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Die Walküre an <Felix Weingartner

Bitter waren Wotans Strafen:

Hoch auf einem Felsensitz
Mußte ich im Panzer schlafen
In der größten Feuershitz'.

Doch zur Höllenpein verwandelt
Hast, o Felix, Du mein Los!

Meinen Leib hast Du mißhandelt
Pietät- und schonungslos.

Mit der Schere, wehe, wehe,

Hast Du ruchlos mich zerstückt,

Hier ein Ohr, und dort ’ne Zehe
Hast Du kalt mir abgezwickt.

Und ich war bis jetzt doch immer
Gut genug so, wie ich war!

War ein prächtig Frauenzimmer.

Halte ein drum, Du Barbar!

Hoch schätz' ich Dein Dirigieren,

Deinen Taktstock, Felix, ein —

Doch in puncto Komponieren
Rede nicht dem Richard drein!

* Bim

Zur Lehrerbesoldungsfrage

hat der Referent und Abgeordnete fylb bemerkt,
die Lehrer seien mit den Beamten der Kategorie \7
gar nicht zu vergleichen, denn sie hätten nur fünf
Stunden täglich zu arbeiten, dazu drei Monate
Ferien und überhaupt soviel freie Zeit, daß sie
sogar noch umfangreiche Nebenbeschäftigungen be-
sorgen. Da hat dieser Held ganz Recht. Er hätte
hinzufügen können, daß die unzufriedene Gesell-
schaft nicht nur Zeit hat, Meßner- und Gemeinde-
schreiberdienste nebenbei zu tun, sondern sogar auf
Versammlungen zu gehn, Proteste zu beschließen,
ja, daß einige selbst Zeitungsartikel und Bücher
gegen Jesuiten schreiben können!

Trotzdem wagen es diese Menschen, eine Be-
zahlung zu verlangen, die in gar keinem ver-
hä tnis zu ähnlichen Arbeitsleistungen steht! was
bekommt z. B. ein Maurer pro Stunde? 50—60
Pfennige! Und doch ist dessen Arbeit entschieden
anstrengender und aufreibender als die eines
Lehrers, der für seine 5 Stunden etwa 4. Mark
bekommt, wobei die Ferien sogar als Arbeitstage
eingerechnet sind! Ein Kanalräumer steht sich noch
niedriger und eine kgl. Aufwaschfrau erhält 25 Pfg.
pro Stunde — hat man aber jemals gehört, daß
diese Kategorien sich zur Aufnahme in die Klasse
XVII gemeldet hätten? Nur den Lehrern war es
Vorbehalten, derartige überspannte Anforderungen
zu stellen, und weshalb? weil sie das Ueber-
flüffigste zu tun haben, was es gibt: unsre Kinder
zu unteirichten!

Nein, für solche Faulenzer und Volksvergifter
hat das Zentrum kein Geld. Mögen die Dummen,
welche ohne Lehrer nicht leben zu können glauben,
ihren Luxus selbst bestreiten. Daß ein wahrer
Geistesheld es auch ohne oder trotz der Lehrer zu
etwas bringen kann, beweist unser Herr Referent,
dem sicher alle Lehrer eine Dankesadresse für ihre
gerechte Würdigung zusenden würden, wenn sie
lauter Hämel wären. Schade, daß es nicht der
Fall ist! a. ». A.

Hcucfte uns allerneueste Nachrichten!

Die „Leipziger Neuesten Nachrichten" berich-
ten, auf der Scheune des Gutsbesitzers Glahel in
Landsberg habe ein Storchenpaar genistet. Der
Sohn eines Nachbarn habe ein Gänseei in das
Nest geschmuggelt. Zwei Tage nachdem die Eier
ausgebrütet waren und aus dem hineingeschmug-
gelten Ei natürlich statt eines Störchleins ein
Gänslein gekrochen war, habe dcr männliche
Storch sich vier Genossen geholt und im Verein
mit diesen die Störchin totgehackt.

