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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 15.1910, Band 1 (Nr. 1-26)

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https://doi.org/10.11588/diglit.3952#0096
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Rinder des Dionysos

Heinrich Kley (München)

„Nymphen, Mänaden und Faune, Ihr lustiges Göttergcsindel,
Rüstet Euch wieder zum Zug! Schmücket Euch wieder

das Haupt!"

Also rief laut Dionys und knickte dabei eine Reblaus.

„Seht, ein köstlich Gefährt steht uns bereit zu der Fahrt!

Auto nannt' cs Hephästos, der schmiedende hinkende Bote,

Steiget hinein, holla hopp! eh' es mit Stank explodiert!"

Hei, wie schwangen sich da in den Wagen die Kinder der Freude!
Doch ein Mänadchen, es srug: „Sag, wohin führst Du

uns heut?

Wieder zum Peleponnes? Den Hab' ich schon dick bis zum Halse!
Wieder nach Attikas Strand? Nein, dort ist mir's zu fad!"

Lachend, mit zärtlichem Klaps, erwiderte stolz Dionysos:
„Kinder, nun spitzet das Ohr! Herrliches steht Euch bevor!
Fern, wo die Isar sich wälzt, herrscht heiter der dicke Gambrinus!

Wie mir heilig der Wein, schützet Kollega das Bier!
Langweilig ist's bei den Griechen, seit Zeus das Zipperlein kriegte,
Aber in Jsarathen quillt noch des Uebermuts Born!

Dorthin ziehen wir heut', zu schauen mit griechischen Augen,
Was in germanischem Land Tolles und Keckes gedeiht.
Aber es dränget die Zeit, sonst kommen zu spät wir zum Fasching.

Kurbelt das Auto nun an! Faun, Du machst den Chauffeur'"
Hei, schon rasselt es laut! Schon schwinden im Fluge die Felder!
Schmettert den Einzugsgesang: „Prosit! Duliöh! Evoe!"

H. E.

Ein glänzendes Fest

war Heuer wieder der H eloten-Ball in der
Gerstenwcinsabrik von SCHWABINGAE, der,
ob ihrer hochgradigen Intelligenz berühmten,
nördlich der Akropolis gelegenen Vorstadt von
Athen. Das Fest war von den Schülern des
Apelles, Zeuxis, Parrhasios und Skopas ver-
anstaltet und seine Teilnehmer kamen in den
ländlichen Kostümen lakonischer Heloten, ar-
kadischer Schäfer, böotischer Schweinezüchter
u. s. w. Es verlief glänzend. Noch Morgens
fünf Uhr dröhnten die genagelten Sohlen der
Sandalenplättler auf dem Marmorboden und
ein Mischkrug nach dem andern wurde leer.
Der Ton war überaus gemütlich — nur ein
peinlicher Zwischenfall kam vor. Ein gewisser,
in der Lebewelt sehr beliebter Alkibiades war
mit einer Dame erschienen, deren Kostüm mehr
als frei genannt werden mußte. Diese — eine

Capcrnhändlerin Namens Phryne, übrigens
als Modell des Herrn Professor Praxiteles
schon bekannt, hatte von der Erlaubnis, als
Landmädchen barfuß zu erscheinen, bis unter
das Kinn Gebrauch gemacht, was die Herren
vom Komitee zum Einschreiten veranlaßte.
Sie wurde aus dem Saal gewiesen und durste
erst wieder herein, als sie sich mit einer Papier-
serviette anständig bekleidet hatte. Sonst ver-
lief das Fest in schönster Harmonie. Nur
zwölf wurden totgedrückt und eine Anzahl
Schwerverletzter befindet sich in der Klinik des
Herrn Medizinalrats Hippokrates in Pflege.

o.

Hus dem

athenischen Staatsanjeiger

Wie wir aus zuverlässiger Quelle erfahren,
ist Sophokles zurzeit mit einer Aufsehen er-
regenden Arbeit beschäftigt: er bearbeitet Hugo

von Hofmannsthals sämtliche Dramen für die
altgriechische Bühne. Als Motto hat er de»
Spruch gewählt: „Rache ist süß."

Von Julius Cäsar erhalten wir nach-
stehendes Telegramm: Bin von meiner Lan-
dung in Britannien zurückgekehrt: der bri-
tannische Häuptling La88iveIIaunu8 träumt
Tag und Nacht von einer germanischen In-
vasion. Ich gelangte auf meinem Streifzug
an den germanischen Küsten an einen Ort,
dessen Sprache uns Allen unverständlich blieb.
Diese Wilden gebrauchen Worte wie „Me-
schorus", „Rebbachus", „Schlemilicus". Sie
wollten uns unsere Waffen als altes Eisen,
den Zentner für eine Sesterze, abkaufen. Dei
Ort heißt urb8 Kieliensa. ».
Register
Heinrich Kley: Illustration zum Text "Kinder des Dionysos"
O. [Ostini]: Ein glänzendes Fest
Karl Ettlinger: Aus dem athenischen Staatsanzeiger
K. E.: Kinder des Dionysos
 
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