antwort: Ich schmeiße zunächst sämtliche
Zeugen hinaus, damit sich der Beschwerdeführer
nicht beängstigt fühlt.

Frage: was tun Sie dann?

Antwort: Ich fordere den Beschwerdeführer

in liebevoller, höflicher weise zum Erzählen auf,
indem ich ihn einige Male gegen die
wand werfe, auf den Kopf haue und
würge. Sollte der Beschwerdeführer als-
damr noch iinmer Zeichen von Schüchtern-
heit von sich geben, so ziehe ich ihm ein
paar Säbelhiebe über, damit er sieht,
daß ich seinem Anliegen wohlwollend
gegenüberstehe.

Frage: was tun Sie nach Been-
digung des Protokolls?

Antwort: Ich lasse ihn in eine Zelle
abführen, damit er nicht unter eine
Straßenbahn oder ein Automobil gerät.

Frage: welche Formalität ist dann
noch zu erfüllen?

Antwort: Ich erstatte gegen ihn eine
Anzeige wegen Hausfriedensbruchs und

Der Katechismus ist schon heute
teilweise in Kraft!

Karlclien
Register
[nicht signierter Beitrag]: Die Entlarvung des Wiener Kassendiebs
[nicht signierter Beitrag]: Was würden Sie tun, wenn Sie zur Herrschaft gelangten?
[nicht signierter Beitrag]: Vorführung der Theaterkritik
Karl Julius Adolf Ey: Neujahrsgruss eines Grossvaters an die Jungen
A. De Nora: Port Arthur
M. Br.: Das Gerichtshospital
Monogrammist Frosch: Illustration zum Text "Das Gerichtshospital"
Monogrammist Hammer: Illustration zum Text "Neujahrsgruß"
Karlchen: Reorganisation der Schutzmannschaft
 
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