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Contessa di Spaghetti

Der amerikanische Abgeordnete Mac Garvin richtete
im Repräsentantenhaus einen heftigen Angriff auf
die reichen Erbinnen, die sich für ihre Millionen
mißratene und befleckte Exemplare der europäischen
Aristokratie kauften, um Gräfin Spaghetti oder
Contessa Maccaroni zu heißen.

Hör' diese Warnung, edles Uankee-Madel,

Und schmeiße dich nicht weg in Mesallianz
Mit Alteuropas abgehaustem Adel,

Ihm neu vergoldend seiner Wappen Glanz!

Du kriegst ja doch nichts als die Ausschußware,
Die sich bei Spiel und Weibern müd' gelumpt,
Die Manifestationseidjubilare,

Das Volk, dem Cohn und Levi nichts mehr pumpt!

Wirf doch im Banne deines Titelkollers
Nicht in den Rachen deinem Herrn Gemahl
Die vielen, vielen, vielen, vieler: Dollars,

Die mühsam dein Papa zusammenstahl,

Die er als Trustmann und im Aktienschwindel
In dümmerer Leute offnen Taschen fand,

Als Räuberchef vom Tammany- Gesindel,

Als FleischkonservendreckzengfabrikantI

Das Alles streust Du aus, als wie Confetti,

In Deines Dünkels aufgeblasnem Geist,

Damit man Dich Contessa di Spaghetti
Und Principessa Maccaroni heißt!

Du nimmst Europa's windigsten Gesellen,

In allen Lastern abgebrüht, darein, _

Um schließlich Mevrouw Gravin van Sardellen,
Um La Baronne de Boeuf braisö zu sein!

Du weißt, Du wirst bestohlen und verraten
Und ehlichst doch den Herzog von Ragout,

Du kaufst für eine Million Dukaten

Den Eearl of Rumpsteak und Lord Jrishstew!

Du kaufst Dir, Deiner Eitelkeit zum Kitzel,

Ten Fürsten Pilaw bald in Bukarest,

Und bald in Wien den Herrn Baron von Schnitzel,
Den Grafen Pörkölt dann in Budapest!

Bedenke, Miß! Die Namen, die illustern,

Sind oft verknüpft mit Menschen dritten Rangs —
Sie nehmen Dich — schau nach Pariser Mustern! —
Nur zur Bestreitung ihres Amüsmangs!

Sie halten Autos, Pferde und Mätressen
Auf Deine Kosten, skrupellos und frech —

O Mädel, höre auf Mae Garvin! Dessen
Philippika war wirklich nicht von Blech!

Doch nein! Mein Rat ist vorschnell und mein Tadel!
Nimm hin den Lord, den Conte und Marquis
Und andre angeknaxte Herrn vom Adel —

Dein Geld ist nämlich g'rad' so schlecht, wie sie!
Kauft sie uns ab, die morschen Wappenschilder
Und nagelt euch sie protzig an die Tür —

Und laßt uns lieber unsre guten Bilder
Und — Opernsänger dann im Land dafür!

A. Geigenberger

Sine interessante (Monarchenöegegnung

steht in bevor: dort werden sich der Sultan
von Marokko Abdul Asis und der Sultan
von Marokko Abdul Hamid treffen. Zur
Feier des Tages werden sich die beiden Sou-
veräne gegenseitig a b se tz e n. Damit sie nicht zu
hart Men, wird die Akte von Algeoiras
untergelegt werden.

KirclKndfenst

Der Zentrumsabgeordnete Giehrl führte im
bayrischen Landtag Klage darüber, daß die Kriegs-
verwaltung Lehrer, welche niedere Kirchendienste
verrichten müssen, nicht zum Reserve-Offizier
befördere. Der Kriegsminister erwiderte, daß er
auch fernerhin diesen Standpunkt einnehmen werde.

Dies ist umso begreiflicher, wenn man bedenkt,
daß die meisten Lehrer s elb st den niederen Kirchen-
dienst als eine mit der Standesehre nicht verein-
bare Last empfinden und kaum gesonnen sein
dürften, sich vom Abg. Giehrl in obiger Stellung
photographieren zu lassen. Der bayrische Zen-
trums-Abgeordnete scheint den Begriff „ecclesia
militans“ entschieden falsch aufzufassenl

weih Backe I Det is eine janz andere Tonart,
Dur, nich Moll. Da liegt Musike drin. Der
Unterschied ist der: wählen Sie Meyern, dann
sind Sie jemeiert, und wählen Sie pod'n, dann
sind unsere Gegner jemeiert. Und damit Adjes!"

*

flu$ dem ^Künftigen

Münchner fianüelshochzchutteben

Jin Kolonialwarenladen

„An scbön'n Gruß vom Vatta. I möcht' an
Mel um dreißig Pfenning."