Die „Leipziger Allerneuesten Nachrichten" brin-
gen die Fortsetzung dieser Geschichte. Danach hat
der Storch, der sich in seiner Gattenehre gekränkt
und auf seiner Stirn ein Hirschgeweih zu sehen
glaubte, nachträglich den Streich des Nachbar-
sohnes erfahren. Er habe sofort seine vier Ge-
nossen wieder zusammengerufen, die in dem Wit-
wernest eine Beratung abgehalten hätten. Man
habe gegen den Nachbarsohn eine fürchterliche
Strafe beschlossen: alle Störche Sachsens
treten für die Lebenszeit des Frevlers
in den Ausstand, so daß dieser kinder-
los sterben muß.


Statistik

von einem Frauenkongreß in Rom
(laut offizieller Zählung)

Zu dem Kongresse kamen
Ins heilige Rom an Damen
Dierhundersiebenundvicrzig an der Zahl:
Ehefrauen sechsundzwanzig,

Witfrauen achtundzwanzig,

Jungfrauen dreihundertzweie an der Zahl:

Als „Sonstige" bekannten

Sich die noch Ungenannten

In summa einundneunzig an der Zahl.

Erst über Fünfzig zählten

von diesen Auserwählten

Dreihundertachtundsiebzig an der Zahl,

Nicht ganz so jung mehr waren

Die Anderen an Fahren,

Die andern neunundsechzig an der Zahl.
An Müttern gab es neune,

Zweidrittel war es eune

Und kiuderfrei der Rest der großen Zahl.

Perücken trugen zwölfe,

Brillen einhundertölfe,

Lorgnetten hundertsieben an der Zahl.

„Mein lieber Sohn, Du tust mir leid,

Dir mangelt die Enthaltsamkeit!

Enthaltsamkeit ist das "Vergnügen

An Sachen, welche wir nicht kriegen.

Drum lebe mäßig, denke klug:

wer Nichts gebraucht, der hat genug!"

Exzellenz, Magnifizenz, Konsequenz?

Ulan macht dem Minister des preußischen
Geistes einen Vorwurf daraus, daß er Frauen
als Privatdozenten nicht zuläßt. Aber die Lehr-
körper der Universitäten haben sich dagegen aus-
gesprochen; der Vorwurf gegen den Minister ist
also ungerechtfertigt. Dieser kann doch in einer
solchen Frage nicht lediglich nach eignem Gut-
dünken entscheiden; er trägt ja auch nicht allein
die Verantwortung; er muß vielmehr erst die
Meinung der Lehrkörper einholen. Die Selbst-
ständigkeit der Universitäten verlangt dies; sie
sind doch nicht Marionetten in der Hand des
Ministers I

Man macht dem Minister des preußischen
Geistes einen Vorwurf daraus, daß er den National-
ökonomen Professor Bernhard über die Köpfe der
Fakultät hinweg nach Berlin berufen hat. Der
Vorwurf gegen den Minister ist ungerechtfertigt.
Dieser muß doch in einer solchen Frage lediglich
nach eigenem Gutdünken entscheiden; er trägt
ja auch allein die Verantwortung; er kann doch
nicht jedes Mal erst die Meinung der Lehrkörper
einholen. Die Selbständigkeit seines Amtes ver-
langt dies; er ist doch nicht eine Marionette in
der Hand der Universitäten! Frido

Der Handschuh und die Anstiftung!

In dem Soldatenmißhandlungsprozeß, der sich
in Berlin gegen den Sergeanten Balk und Ge-
nossen vom 4. Garderegiment zu Fuß abspielte,
sind von den Verteidigern einige goldene
Worte gesprochen worden. Der eine Verteidiger
behauptete, Soldaten, die künftig einmal in die
Schlacht gehen sollten, könnten nicht mit Glace-
handschuhen angefaßt werden. Wie richtig, wie
wahr, wie weise! Soll man die dreckigen Kerls
mit Glacehandschuhen, womöglich mit weißen an-
fassen? Das darf mit Rücksicht auf die Glace-
handschuhe der Vorgesetzten nicht sein; man würde
die Kerls ja sonst der Bestrafung wegen Achtungs-
verletzung gegenüber einem Vorgesetzten Glacehand-
schuh anssetzen.