„Die Ausbreitung des Trustwesens, die unserer
Volkswirtschaft eigentümlich ist, hat bewirkt, daß
momentan kein dem Streben nach dem höchst-
möglichen Gewinn entsprechendes Angebot' vor-
handen ist, aber die Naturgesetze der ökonomischen
Entwickelung werden mit Sicherheit dazu führen,
daß erstens dein Gefühl des Mangels an Petro-
leum erhalten bleiben wird und daß zweitens
dein Drang, diesem Mangel abzuhelfen, später
unter günstigeren Bedingungen befriedigt werden
kann."

*

Falsche Buchführung

„Kreuzhimmeldonnerwetter, die Bilanz stimmt
net, Sie Bindviech, was haben's denn da
wieder gemacht, Sie Bindviech, Sie geselcht's!"

„MH, Verzeihung, Herr Kommerzienrat, ich
habe auf der Aktivseite irrtümlicher weise auch
die Aktiven unseres Eorps Mercuria gebucht."

Standeserweiterung

„wir Malerinnen sind doch übel daran. Früher
durften nur wir auf den Gauklertag. Dann kam
Debschitz mit seiner Knnstgewerbeschule. Jetzt,
nachdem die Handelshochschule da ist, sind auch
die Verkäuferinnen bei Tietz für uns satisfaktions-
fähig geworden." Kakadu

n

Eine Wahlrede

Der Landwirtschaftsminister a. D. und Ko0
lonialwarengroßhändler a. D. von Podbielski
will sich im Wahlkreise Diepholz-Syke, der bis
jetzt durch den nationalliberalen Amtsgerichtsrat
Meyer vertreten ist, als Kandidat der Bündner
um das Abgeordnetenmandat bewerben. Er hat
in einer Bündnerversammlung eine kurze, aber
zündende Ansprache gehalten, die wir hier im
Wortlaut mitteilen:

„Immer ran, meine Herrschaften, immer ran!
Ick kenne meine Diepholzer. Wat in Diepholz
jetooft ist, ist ein Aas auf der Baßgeige und ettt
jewiegter, jesunder Junge. Und so'n heller Kopp
wird doch nich auf Meyern reinfallen, wer is
Meyer? Haben Sie nich den kleinen Meyer je-
sehn? Ick bitte Sie, ettt Meyer, der weder ein
weiches Ei hat noch ein hartes Ei, sondern janz
einfach blos ein Igrek. Wat rufen Sie da hinten:
Dreck? Grek habe ick jesagt, det konstatiere ick
hiermit stenographisch, damit sich nicht eine Dreck-
legende nt der sogenannten Presse bildet. Meines
Erachtens nach dürfen Sie keinen andern wählen
als mich, damit im Abgeordnetenhaus mal Zug
in die Kolonne kommt. wemr ick da erst driir
bin, denn lassen Sie mich nur machen; ick werde
den Herren scholr die Eisbeene knicket:; ick werde
ihnen uf det Jedächtnis tippen, det sie den Diep-
holzer Kreis für'n Ouadrat ansehn sollen. Und
der Regierung werde ick die Wurst ooch anschneiden,
wissen Sie, seitdeln ick da raus bin, machen die
Minister lauter Klulnxatsch. Da muß mal ein
tüchtiger Kerl mit 'ner elektrischen Latüchte ordent-
lich rinleuchten; det kann Meyer nich. Ne, vor
Meyern hat ein Minister keinen Respekt. Aber
wat meenen Sie, wenn ick komme, der pod? Ei

Unverbürgtes

weil die Begrüßungs-Telegramme zwischen
Memel und Lindau von Jahr zu Jahr immer
„bedenklicher" ausfallen, hat S. M. Kaiser wib
Helm den Dichter Joseph Laufs unter gleichzeitiger
Beförderung zum Oberstleutnant ä la suite des
3. Bat. Juf.-Rgts. von Boyen in Memel gestellt
mit der geheimen Ordre, die Offiziere besagten
Bataillons Deutsch und Skandieret! zu lehren.
Gleichzeitig soll Se. Kgl. Hoheit der Prinzregent von
Bayern in einem herzlichen Handschreiben gebeten
worden sein, kein Mittel unversucht zu lasset:,
um für die Garnisot: Lindau den Leutnant von
Versewitz als Lokaldichter ;u gewinnen.

II. Hellwag

fum (Kamöerger Hakk

„Sehen Sie, das ist wieder ein Beweis für
die Nützlichkeit der Sittlichkeitovereme! Hätte
es zu Goethes Zeit dergleichen gegeben, so
wären seine Schriften schon damals unterdrückt
worden und jener vedauernswerte Schüler hätte
dann statt des „Faust" den „Bayrischen Kurier"
studiert!"
Register
[nicht signierter Beitrag]: Unverbürgtes
[nicht signierter Beitrag]: Eine interessante Monarchenbegegnung
[nicht signierter Beitrag]: Zum Bamberger Fall
Pips: Contessa di Spaghetti
Monogrammist Frosch: Illustration zum Text "Der Reserveleutnant im niederen Kirchendienst"
August Geigenberger: Illustration zum Text "Eine interessante Monarchenbegegnung"
Frido: Eine Wahlrede
Kakadu: Aus dem zukünftigen Münchner Handelshochschulleben
Hans Hellwag: Illustration zum Text "Zum Bamberger Fall"
 
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