Ein anderer Verteidiger meinte, die geistig und
körperlich schwachen Mannschaften fordern zu den
Mißhandlungen geradezu heraus. Unerhört von
den schlappen Kerls! Wie können sie es wagen,
Vorgesetzte herauszufordern? Das ist an sich schon
strafbar. Aber auch sonst vergehen sie sich gegen
das Strafgesetzbuch; sie reizen ihre Vorgesetzten
direkt zu den Mißhandlungen; sie stiften sie dazu
an, fuit) also wegen Anstiftung zur Körperver-
letzung zu bestrafen. Deßhalb müssen erst die Ge-
mißhandelten ins Loch und dann erst die armen
Verführten, die Mißhandelnden!

Erst schrieb man Ansichtskarten,

Mit Grüßen aufzuwarten,
Einhundertvierzigtausend an der Zahl,

Dann hielt man Red' um Rede
(Die Reihe kam ait Jede):

Sechshundertacht undzwanzig an der Zahl;
Es sprachen warm und würzig
Vierhundertsechsundvürzig,

Geschwiegen hat nur eine an der Zahl.
Geschwiegen hat nur eine,

Nur eine ganz alleine,

Nur eine, einzig eine an der Zahl.

Und warum schwieg die eine,

Die eine ganz alleine?

Taubstumm war diese eine an der Zahl!

Etzel

*

Eine gerechte Teilung

Im Obertaunuskreise hat der Zentrumskandidat
von Stumpf-Brentano dem Kandidaten der frei-
sinnigen Volkspartei Goll- Frankfurt folgendes
Kompromiß angeboten: Die Freisinnigen sollten
für Stumpf stimmen; dieser wollte sich dafür
notariell verpflichten, am 1. Januar 1911 zurück-
zutreten, worauf dann der freisinnige Kandidat
mit Unterstützung des Zentrums gewählt werden
sollte.

Der Vorschlag ist mit Recht zurückgewiesen
worden; denn was sollte dann geschehen, wenn
das Abgeordnetenhaus vor dem 1. Januar 1911
aufgelöst würde? Rein, billiger und gerechter
wäre folgender Vorschlag, der leider nicht gemacht
worden ist: Gewählt wird mit Hilfe des Zentrums
der Freisinnige Gott. Derselbe verpflichtet sich
notariell, mit Stumpf immer dieselbe Barttracht
und dieselbe Kleidung zu tragen, so daß beide
leicht verwechselt werden können. Goll erscheint
im Abgeordnetenhaus, hält, falls es notwendig
wird, Reden und arbeitet in den Kommissionen;
nur bei den Abstimmungen erscheint an seiner
Sülle Stumpf, der unter dem Namen Goll ab-
stimmt. Die Freifahrkarte und die Diäten erhält
Stumpf, der auch etwaige Einladungen zu Stu-
dienreisen und zu Freibier annimmt.

Ein kaiserlicher Erlaß

„Der Führer, der namens des Kaisers seine Be-
fehle gibt, darf nie vergessen, daß ungesetzliche An-
ordnungen, ungerechte, kränkende Behandlung der
Untergebenen einem Mißbrauch der Kaiser-
lichen Gewalt, einer M a j e st ä t s b e l e i d i g n n g
gleichkommen. Gleichgültigkeit oder Geringschätzung
gegen die Untergebenen würde das Band zerreißen,
das Führer und Mann verbinden soll, und Uneinig-
keit ins Heer tragen. Das wäre ein Verbrechen gegen
das Vaterland."

Wahrhaft kaiserliche Worte!

Schade, daß an jenem Orte,

Wo sie jüngst gefallen sind,

Spricht — japanisch jedes Kind!

Ipsissimus
Register
[nicht signierter Beitrag]: Der "Ideal-Michel", wie sie ihn gern haben möchten!
Frido: Neueste und allerneueste Nachrichten!
Ipsissimus: Ein kaiserlicher Erlaß
Frido: Eine gerechte Teilung
Frido: Der Handschuh und die Anstiftung!
Bim: Die Walküren an Felix Weingartner
Theodor Etzel: Statistik
Arpad Schmidhammer: Illustration zum Text "Der 'Ideal-Michel', wie sie ihn gern haben möchten!"
A. D. N.: Zur Lehrerbesoldungsfrage
Frido: Exzellenz, Magnifizenz, Konsequenz?
 
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